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  • Schulleiter Björn Lengwenus in der „Dulsberg Late Night“ Show auf YouTube.
  • Foto: Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg

Kreativ durch die Krise: Hamburger Schulleiter: Darum ist Schule mehr als Pauken

Ein Jahr Pandemie. Ein Jahr Schule unter verschärften Bedingungen. Wie aus einer Krise Kreativität entstehen kann, hat die Hamburger Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg in Dulsberg mit ihrer „Late Night Show“ bewiesen. Jetzt steht sie im Finale für den Deutschen Schulpreis. Weitere Hamburger Schulen schafften es in die Vorauswahl. Die MOPO fragt drei der Schulleiter nach ihren Pandemie-Masterplänen.

Björn Lengwenus ist seit diesem Jahr Hamburgs wohl bekanntester Rektor. Während des ersten Lockdowns präsentierte er täglich auf YouTube die Show „Dulsberg Late Night“ für seine Schüler. Dafür gab es im September 2020 sogar einen Medienpreis.

Dulsberg Late Night: „Schülern eine Heimat bieten“

„Es müssen jetzt nicht alle eine Late-Night-Show machen“, sagt Lengwenus zur MOPO. Eine Haltung zu haben, das trage durch die Krise. „Unsere Schule ist maximal heterogen. Uns ist es wichtig, allen Schülern eine Heimat und Nähe zu bieten, auch in einer Zeit, in der das kaum möglich ist.“

In der Aula der Schule Alter Teichweg stapeln sich die Lernpakete für die Schüler.

In der Aula der Schule Alter Teichweg stapeln sich die Lernpakete für die Schüler.

Foto:

Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg

Die Show ist nicht die einzige Aktion der Schule Alter Teichweg. Täglich haben die Lehrkräfte Pakete aus individuellen Materialien für die Schüler zusammengestellt. Mitarbeiter verteilten sie mit Bollerwagen an den Haustüren.

Hamburger Schulleiter hält zwölf Abschlussreden

„Wenn die Schüler in die Schule kommen, sollen sie das Gefühl haben, hier sind sie willkommen und es ist alles vorbereitet“, sagt Lengwenus. Für den Abschlussjahrgang haben sie am Ende zwölf Veranstaltungen ausgerichtet. Der Schulleiter hielt jede Rede einfach zwölf Mal.

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Lengwenus sagt, Schulleiter sein, das sei ein bisschen wie Pastor sein: „Man ist das immer.“ Ihm mache es den ganzen Tag über Spaß. Nie könne er genau sagen, „was ist noch Arbeit und was schon Hobby“.

Zwölf Mal gab es eine Abschlussfeier wie diese hier unter Corona-Bedingungen in der Schule Alter Teichweg.

Zwölf Mal gab es eine Abschlussfeier wie diese hier unter Corona-Bedingungen in der Schule Alter Teichweg.

Foto:

Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg

Deutscher Schulpreis: Hamburger im Finale

Mit 18 anderen Schulen sind die Dulsberger nun im Finale des bundesweiten Wettbewerbs um den Deutschen Schulpreis. In die Vorauswahl schafften es 121 Schulen. Darunter waren auch die Stadtteilschule Helmuth Hübener in Barmbek-Nord und die Berufliche Schule ITECH Elbinsel Wilhelmsburg. In den Gesprächen mit den Schulleitern zeigt sich deutlich – Schule ist mehr als Lesen, Schreiben, Rechnen.

Schule in Barmbek-Nord: „Kinder sitzen zu lange am Bildschirm“

Barbara Kreuzer ist Rektorin der Stadtteilschule Helmuth Hübener in Barmbek-Nord. Sie sagt, dass eine Tagesstruktur durch Schule gerade für Kinder aus prekären Verhältnissen sehr wichtig ist. Im ersten Lockdown hatte jeder der rund 1200 Schüler mindestens zwei Mal am Tag Kontakt zum Klassenlehrer.

Barbara Kreuzer ist Schulleiterin der Stadtteilschule Helmuth Hübener in Barmbek-Nord.

Barbara Kreuzer ist Schulleiterin der Stadtteilschule Helmuth Hübener in Barmbek-Nord.

Foto:

Andrijana Boskan

Im zweiten Lockdown hat die Schule die Ausstattung der Kinder verbessert, mit mobilen Endgeräten und SIM-Karten. Finanziert wurde das durch Spenden. Zusätzlich gab es Übungstage mit Fernunterricht für den Ernstfall.

„Das soziale Miteinander fehlt den Kindern sehr. Sie sitzen pro Tag zu lange am Bildschirm“, so Kreuzer. „Wir haben uns deshalb kreative Aufgaben überlegt, wie virtuell zusammen backen oder Schneemänner vor der eigenen Haustür bauen.“

Die Stadtteilschule Helmuth Hübener in Barmbek-Nord.

Die Stadtteilschule Helmuth Hübener in Barmbek-Nord.

Foto:

Barbara Kreuzer

Hamburger Berufsschule: Schüler lernen Selbstständigkeit

Ältere Schüler gehen mit Laptop und Smartphone oft schon routinierter um. An der beruflichen Schule ITECH Elbinsel Wilhelmsburg können junge Erwachsene ihr Abitur machen, sich auf eine Ausbildung vorbereiten oder eine duale Ausbildung in einem technischen Beruf erwerben. „Eigenständiges Lernen war immer schon ein Credo unserer Schule, deshalb konnten wir in der Pandemie sofort umstellen“, sagt Schulleiterin Monika Stausberg.

Monika Stausberg, Schulleiterin der Berufsschule ITECH Elbinsel Wilhelmsburg

Monika Stausberg, Schulleiterin der Berufsschule ITECH Elbinsel Wilhelmsburg

Foto:

hfr

Die Lernplattform war vorhanden und die Berufsschüler dürfen frei entscheiden, wann und wie sie ihre Aufgaben zu einer bestimmten Frist erledigen. Die Lehrer stehen ihnen per Video als Ansprechpartner zu Seite und fördern sie in ihrem eigenen Lernweg. Die Betriebe freue es, wenn die Schüler fit sind für die digitale Zukunft, so Stausberg. „Man muss sich von der klassischen Vorstellung lösen, dass Lernen nur im Klassenraum vor einer Kreidetafel stattfindet.“ 

Schulsenator Ties Rabe (SPD) zu Gast an der Berufsschule ITECH Elbinsel Wilhelmsburg.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) zu Gast an der Berufsschule ITECH Elbinsel Wilhelmsburg.

Foto:

hfr

Hamburger Schulleiter: Digitale Chancen nutzen

Alle drei Schulleiter sind sich einig: Digitales Lernen bietet viele Chancen – den persönlichen Kontakt kann es nicht ersetzen. „Zeit- und Ortsübergreifend zu arbeiten, das darf in Zukunft gerne mehr werden“, sagt Stausberg.

Auch Barbara Kreuzer meint: „Wir finden, dass die Digitalisierung wunderbare Möglichkeiten bietet. Sie kann funktionieren, man muss einfach Dinge ausprobieren.“ Ein bisschen Kritik schwingt aber auch mit. „Für den Präsenzunterricht werden in den Behörden viele Konzepte entwickelt, aber für das Digitale kaum“, so Kreuzer.

Schule Alter Teichweg: Das Beste aus der Lage machen

Schulleiter Lengwenus ist Optimist. Die Anweisungen aus der Schulbehörde kämen manchmal kurzfristig. Aber man müsse auch bedenken, wie flexibel die Behörde plötzlich reagieren musste. Seine Schule habe die Entscheidungen angenommen und geschaut, wie sie bestmöglich umgesetzt werden könnten.

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„Schulen selbstverantwortlich Dinge machen zu lassen und sie zu unterstützen, das ist ein guter Weg für die Zukunft“, so Lengwenus. Es würden viel zu oft nur die schlechten Beispiele gezeigt, dabei gibt es „richtig viele tolle Schulen“. Schulen zu stärken und gut zu finden, das sei eine gesellschaftliche Aufgabe.

Deutscher Schulpreis: Entscheidung im April

Der Schule Alter Teichweg gehen die Ideen jedenfalls nicht aus. Mit „Die neue Show“ setzen Schüler und Schülerinnen verschiedener Jahrgänge den YouTube-Erfolg fort. Zusätzlich hat die Schule das eigene Radioprogramm „Lockdown Live“ gestartet.

Im April wird sich entscheiden, welche Bildungseinrichtung am Ende den Deutschen Schulpreis erhält. Verdient hätten es nach einem Jahr Pandemie-Unterricht sicher alle.

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