Lastenrad-Boom in Hamburg: Praktisch – aber auch sicher?
Auto-Ersatz, Einkaufshilfe oder Kinderwagen – Lastenräder sind seit der Corona-Pandemie die urbane und praktische Lösung vieler Transportprobleme. Doch Crashtests zeigen: Cargo-Bikes, in denen auch Kinder durch die Gegend geradelt werden, bergen besondere Sicherheitsrisiken. Werden sie illegal auf Gehwegen gefahren, leiden wiederum Fußgänger darunter. Welche Situationen sind besonders gefährlich für Lastenräder, was müssen die Fahrer unbedingt beachten – und warum sollten die als „SUVs der Radwege“ bezeichneten Gefährte unbedingt mehr Platz im Straßenverkehr bekommen?
Auto-Ersatz, Einkaufshilfe oder Kinderwagen – Lastenräder sind seit der Corona-Pandemie die urbane und praktische Lösung vieler Transportprobleme. Doch Crashtests zeigen: Cargo-Bikes, in denen auch Kinder durch die Gegend geradelt werden, bergen besondere Sicherheitsrisiken. Werden sie illegal auf Gehwegen gefahren, leiden wiederum Fußgänger darunter. Welche Situationen sind besonders gefährlich für Lastenräder, was müssen die Fahrer unbedingt beachten – und warum sollten die als „SUVs der Radwege“ bezeichneten Gefährte unbedingt mehr Platz im Straßenverkehr bekommen?
Die Bilder sind drastisch: In voller Fahrt rammt ein Pkw das Lastenrad, das von rechts aus einer Seitenstraße kommt. Ein lauter Aufprall – dann wird das Lastenrad fast 15 Meter weit durch die Luft geschleudert. Überall liegen Trümmer verstreut. Der Dummy landet im Graben.
Lastenräder erleben in Großstädten einen wahren Boom
Dieses Mal ist der schreckliche Unfall zum Glück nicht Realität, sondern nur ein Crashtest. Pünktlich zum Start der Fahrradsaison will die Verkehrswacht NRW für die besonderen Sicherheitsrisiken dieser Fahrzeuge sensibilisieren. Immerhin erleben die Lastenräder vor allem in Großstädten einen wahren Boom: Im Jahr 2022 verzeichneten die Cargo-Bikes deutschlandweit mit 27,4 Prozent den größten Zuwachs in der Fahrradbranche. Und auch der Wirtschaftsverkehr hat Lastenräder für sich entdeckt. In Hamburg sind schon einige Unternehmen damit unterwegs, darunter die „DB Schenker“ oder UPS.

Thorsten Fischer von der Hamburger Verkehrswacht warnt allerdings davor, das Fahren mit Lastenrädern zu unterschätzen. „Aufgrund ihrer Breite und Länge sind sie deutlich schwieriger zu fahren als ein normales Fahrrad“, sagt der pensionierte Polizeiverkehrsführer im Gespräch mit der MOPO. Er empfiehlt, das Fahren auf jeden Fall zuerst in einem geschützten Umfeld auszuprobieren, zum Beispiel auf dem Verkehrsübungsplatz in Rothenburgsort.

„Dort dann am besten anfahren, Geschwindigkeit aufnehmen, um die Kurven fahren, bremsen und anhalten“, zählt er auf. „Am besten auch mit entsprechender Ladung, denn dadurch verändert sich der Bremsweg.“
Letzterer ist aufgrund des langen Radstandes übrigens extrem kurz. Crashtests zeigen, was bei einer Vollbremsung mit Tempo 20 passiert, wenn das Kind im Lastenkorb nicht angeschnallt ist: Mit dem Kopf voran wird die Puppe aus dem Sitz geschleudert – und kracht mit dem Schädel auf dem Asphalt.
Allgemein gilt: Wer Kinder damit transportiert, muss ihnen einen Helm aufziehen und sie anschnallen. Entscheidend ist laut Ludger Bolke von der Prüfgesellschaft Dekra außerdem, dass die Eltern vorausschauend fahren. Schließlich befindet sich der große Lastenkorb in der Regel vor dem Fahrer. „Dadurch ragt der Korb oft schon in eine Kreuzung hinein, bevor der Fahrer die Verkehrslage komplett überblicken kann.“
Kritisch sieht Fischer aber auch diejenigen, die mit ihren Cargo-Bikes und elektrischen Motoren viel zu schnell über die Bürgersteige brettern und Fußgänger zur Seite springen lassen.
Meistens schaffen sich junge Familien ein Lastenrad an
Hannes Leitner warnt wiederum eindringlich davor, den Umgang mit der größten Gefahr für Cargo-Bikes – aus seiner Sicht die Autos – in die Eigenverantwortung der Radfahrer zu legen. Seit 2014 betreibt er zusammen mit Tim Fandré das Fahrradgeschäft Vélo 54 in Wilhelmsburg und hat sich auf Cargo-Bikes spezialisiert.

Die meisten Kunden seien junge Familien, die mit dem Lastenrad ein Auto ersetzten. „Dadurch steigt die Sicherheit im Straßenverkehr“, ist er überzeugt. Schließlich gebe es so ein Auto weniger, von dem ein Unfallrisiko ausgehe.
Unterschieden werden allgemein einspurige und zweispurige Lastenräder: Einspurige Modelle haben zwei Räder, zweispurige Lastenräder sind meist dreirädrig. Diese haben den Vorteil, sehr stabil zu stehen und zu fahren. „Das Fahren mit Lastenrädern ist nicht schwer, das kann jeder fix lernen“, sagt Leitner. „Die Technik ist für den Antrieb und das Bremsen ausgelegt. Das eigentliche Problem ist die Infrastruktur, die aufs Auto ausgelegt ist und den Rädern nicht genug Platz gibt.“
Wie kann der Straßenverkehr sicherer für Lastenräder werden?
Zustimmung darüber herrscht beim Hamburger Fahrradclub ADFC. „Auf den neuen, teilweise nur 1,60 Meter breiten Kopenhagener Radwegen auf der Elbchaussee wird es für Lastenradfahrende allein schon sehr eng. An ein Überholen von anderen Radfahrenden ist dort gar nicht zu denken, ohne auf die Fahrbahn auszuweichen. Das aber verhindert der erhöhte Bordstein“, nennt Sprecher Dirk Lau ein Beispiel. Dazu kommt: Haben die Lastenradfahrer mehr Platz auf den Radwegen, weichen sie nicht mehr auf die Bürgersteige aus und die Fußgänger fühlen sich sicherer.
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Breitere Radwege, größere Kurven, aber auch ausreichend Abstellmöglichkeiten: All das soll helfen, dass Lastenräder in Zukunft sicherer im Straßenverkehr unterwegs sind. Thorsten Fischer von der Verkehrswacht empfiehlt den Nutzern trotzdem zusätzlich, einen Helm zu tragen. „Als Vorbildfunktion für die Kinder.“