Amokläufer Philipp F. verehrte Hitler: Hat Hamburgs Polizei etwas übersehen?
Vier Tage nach dem Amoklauf in Alsterdorf bleiben einige Fragen ungeklärt: Warum war Philipp F. nicht eher psychiatrisch überprüft worden? Schon im Januar hatte es einen anonymen Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung von Philipp F. gegeben. Hinzu kommen die kruden Thesen seiner selbstverfassten Schriften. Es geht um Jesus, Gott und Satan.
Vier Tage nach dem Amoklauf in Alsterdorf bleiben einige Fragen ungeklärt: Warum war Philipp F. nicht eher psychiatrisch überprüft worden? Schon im Januar hatte es einen anonymen Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung von Philipp F. gegeben. Hinzu kommen die kruden Thesen seiner selbstverfassten Schriften. Die Hamburger Linke fordert jetzt mehr politische Aufklärung.
Nach dem Hinweis recherchierten die Beamten in der Polizeidatenbank und „in öffentlich zugänglichen Quellen, bei denen sie insgesamt keine Informationen erlangten“, sagte Polizeipräsident Ralf-Martin Meyer. Diese Nachricht lässt aufhorchen. Mit nur einem Klick waren im Netz eine Fülle an Informationen über Philipp F. zu finden: Seine Schriften, in denen er krude Thesen über Jesus, Gott und Satan verbreitete, seine Webseite, auf der er sich als erfolgreicher Geschäftsmann präsentierte und sein Profil auf einer Jobplattform. Inzwischen sind alle diese Seiten nicht mehr erreichbar.
Philipp F. erklärte Adolf Hitler in seinem Buch zu einem Werkzeug Christi
Vor allem Philipp F.s Buch „Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und Satan” hat es in sich, wie „Zeit Online“ berichtet. F. erkläre in dem fast 300 Seiten dicken Text Massenmord im Auftrag Gottes für legitim und Adolf Hitler zu einem Werkzeug Christi. Das Buch enthalte außerdem zahlreiche antisemitische Aussagen.
Dem Bericht zufolge hat die Waffenbehörde bei der Hamburger Polizei das Buch – bereits Ende Dezember 2022 im Eigenverlag erschienen und bis vor wenigen Tagen bei Amazon erhältlich – bei der Überprüfung des mutmaßlichen Amokläufers übersehen. Bei einer Aufarbeitung sollen die Beamten angegeben haben, die Schrift nicht gelesen zu haben.
Nach Amoklauf: Linksfraktion fordert politische Aufklärung
„Es ist völlig unverständlich, weshalb die Waffenbehörde entweder eine gründliche Prüfung unterlassen hat oder trotz des Wissens um das gefährliche Weltbild von Philipp F. und dem Hinweis auf eine psychische Erkrankung ein psychologisches Gutachten nicht veranlasst hat“, sagt Deniz Celik, Innenexperte der Hamburger Linksfraktion.

Die Linke fordert, dass sich die Bürgerschaft, genau wie bei der Messer-Attacke von Brokstedt, im Innenausschuss mit den offenen Fragen befasst. Der Zeitpunkt hänge natürlich auch davon ab, wie weit die Ermittlungen fortgeschritten sind.
Hinweis auf psychische Erkrankung von Philipp F.
Der anonyme Hinweis zu Philipp F. war im Januar 2023 in Form eines Briefs bei der Waffenbehörde eingegangen. Er forderte auch dazu auf „das Verhalten und die waffenrechtlichen Vorschriften in Bezug auf Philipp F. zu überprüfen“, sagte Polizeipräsident Meyer bei der Pressekonferenz nach der Tat am Freitag.
Weiterhin wies die anonyme Person in dem Brief darauf hin, dass Philipp F. eine psychische Erkrankung haben könnte und „eine besondere Wut auf religiöse Anhänger, besonders gegenüber den Zeugen Jehovas und seinem ehemaligen Arbeitgeber“ habe.
Polizei kontrollierte Waffentresor
Nach dem anonymen Brief hatten zwei Polizeibeamte ohne Vorankündigung am 7. Februar 2023 auch an Philipp F.s Wohnungstür in Altona geklingelt. F. habe sich kooperativ gezeigt, so Meyer. „Er erteilte bereitwillig Auskunft, es war ein offenes Gespräch.“
Die Beamten überprüften die Verwahrung der Waffe und der Munition von Philipp F. im Tresor und stellten sie als eingehalten fest. „Bis auf eine Kleinigkeit, bei der ein Projektil oberhalb des Tresors lag, gab es keinerlei relevante Beanstandungen“, sagte Meyer. Dieser Umstand war Philipp F. „erkennbar peinlich“ und er erhielt eine mündliche Verwarnung.
Neue Informationen zum aktuellen Ermittlungsstand
Die Umstände hätten keine Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung gezeigt. Im Gegenteil: Die Beamten sollen sich über verschiedenste Dinge wie die Einrichtung der Wohnung mit ihm unterhalten haben. Für die Sicherstellung der Waffe oder die Beantragung eines psychologischen Gutachtens habe es keine Tatsachen und damit keine rechtliche Möglichkeit gegeben, so Meyer. Philipp F. war bis zur Tat nicht im polizeilichen System registriert.
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Auf Nachfrage der MOPO verwies die Polizei auf eine Pressekonferenz zum aktuellen Ermittlungsstand mit Innensenator Andy Grote (SPD), die am Dienstag im Rathaus stattfinden wird.