Kündigung fürs „Molotow“: Kulturszene geht auf die Barrikaden
Das „Molotow“ am Nobistor klammheimlich schließen und ein schickes Boutique-Hotel daraus machen? Da hat der Vermieter des Szene-Klubs die Rechnung ohne die Hamburger Kulturszene gemacht. Die ist nach der Kündigung nämlich so richtig auf Zinne und hat bereits mit dem Widerstand begonnen. Und in der Diskussion geht es um mehr als nur den einen Klub.
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Das „Molotow“ am Nobistor klammheimlich schließen und ein schickes Boutique-Hotel daraus machen? Da hat der Vermieter des Szene-Klubs die Rechnung ohne die Hamburger Kulturszene gemacht. Die ist nach der Kündigung nämlich so richtig auf Zinne und hat bereits mit dem Widerstand begonnen. Und in der Diskussion geht es um mehr als nur den einen Klub.
Es ist das dritte Mal, dass die Zukunft des Reeperbahn-Klubs „Molotow“ auf dem Spiel steht. Das dritte Mal, dass er aus seinen Räumlichkeiten vertrieben werden soll. Das dritte Mal, dass der ganze Kiez ruft: „Molotow Must Stay“. Der Laden war bereits aus den Esso-Häusern am Spielbudenplatz (Frühjahr 2014) und dem damaligen Exil in der Holstenstraße (Herbst 2014) verdrängt worden.
Die Reeperbahn ohne das „Molotow“? Das sagt eine Sängerin
Nun soll es auch am Nobistor 14 vorbei sein. Die Kündigung mit Wirkung zum 30. Juni 2024 kam überraschend kurz vor Weihnachten und traf auch die Behörden völlig unerwartet. „Das ist ein harter Schlag“, schrieb Kultursenator Carsten Brosda (SPD) auf X (ehemals Twitter). „Ich kann und will mir eine Kulturstadt Hamburg ohne das Molotow nicht vorstellen.“
Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer erklärte: „Der Projektentwickler hat uns eine Woche vorher noch versichert, dass eine kurzfristige Kündigung nicht anstehe und daher Zeit bleibe, eine Lösung für das ,Molotow‘ zu suchen. Als besonders verlässlich nehmen wir ihn daher gerade nicht wahr.“
Die Sängerin Ina Bredehorn, bekannt als „Deine Cousine“, ist fassungslos. „Wie schon zu Corona-Zeiten wird die Bedeutung der kleinen Klubs verkannt“, sagt sie im Gespräch mit der MOPO. „Stars werden nicht in der ,Barclays Arena‘ geboren. Es braucht Orte wie das ,Logo‘ und das ,Molotow‘, um Künstler groß zu machen. Diese werden aber nach und nach verdrängt – in Hamburg sieht man das gerade an der Sternbrücke und am ,Molotow‘.“
In diesen Klubs würden auch Regeln des gesellschaftlichen Miteinanders und Begeisterung für politische Themen vermittelt, sagt die Künstlerin. Hier könne man sich mit Gleichgesinnten treffen. „Wenn es so weitergeht, ist Kultur bald nur noch für einen bestimmten Personenkreis zugänglich. Und wozu braucht es Hotels, wenn die Touristen in Hamburg kaum noch kulturelle Vielfalt erleben dürfen?“
Für sie ist die Diskussion um das „Molotow“ eine Stellvertreterdiskussion, in der auch die wirtschaftliche Bedeutung der kleinen Klubs für Hamburg verkannt werde. „Wenn das so weitergeht, gibt es die Reeperbahn in der Form bald nicht mehr.“
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„Das ,Molotow‘ ist ein Paradebeispiel dafür, dass Kultur in Hamburg aktuell nicht den Platz bekommt, den sie eigentlich verdient hätte“, sagt auch Alexander Strauss. Der 27-Jährige ist Mitorganisator der Demo unter dem Motto „Molotow Must Stay“ am Samstagnachmittag ab 15 Uhr auf dem Kiez, bei der auch „Deine Cousine“ und viele weitere Künstler auftreten werden.
Eine MOPO-Anfrage an den Eigentümer, der das Gebäude am Nobistor 2019 erworben hatte, blieb bislang unbeantwortet.