Eigentlich sollen sich hier neue Firmen ansiedeln – doch es gibt ein Problem
Der Schornstein ragt 80 Meter in die Höhe, drum herum gibt es Dutzende verfallene Fabrikationsgebäude, Werkswohnungen, Büros und sogar eine lange Waschstraße für Lastwagen: Wer durch die Ruinen des Schleswiger Butterwerks streift, wähnt sich in der verlassenen Gegend rund um die Geisterstadt Prypjat, die nach der Katastrophe im Atomkraftwerk Tschernobyl aufgegeben wurde. Aber was wird nun aus der gigantischen Industriebrache in der schönen Stadt an der Schlei?
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Der Schornstein ragt 80 Meter in die Höhe, drum herum gibt es Dutzende verfallene Fabrikationsgebäude, Werkswohnungen, Büros und sogar eine lange Waschstraße für Lastwagen: Wer durch die Ruinen des Schleswiger Butterwerks streift, wähnt sich in der verlassenen Gegend rund um die Geisterstadt Prypjat, die nach der Katastrophe im Atomkraftwerk Tschernobyl aufgegeben wurde. Aber was wird nun aus der gigantischen Industriebrache in der schönen Stadt an der Schlei?
Vor 64 Jahren begann die Firma „Nordbutter“ mit dem Bau der Fabrik. Die Inbetriebnahme erfolgte schon 1961 und 40 Meiereien aus Schleswig-Holstein lieferten ihren Rahm im Werk ab, damit dort die gute Qualitätsbutter aus dem Norden produziert werden konnte. Margarine spielte damals noch keine große Rolle. Wer gut kochen wollte, der musste Butter nehmen – das war damals die vorherrschende Meinung. Entsprechend stieg die Produktion.
1971 stellten 200 Mitarbeiter im Werk schon 15.000 Tonnen Butter jährlich her. 17 Jahre später waren es sogar 33.000 Tonen. Seit 1973 kam in zwei Trockentürmen auch die Produktion von Milchpulver als Babynahrung für die Firma Milupa dazu.
- Quandt „Schrott-Skulptur“ hinter den Fabrikgebäuden. Was mag das einmal gewesen sein?
- Quandt Blick in eines der verfallenen Fabrikgebäude unweit der A7 in Schleswig.
- Quandt In den Büros stehen noch Telefone und liegen Verpackungen auf den Schreibtischen herum.
- Quandt Auf dem gigantischen Fabrik-Areal befinden sich auch mehrere verfallene Gebäude mit Werkswohnungen.
- Quandt Ventilator in der Waschanlage für Lastwagen
Seit dem Jahr 2000 aber wurde die Produktion zurückgefahren. 2014 wurde die gigantische Fabrik geschlossen, seitdem verfallen die Gebäude. Ein Zaun aus Mauerwerk mit Stahlgitter ist umgestürzt. Die Büros stehen unter Wasser, doch auf den Schreibtischen befinden sich immer noch Telefone, liegen Unterlagen. Das Ganze wirkt etwas unheimlich und die Schleswiger fragen sich nun, was die Stadt mit diesem riesigen Grundstück vorhat.
Stadt Schleswig will alles abreißen
Darauf konnte uns die Stadt Schleswig keine Antwort geben. Doch der „Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag“ (SHZ) aus Flensburg weiß mehr.
Lost Places
Der Autor: Thomas Hirschbiegel (re.) ging 1977 direkt von der Schule zur MOPO, war erst zehn Jahre Fotoreporter und dann ab 1987 Redakteur mit dem Spezialgebiet Polizei, Architektur und Stadtentwicklung.
Der Fotograf: Florian Quandt begann seine journalistische Tätigkeit beim „Elbe Wochenblatt“, absolvierte ein Redakteurs-Volontariat beim „Pinneberger Tageblatt“ und ist seit 2005 Fotoreporter bei der MOPO.
Die Kollegen hoch im Norden sprachen mit dem Eigentümer des Geländes, Marco Iwersen. Der äußerte die Bereitschaft, das Areal an die Stadt zu verkaufen. Die möchte abreißen, die Altlasten aus dem Boden entfernen und neu bauen. Da in Schleswig erschlossene Gewerbeflächen rar sind, sollen hier dann neue Firmen angesiedelt werden. Vorteil für die Stadt: Sie könnte, anders als private Unternehmer, hohe Fördergelder für die Entwicklung des Quartiers bekommen.
Problem: Flachbau steht unter Denkmalschutz
Man sei sehr zuversichtlich, so zitiert der „SHZ“ Schleswigs Bürgermeister Stephan Dose. Eigentümer Iwersen dagegen beklagt die Langsamkeit des amtlichen Handelns, er vermisst „Dynamik und Kreativität“.
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Problem bei dem Grundstücksdeal ist ein Verwaltungsflachbau aus dem Jahr 1961. Der steht unter Denkmalschutz, weil sich darin ein Fliesen- und ein Wandgemälde mit dem Schleswiger Stadtbild befinden. Doch ausgerechnet dieses Bauwerk will die Stadt nicht mitkaufen.