Lost Place in Hamburg: Die uralte Brücke vom Airport
Sie ist 224 Jahre alt und damit nach der Zollenbrücke (erbaut 1633) an der Domstraße (Altstadt) Hamburgs zweitälteste Brücke. Doch niemand darf über sie spazieren – die „Dänenbrücke“ von 1798 ist ein verwunschener „Lost Place“, der sich im Sicherheitsbereich des Flughafens Fuhlsbüttel verbirgt.
Sie ist 224 Jahre alt und damit nach der Zollenbrücke (erbaut 1633) an der Domstraße (Altstadt) Hamburgs zweitälteste Brücke. Doch niemand darf über sie spazieren – die „Dänenbrücke“ von 1798 ist ein verwunschener „Lost Place“, der sich im Sicherheitsbereich des Flughafens Fuhlsbüttel verbirgt.
„Willkommen an Hamburgs einsamster Brücke“: Jan Eike Hardegen sitzt kaum 50 Meter neben den Rollbahnen auf der Niendorfer Seite des Flughafens auf einem massiven Granitblock. Der 41-Jährige ist Leiter der Umweltabteilung des Airports und ganz nebenbei auch ein engagierter „Brückenwärter“. Auf dem Stein ist zu lesen: „1798 C7“. C7 – das Kürzel steht für König Christian VII. von Dänemark (1749-1808). Der Monarch war geisteskrank und stand im Mittelpunkt einer schlimmen Staatsaffäre. Doch das ist eine andere Geschichte.
Lost Place in Hamburg: Die uralte Brücke vom Airport
1798 jedenfalls ließ der König in dem damals moorigen Gebiet diese massive Brücke über die Tarpenbek errichten. Das Flüsschen war damals gar nicht so unbedeutend, sondern immerhin ein Grenzgewässer zwischen Dänemark und Preußen. Die Brücke war wichtig, damit Gläubige, unter anderem aus Hummelsbüttel, zu der damals zu Dänemark gehörenden Niendorfer Kirche gelangen konnten.

Errichtet worden ist die Brücke vermutlich aus den Überresten eines nahen Hünengrabs. Als Folge des Deutsch-Dänischen Krieges 1866, den die Dänen verloren, markierte die Bücke die Grenze zwischen Preußen und Hamburg. 1911 wurde der Hamburger Flughafen gebaut, und schon ab 1930 kam es zu einer Erweiterung. Dafür ist damals die Tarpenbek umgeleitet worden, und die alte Brücke verlief nur noch über einen Altarm des Gewässers. Sie war nicht mehr nötig und versank in einem Dornröschenschlaf.

Erde und Laub bedeckten das Bauwerk, bis es 2015 von Flughafen-Mitarbeitern in einer Gemeinschaftsarbeit freigelegt wurde. Dass die Brücke so gut versteckt war, ist vermutlich auch ein Segen gewesen, sonst wäre sie vielleicht spätestens nach 1945 auch dem deutschen Ordnungswahn zum Opfer gefallen. Schließlich hatte die alte Brücke über die Tarpenbek ja keine Funktion mehr. Nach dem von Adolf Hitler 1937 initiierten „Groß-Hamburg-Gesetz“ befand sich die Brücke komplett auf Hamburger Gebiet.

Lost Places
Der Autor: Thomas Hirschbiegel (l.) ging 1977 direkt von der Schule zur MOPO, war erst zehn Jahre Fotoreporter und dann ab 1987 Redakteur mit dem Spezialgebiet Polizei, Architektur und Stadtentwicklung.
Der Fotograf: Florian Quandt begann seine journalistische Tätigkeit beim „Elbe Wochenblatt“, absolvierte ein Redakteurs-Volontariat beim „Pinneberger Tageblatt“ und ist seit 2005 Fotoreporter bei der MOPO.
Die Hamburger Denkmalschützer jedenfalls waren begeistert von dem so gut erhaltenen Brückenbauwerk und stellten es flugs unter Schutz. Für Jan Eike Hardegen, den Flughafen-Umweltfachmann, ist die Brücke heute sein Lieblingsort auf dem riesigen Airport-Gelände geworden. Wann immer er kann, fährt er dorthin und erfreut sich an diesem Stück unberührter Natur direkt an den Start- und Landebahnen. Und Hardegen hat noch einiges vor mit der Brücke. Er hat sich den ursprünglichen Originalbelag – altes „Katzenkopf-Pflaster“ – besorgt und will die Steine bald verlegen. Fehlt nur noch eine Kutsche, die dann wie vor 200 Jahren über die Brücke holpert.
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Woher kommt das große Engagement des Flughafenmitarbeiters für die Brücke? „Ich war schon immer sehr geschichtsinteressiert. Schon als Jugendlicher habe ich alte Bunker in der Lüneburger Heide bei Undeloh durchstöbert“, sagt Hardegen.
Er träumt davon, „seine“ Brücke den Hamburgern am „Tag des offenen Denkmals“ zu präsentieren. Doch das wird wohl wegen der strengen Sicherheitsvorschriften des Flughafens nicht möglich sein. Übrigens: Ein Stück weiter nördlich, beim Krohnstieg-Tunnel, ist die in Norderstedt entspringende Tarpenbek immer noch ein Grenzfluss, und zwar zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein.