• Der Jahresbericht des Rechnungshofes zeigt: Die Liste der Verfehlungen der Verwaltung und des Senats in Hamburg sind mal wieder lang. (Symbolbild)
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Liste der Verfehlungen ist lang: Rechnungshof kritisiert Hamburger Senat deutlich

Vergabeverfahren, Budgetrecht oder Abschreibungen: Der Hamburger Rechnungshof prüft jährlich die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stadt – und ist einmal mehr nicht zufrieden mit der Arbeit des Senats und der Verwaltung. Das geht aus dem aktuellen Jahresbericht hervor. 

Zwar vermittelten der Jahres- und der Konzernabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. „Gleichwohl konnten wir erneut keinen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilen”, sagte Rechnungshof-Präsident Stefan Schulz am Montag.

Jahresbericht: Rechnungshof unzufrieden mit dem Hamburger Senat

Die Ursachen dafür seien im Wesentlichen unverändert. „Geld- und Buchungskreislauf sind nach wie vor nicht geschlossen, das Rechnungswesen ist dezentral und sehr komplex organisiert, und IT-Verfahren sind mit Mängeln behaftet.” Obwohl Verbesserungen erkennbar seien, „muss Hamburg seine Anstrengungen fortsetzen, ein durchgängig ordnungsgemäßes Rechnungssystem zu schaffen”, mahnte Schulz. Vor allem müsse die Finanzbehörde ihre Gesamtverantwortung für die Buchführung aktiver wahrnehmen.

Auch bei der Wahrung des Budgetrechts der Hamburgischen Bürgerschaft stellte der Rechnungshof Mängel fest. So habe die Verwaltung in einigen Fällen mehr Geld ausgegeben, als sie durfte. Die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Bereichen des Haushalts umzuschichten, sei teils unzulässig in Anspruch genommen worden, sagte Schulz. Der Bund der Steuerzahler kritisierte das Vorgehen scharf. „Es wird dringend Zeit, dass der Senat sich wieder an die Ermächtigungen hält, die ihm die Hamburgische Bürgerschaft erteilt, anstatt den Haushalt nach eigenem Gutdünken zu führen.”

CDU fordert Finanzsenator auf, sich an Regeln zu halten

Auch CDU und AfD sprachen von eklatanten Mängeln. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sei in der Pflicht, „sich endlich um die Einhaltung bestehender Regeln und Vorgaben zu kümmern”, sagte der CDU-Haushaltsexperte Thilo Kleibauer.

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Rechnungshof-Präsident Schulz hält den Zustand der Anlagenbuchhaltung für kritisch. So würden etwa Brücken, auf denen der Verkehr teils schon seit Jahren rolle, immer noch als nicht fertiggestellt gebucht. „Dadurch können keine Abschreibungen erfolgen, die Abnutzung der Anlage wird wertmäßig nicht erfasst und damit letztendlich das Vermögen der Stadt falsch dargestellt.”

Hamburger Rechnungshof kritisiert Umweltbehörde

Schulz verwies etwa auf die 62 Millionen Euro teure Rethebrücke, die – obwohl seit 2016 fertig – Ende 2019 immer noch als „Anlage im Bau” geführt worden sei. Als Grund für die Verzögerung vermutet der Rechnungshof fehlende Haushaltsmittel für die Abschreibungen. „Das hier von uns wiederholt beschriebene Problem hat mittlerweile eine finanzielle Dimension von über 100 Millionen Euro erreicht.”

Für den jüngsten Bericht hat der Rechnungshof die Vergabeverfahren bei Verträgen für freiberufliche Leistungen unter die Lupe genommen – mit wenig schmeichelhaften Ergebnissen. „In 30 Prozent der Fälle fehlte es an einer ausreichenden Ermittlung des konkreten Bedarfs”, sagte Schulz. Auch sei in der Hälfte der Fälle der Auftragswert nicht ordnungsgemäß geschätzt worden. „Die Umweltbehörde hat in keinem der geprüften Fälle den Auftragswert ordnungsgemäß ermittelt.” Die Folge: In vielen Fällen habe der erforderliche europaweite Wettbewerb nicht stattfinden können.

Hamburgs Professoren sollen Dokumentationspflicht vernachlässigt haben

Kritisch zeigte sich der Rechnungshof auch beim Veloroutennetz. Der Senat wollte 2015 das 280 Kilometer umfassende Netz bis 2020 fertigstellen und dafür 200 Kilometer Radwege bauen. Tatsächlich wurden es dann bis 2019 nur 39 Kilometer – auch weil viel zu wenig Geld eingeplant worden sei. „Der vom Projekt festgestellte Bedarf für die Jahre 2019 – 2020 betrug 160 Millionen Euro; veranschlagt waren aber nur 57 Millionen Euro“, sagte Schulz. Ähnlich kritisch zeigten sich die Rechnungsprüfer bei Bauvorhaben der Stadt für die Universität und beim Körber-Haus in Bergedorf.

Aus Sicht des Rechnungshofs ist nicht klar, ob die Professoren an Hamburgs Hochschulen ihren Lehrverpflichtungen tatsächlich nachkommen – zumindest erfüllten sie reihenweise ihre Dokumentationspflicht nicht. „Aktuell stellen wir fest, dass die Fakultät Design, Medien und Information der Hochschule für Angewandte Wissenschaften über Jahre den vollständigen Nachweis über die Erfüllung der Lehrverpflichtungen nicht sichergestellt hat”, sagte Schulz. Für das Wintersemester 2018/19 hätten nur 22 von 77 Hochschullehrern Erklärungen abgegeben.

Rechnungshof erklärt Berichte im Sozialbereich für mangelhaft

Aber auch im Sozialbereich entdeckte der Rechnungshof Mängel. So seien zwei Drittel aller Berichte zur Tauglichkeit von Pflegeeltern mangelhaft gewesen. Es fehlten etwa Führungszeugnisse, Drogentests oder Einkommensnachweise.

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Noch schlechter fiel die Bilanz bei den Jugendämtern aus, die letztlich über die Tauglichkeit von Pflegeeltern entschieden. „Hier waren sogar nur circa fünf Prozent der geprüften Fälle ohne jede Beanstandung”, sagte Schulz. Zudem seien Fälle entdeckt worden, in denen Hamburg Pflegekosten übernommen habe, obwohl eigentlich andere Kommunen zuständig seien. (dpa/mhö)

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