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Live-Auftritt trotz Corona: Heino spielt das verrückteste Konzert des Jahres

Bonn –

Heino hat etwas sehr Deutsches an sich, was ihn für die Einen zur Kult- und für die Anderen zur Reizfigur macht. Im Alter von 81 Jahren singt er bei einem sehr speziellen Konzert nun vor einem anderen deutschen Wahrzeichen: Autos. Das ist sogar für ihn etwas Neues.

Zur Eröffnung seines Konzerts hat sich Heino seine Version des Toten-Hosen-Hits „Tage wie diese“ ausgesucht. Es ist eine Hymne, die Bilder im Kopf produziert: jubelnde Menschen in vollen Stadien, verschwitzt schunkelnde Bierzeltgäste, eben pure Lebensfreude.

Schlagersänger Heino spielt Autokonzert

Dass die Realität gerade anders aussieht, wird klar, als die Konzertregie zu Heinos Gesang („An Tagen wie diesen, wünscht man sich Unendlichkeit“) Bilder aus dem Publikum auf die große LED-Wand hinter ihm schneidet. Man sieht: Unbewegliche Autos auf einer Industriebrache. Im Hintergrund rauscht stumm ein Zug vorbei.

Es ist ein Konzert der speziellen Sorte, das der ewigblonde Schlagersänger am Freitagabend in Bonn gibt, auch für ihn selbst. Ein sogenanntes Autokonzert, das die Corona-Pandemie erzwungen hat. „Ich habe das noch nie gemacht in dieser Form“, sagt Heino. Und in seinen 60 Jahren im Showgeschäft ist er eigentlich schon überall aufgetreten, selbst in einer Badeanstalt.

Heino auf der Bühne – Konzert-Stimmung im Auto

Das Konzept: Heino steht auf einer großen Bühne und singt. Sein Publikum kommt im Auto und bleibt nach Möglichkeit auch darin sitzen, um Corona keine Chance zu geben. Gänge zur Toilette etwa sind so gut es geht zu unterlassen. Heinos Stimme kann man über das Auto-Radio hören, sie wird auf einer eigenen Frequenz übertragen. Hupen ist strengstens verboten, aber Scheibenwischer anmachen, das geht, um Heino Unterstützung zu signalisieren. Der 81-Jährige blickt auf eine sauber aufgereihte Armada Windschutzscheiben. „Ich kann sie zwar nicht sehen“, sagt er. „Aber ich darf doch Freunde zu euch sagen?“

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Hinter den Motorhauben ist die Stimmung gelöst, nicht nur bei Heinos Frau Hannelore (77), die in einem schweren Auto in der ersten Reihe sitzt und Fotografen im Stile einer Monarchin zuwinkt. „Wir sind gefragt worden, ob wir Lust haben, zu einem Heino-Konzert zu gehen“, sagt Andrea Schröder, die gerade einen Aperol Spritz schlürft („gekühlt!“). Zunächst habe sie da gesagt: Och nö, nicht Heino. Dann aber sei sie ins Grübeln gekommen. Nun haben sich ihre Ansichten radikal gedreht. „Es ist toll, mal wieder in irgendeiner Form vor die Tür zu kommen. Und wenn es im Auto ist.“ Es ist der Durst nach Unterhaltung, der viele hierher bringt. Heino wird gefeiert.

Musik in Corona-Zeiten: Industriegebiet wird Konzert-Arena

Konzertveranstalter sind eine der Branchen, die besonders hart von der Corona-Pandemie getroffen wurden. Autokonzerte sind ihre Möglichkeit, dennoch Musik vor einem großen Publikum zu präsentieren. In Bonn wurde dafür in kurzfristig eine vormals leerstehende Fläche – ganz früher mal ein Schrottplatz – in einem recht garstigen Industriegebiet umgemodelt. Gegenüber befindet sich das „Eros Center Bonn“, noch so eine Krisenbranche.

„Wie die Idee aufkam, habe ich gesagt: Mach ich doch mal. Ich bin ja schon oft in Sachen reingesprungen, die ich noch nie gemacht habe“, sagt Heino, als er am Rande des Konzerts zu einem Gespräch empfängt. Zumal es ja so sei: „Mit der Hannelore sitze ich jetzt auch schon acht bis zehn Wochen zu Hause.“ Man sei nicht rausgegangen, auch aus Vorsicht, sich nicht zu infizieren. „Man ist mal froh, wenn man mal die Beine ein bisschen vertreten kann. Mal was anderes sieht.“

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Aufs Gemüt ist ihm die Corona-Krise allerdings nicht geschlagen. Heino hat sich mit Musik und Kartenspielen mit Freunden beschäftigt. Zudem jeden Tag Spaziergänge. „Er muss ja die Lunge ordentlich durchatmen“, erklärt Hannelore. Sie wiederum hat das Wohnzimmer zu einem „Malzimmer“ umdekoriert und nun schon vier oder fünf Bilder gemalt. „Und wenn es so weiter geht, mach ich mal eine Ausstellung.“

Heino denkt ebenfalls schon weiter, an seine geplante Klassik-Tour. „Bis jetzt habe ich alles überstanden“, sagt er. Damit meinte er auch: den Krieg, damals im Luftschutzkeller. „Und das war glaube ich eine härtere Nummer als Corona.“

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