• Ein Vertreter des Kinderhilfsprojekts der Arche befürchtet, dass besonders Kinder aus sozial benachteiligten Familien durch die Schulschließungen leiden und den Anschluss verlieren würden. (Symbolbild) 
  • Foto: imago images/Kirchner-Media

Lockdown-Folgen: „Wir hören von Lehrern, die Kinder aufgegeben haben”

Jenfeld –

Seit Mitte Dezember gibt es keinen regulären Unterricht mehr an Hamburgs Schulen und die Kinder müssen von zu Hause aus lernen. Das trifft vor allem sozial benachteiligte Kinder hart. Viele von ihnen haben den Anschluss verpasst, meint ein Vertreter des Kinderhilfsprojekts Arche.

Der Lockdown wegen der Corona-Pandemie wird dem Kinderhilfsprojekt Arche zufolge bei sozial benachteiligten Kindern tiefe Spuren hinterlassen. „Die Folgen des Lockdowns sind fatal“, sagt Projektleiter Tobias Lucht. Schon beim ersten Lockdown im Frühjahr seien durch die Schulschließungen die Defizite bei vielen Kindern so groß gewesen, dass sie kaum mehr aufgeholt werden konnten. „Wir hören bereits von Lehrern, die manche Kinder aufgegeben haben.“ So würden etliche Viertklässler im Sommer auf die weiterführende Schule wechseln, ohne richtig lesen und schreiben zu können.

Corona-Lockdown: Kinder verlieren Anschluss

Seit kurz vor Weihnachten hatte Hamburg die Präsenzpflicht an den Schulen aufgehoben. Hintergrund für diese Entscheidung war nach Angaben der zuständigen Behörde die anhaltend hohe Zahl der Corona-Neuinfektionen. Nach Möglichkeit sollen die Kinder und Jugendlichen zu Hause digital unterrichtet werden. Sie können bei Bedarf aber auch weiter in die Schule kommen. Im März will Hamburg wieder freiwillige „Lernferien“ anbieten.

Kinder aus Brennpunkten treffen Corona-Auflagen besonders hart

Lucht sagte, viele Eltern in den Brennpunkt-Stadtteilen Jenfeld, Harburg und Billstedt könnten ihren Kindern beim Homeschooling nicht helfen, weil sie zum Beispiel selbst Sprachschwierigkeiten hätten. Auch die räumlichen Verhältnisse seien anders als zum Beispiel in Stadtteilen wie Eppendorf oder Winterhude. „Viele Familien, die wir betreuen, leben mit fünf oder sechs Kindern in einer Drei-Zimmer-Wohnung“, berichtete Lucht. „Da gibt es nicht für jedes Kind einen Raum zum Lernen oder ein digitales Endgerät“, meinte der 41-Jährige.

Lucht: „Lehrer sind oft die einzigen Bezugspersonen“

Er hoffe daher, dass die Schulen in Hamburg bald wieder Präsenzunterricht anbieten können – in welcher Form auch immer. „Unterricht auf Distanz über mehrere Monate funktioniert nicht“, sagte Lucht. „Kinder brauchen die physische Anwesenheit eines Erwachsenen, der sie ermutigt und dem sie auch Fragen stellen können“.

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Dabei müsse auch der Leistungsstand der Kinder und das Alter eine wichtige Rolle spielen. „Für viele Kinder sind ihre Lehrer oft die einzigen Bezugspersonen“, meinte der Pädagoge.

Hamburg: Arche bietet Hausaufgabenhilfe für Kinder an 

Seit 2006 kümmern sich die Mitarbeiter der Arche mit Freizeitangeboten und Hausaufgabenhilfe um die Kinder und Jugendlichen in Jenfeld – hinzu kommen zwei Häuser in Billstedt und Harburg. Im Gegensatz zum ersten Lockdown mussten die drei Standorte diesmal nicht geschlossen werden. „Wir versuchen, jedem Kind so viel Zeit wie möglich einzuräumen, weil wir wissen, wie schwierig es zu Hause ist“, sagte Lucht. Trotzdem könnten die Kinder jetzt nur zwei Mal die Woche in festen Gruppen kommen, auch die warmen Mahlzeiten mussten stark eingeschränkt werden. Darüber hinaus versuchen die Mitarbeiter, den Kontakt zu den Eltern über Hausbesuche zu halten. (dpa)

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