Ladensterben in Ottensen: „Bei den Mieten können wir keinen Gewinn mehr machen”
Erst traf es den Bäcker und die Reinigung, jetzt auch noch den Küchenladen und das Schmuckgeschäft: Die Ottenser Hauptstraße durchlebt eine ganze Serie an Schließungen. Vor allem die stetig steigenden Mieten machen den Händlern das Leben schwer. Gewinn sei da nicht mehr möglich, sagt einer, der nach 25 Jahren aufgibt. Von der Aufwertung profitiere am Ende nur eine kleine Gruppe – die für die ungeheure Beliebtheit des Viertels selbst nichts getan habe.
Erst traf es den Bäcker und die Reinigung, jetzt auch noch den Küchenladen: Die Ottenser Hauptstraße durchlebt eine ganze Serie an Schließungen. Vor allem die stetig steigenden Mieten machen den Händlern das Leben schwer. Gewinn sei da nicht mehr möglich, sagt einer, der nach 25 Jahren aufgibt. Von der Aufwertung profitiere am Ende nur eine kleine Gruppe – die für die ungeheure Beliebtheit des Viertels selbst nichts getan habe.
Wer rund um den Bahnhof Altona unterwegs ist, findet sich immer irgendwann in der Ottenser Hauptstraße wieder. Die Einkaufsstraße bietet mit ihren zahlreichen Geschäften, Lokalen und Cafés fast alles, was das Herz begehrt. Doch die Vielfalt des Angebots sinkt seit Jahren: Einzelunternehmer und ihre kleineren Läden haben es schwer, sich dort langfristig zu halten.
Küchenladen blecht 8000 Euro Miete im Monat
Zuletzt kündigte eine wahre Institution ihre Schließung an: Der Küchenladen „Kochkunst & Ko“ in der Hausnummer 41 macht zum April dieses Jahres dicht – nach mehr als 25 Jahren. „Uns belastet die sehr hohe Miete, die es kaum noch zulässt, Gewinn zu erwirtschaften“, berichtet Inhaber Wolfgang Ritz. Für die 140 Quadratmeter Ladenfläche zahle er monatlich rund 8000 Euro Miete.
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Hinzu kämen Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden und zu halten. Auch mache ihm die allgemeine Tendenz der Kundschaft zu schaffen, lieber online statt vor Ort zu kaufen.
Mit seinen Problemen ist Ritz nicht alleine. Bereits seit zwei Monaten steht der ehemalige „Bäckerladen Ottensen“ an der Ecke Mottenburger Straße leer, die „Comet-Reinigung“ in der Nummer 33 sogar seit fast zwei Jahren.
Handelskammer: „Jedes Geschäft muss seine Nische finden“
Laut Jan Siebrand von der Handelskammer Hamburg sei es für Einzelhändler in Zeiten von steigenden Energiepreisen und einer zurückhaltenden Kauflaune nicht leicht, sich zu behaupten. Sein Rat: „Jedes Geschäft muss seine Nische finden: das richtige Sortiment und den richtigen Service.“
Wie das gehen kann, erklärt Jan Nilsson vom Bekleidungsgeschäft Walka, Hausnummer 31: „Wir setzen auf nachhaltige Kleidung, wie zum Beispiel aus Bio-Baumwolle. Unsere Kunden suchen genau das und sind bereit, dafür mehr Geld auszugeben. Im Zweifel empfehlen wir auch gerne andere Läden weiter.“
Dem Bezirk zufolge sei die Fluktuation der Läden nicht ungewöhnlich hoch. In der Großen Bergstraße auf der anderen Seite des Bahnhofs gehe es vergleichbar zu, teilt Sprecher Mike Schlink auf MOPO-Anfrage mit. Doch er hat einen Vorschlag, der die Geschäfte stärken könnte: „Für Ottensen wäre die Revitalisierung der einmal existierenden Interessengemeinschaft Ottensen e.V. sinnvoll. Diese könnte frühzeitig von drohenden Leerständen erfahren und zu einem für das Quartier sinnvollen Branchenmix beitragen.“
Gewerbetreibende werten auf – Vermieter profitieren
Von solchen Ideen wird Wolfgang Ritz nichts mehr haben: Die Geschäftsaufgabe ist beschlossene Sache, der Mietvertrag gekündigt. In den mehr als 25 Jahren im Stadtteil hat er sich mit der Zeit zu einer festen Größe entwickelt. Wer Interesse an hochwertigem Kochgeschirr und Küchenzubehör hatte, wurde bei ihm fündig.
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Der nahenden Schließung blickt der 75-Jährige gefasst entgegen. Dennoch hätte er sich für sein Geschäft eine andere Zukunft gewünscht. Was Ritz besonders ärgert: Einzelhändler und Gastronomen wie er hätten mit ihrer Arbeit dazu beigetragen, den Stadtteil aufzuwerten. Davon würden die Vermieter ohne eigenes Zutun profitieren.
Gastwirt: „Ich bin ein großer Verfechter des betreuten Trinkens“
Einer dieser Gastronomen ist Stephan Fehrenbach, Inhaber der „Laundrette“ in der Nummer 56, einem Mix aus Bar und Waschsalon, der sich seit mehr als 15 Jahren in der Straße behauptet. „Unser Geheimnis ist unsere Sturheit“, erzählt der 54-Jährige.
Der häufige Wechsel seiner Nachbarn bereitet ihm Sorge. „Mir wachsen darüber ein paar graue Haare mehr.“ Im Gegensatz zu den Ketten hätten es Gewerbetreibende wie er schwerer, sich zu halten: „Als Einzelunternehmer“, sagt Fehrenbach, „bist du auch Einzelkämpfer“.

Dass das Quartier autoarm werden soll, findet er grundsätzlich gut. Der Bezirk plant, im Rahmen des Projekts „freiRaum Ottensen“ Teile des Quartiers für den Autoverkehr zu sperren, so auch den Westteil der beliebten Einkaufsstraße. Über die Umsetzung des Vorhabens wird kontrovers debattiert. Woran der Gastronom sich stört, ist die geplante Umsetzung: Die mögliche Errichtung von Stadtmöbeln in der Straße sieht er kritisch. Nachtschwärmer würden sich dort niederlassen, feiern und mit ihrem Lärm die Anwohner verärgern.
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„Ich bin ein großer Verfechter des betreuten Trinkens“, meint der Gastwirt. Eine „Verballermannisierung“ der Straße durch den wegfallenden Autoverkehr fürchtet er nicht unbedingt, allerdings hat er eine klare Forderung an die Politik: „Gebt den Gastronomen draußen mehr Platz, reglementiert das richtig und setzt das auch durch!“