Legendäre Konzerte: Als U2 in Hamburg Schmalzbrote lieben lernten
Als die jungen Iren auf der Bühne des verqualmten Ladens am Lehmweg loslegen, gucken ihnen nicht mehr als 150 Leute zu. Wie angehende Megastars wirken U2 bei ihrem Auftritt im „Onkel Pö“ Anfang 1981 nicht. Die vier schüchternen Typen fallen vor allem auf, weil sie hungrig sind – und begeistert über einen Haufen belegte Brote herfallen.
Als die jungen Iren auf der Bühne des verqualmten Ladens am Lehmweg loslegen, gucken ihnen nicht mehr als 150 Leute zu. Wie angehende Megastars wirken U2 bei ihrem Auftritt im „Onkel Pö“ Anfang 1981 nicht. Die vier schüchternen Typen fallen vor allem auf, weil sie hungrig sind – und begeistert über einen Haufen belegte Brote herfallen.
15. Februar 1981, damals sind U2 eine von vielen neuen Bands von der britischen Insel, die in diesen Wochen in dem legendären Laden auftreten. Ihre Plattenfirma bittet den Betreiber des „Onkel Pö“, die Band kurzfristig ins Programm zu nehmen, damit sie ihr erstes Album vorstellen kann. Die Band ist blutjung: Sänger Bono und Bassist Adam Clayton sind 20 Jahre, Gitarrist The Edge und Schlagzeuger Larry Mullen junior gerade mal 19 Jahre alt.
U2 bei ihrem ersten Auftritt in Hamburg
Die Iren sind schüchtern und sehr höflich. „Wir haben Hunger, haben Sie vielleicht etwas zu essen für uns?“, fragen sie „Pö“-Chef Holger Jass. Der stellt sich hin und schmiert haufenweise Brote mit Käse, Mettwurst und Griebenschmalz. Die jungen Männer sind begeistert und mampfen alles auf. Besonders viel Lob bekommt der Chef für die Schmalzbrote.
Etwa 100, höchstens 150 Leute sind an diesem Sonntagabend in den dunklen, verrauchten Live-Club gekommen, in dem Künstler wie Otto und Udo Lindenberg zum Inventar gehören. Die Band fängt an mit „The Ocean“, das Publikum lauscht mit freundlichem Interesse und applaudiert höflich.
U2 lässt sich im „Onkel Pö“ das Fassbier schmecken
Es ist ihr allererster Auftritt in Deutschland und sie sind mächtig aufgeregt. Was sie auf die Bühne bringen, klingt rockig, rau und etwas punkig. Zwölf Lieder spielen U2 an diesem Abend, als Zugabe werden zwei Lieder einfach wiederholt. „Das war eine Band wie viele andere damals. Dass die mal ganz groß rauskommt, das hätte damals niemand gedacht“, erinnert sich Holger Jass, der über diese und andere Begegnungen mit berühmten Künstlern in seinem Laden das Buch „Mein Onkel Pö“ geschrieben hat. Nach dem Auftritt lässt sich die Band das Fassbier schmecken.
In Hamburg wurden die Beatles groß, Eimsbüttel Anfang der 2000er zum Zentrum der deutschen Hip-Hop-Kultur und Musikclubs wie das „Logo“, das „Molotow“ oder die „Markthalle“ genießen deutschlandweit Kult-Status. Wer seinen ersten Auftritt in Hamburg hatte, vergisst ihn nicht. Viele Konzerte sind bis heute legendär. Die MOPO erinnert in einer Serie an Gigs, die sich ins Gedächtnis der Fans gebrannt haben. Erschienen sind:
- Schweiß und totale Eurphorie: Als AC/DC das Audimax aufmischten
- Richtig böse Buben: Die Rolling Stones treten in Hamburg auf – und ihre Fans randalieren sechs Stunden lang
- Pink Floyd im Stadtpark: Fans trampeln Zäune nieder und stürmen das Gelände
- Jimi Hendrix auf dem Chaos-Festival auf Fehmarn – sein letzter Festival-Auftritt vor dem Tod
- Fettes Brot traten trotz Hausverbots in der Roten Flora auf – und die Schanze feiert sie
Viele Jahre später schaltet der Holger Jass den Fernseher an und sieht Bono vor den Vereinten Nationen sprechen. Wenn er das erzählt, muss er immer noch lachen. „Dem hab ich doch damals Brote geschmiert, hab‘ ich da gedacht. Und dass ich diese Entwicklung damals überhaupt nicht vorhergesehen habe“, sagt er.
Heute sind U2 die Band, die so viele Konzerttickets seit 1980 verkauft hat wie sonst keine andere Band – mehr als 26 Millionen, wie „Pollstar“, die Bibel der Live-Musikbranche, Anfang August veröffentlicht hat. Ob sich die Weltstars noch an die leckeren Schmalzbrote im „Onkel Pö“ erinnern? Möglich.
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Brote und Live-Musik gibt es im Lehmweg 44 allerdings schon lange nicht mehr. „Onkel Pös Carnegie Hall“, wie der Laden offiziell hieß, machte Ende 1985 dicht. Am dem Ort, an dem vier schmale Iren erstmals in Deutschland auf der Bühne standen, ist heute eine italienische Restaurantkette.