Hitze in Hamburg: Hier ist es besonders schlimm
Der Hochsommer ist da – und mit ihm die Hitze. Was für viele gute Laune und Schwimmbad-Stimmung bedeutet, kann für einige Menschen gefährlich werden – und zum Tod führen. Auch in Hamburg ist das ein Problem, in der Großstadt drückt die Hitze besonders stark. Die MOPO hat Wetterdaten analysiert und festgestellt: Hitzewellen treffen nicht alle gleich, es gibt große regionale Unterschiede. In den kommenden Jahren drohen immer mehr Hitzetote. Und es gibt eine Prognose, die auf den ersten Blick überrascht.
Was jeder weiß, der mal ein Urlaubsziel ausgesucht hat: Im Süden ist es in aller Regel wärmer als im Norden. Das ist sogar im Kleinen auch in Hamburg festzustellen.
Der Hochsommer ist da – und mit ihm die Hitze. Was für viele gute Laune und Schwimmbad-Stimmung bedeutet, kann für einige Menschen gefährlich werden – und zum Tod führen. Auch in Hamburg ist das ein Problem, in der Großstadt drückt die Hitze besonders stark. Die MOPO hat Wetterdaten analysiert und festgestellt: Hitzewellen treffen nicht alle gleich, es gibt große regionale Unterschiede. In den kommenden Jahren drohen immer mehr Hitzetote. Und es gibt eine Prognose, die auf den ersten Blick überrascht.
Was jeder weiß, der mal ein Urlaubsziel ausgesucht hat: Im Süden ist es in aller Regel wärmer als im Norden. Das ist sogar im Kleinen auch in Hamburg festzustellen.
In Neuwiedenthal etwa lagen die gemessenen Temperaturen in den vergangenen Jahren im Schnitt 0,3 Grad über denen in Fuhlsbüttel. Das zeigen Daten, die der Deutsche Wetterdienst (DWD) der MOPO zur Verfügung gestellt hat.
Die wärmsten Regionen in Deutschland 2021 waren die Stadtstaaten – wie Hamburg
In den Graphen ebenfalls schnell erkennbar: Es wird immer heißer. Besonders in den Metropolen: Die wärmsten Regionen in Deutschland 2021 waren die Stadtstaaten. Die durchschnittliche Temperatur in Berlin betrug 10,1 Grad, in Bremen und Hamburg jeweils 10,0 Grad – und bundesweit 9,1 Grad, das sagen Daten vom Deutschen Wetterdienst (DWD).
Und wie überall steigen diese Werte: Hamburgs Temperatur lag zwischen 1961 und 1990 im Mittel noch bei 8,8 Grad – 1,2 Grad unter dem 2021-Schnitt. Überhaupt: Seit 1881 werden Klimadaten flächendeckend erfasst – die vier wärmsten Jahre der Hansestadt seitdem waren 2020 und 2014 (jeweils 10,9 Grad), gefolgt von 2019 und 2018 (je 10,7 Grad). Oder um es mit dem Temperaturstreifen zu zeigen, den Ed Hawkins einst entwickelte: Hamburg wird rot.

Krank durch Hitze: Deshalb sind Menschen in Städten besonders gefährdet
Wie kommt es, dass Städte besonders betroffen sind? Laut Jürgen Kropp, Leiter der Forschungsgruppe Urbane Transformation am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in Potsdam, liegt das unter anderem am sogenannten urbanen Wärmeinseleffekt. Denn der Beton speichert Wärme besser als natürliche Materialien. Weil Wärme immer von einem wärmeren zum kälteren System fließt, wird sie etwa von aufgeheizten Gebäuden an die Umgebungsluft abgegeben, sobald die Temperaturen abends sinken.

Dann herrscht in Innenräumen, aber auch in Großstädten generell selbst nachts eine höhere Temperatur als auf dem Land. Bei Hitzewellen schwinden so die Chancen auf Erholung für den Körper. In Hamburg ist das deutlich zu bemerken, besonders in den am dichtesten besiedelten Stadtteilen Hoheluft-West, -Ost, Eimsbüttel und Sternschanze. Äußere Stadtteile sind weniger betroffen.
In Hamburgs Neustadt ist es vor allem nachts deutlich heißer als in Fuhlsbüttel
Insgesamt hat die Zahl der heißen Tage mit einer Höchsttemperatur von 30 Grad oder mehr in Hamburg zugenommen. „In den Jahren 2018 und 2019 wurden insgesamt 31 solcher Tage gezählt. Im vieljährigen Mittel 1981-2010 wären im selben Zeitraum lediglich 9 zu erwarten gewesen“, schreibt der DWD in seinem „Klimareport Hamburg“.
Darin werden zwei Standorte miteinander verglichen: einer in der Hamburger Neustadt, einem dicht bebauten Stadtteil mit zahlreichen Bürogebäuden. Die andere Messstation steht in Fuhlsbüttel am nördlichen Stadtrand. Auffällig: Obwohl die Zahl der Hitzetage gleich ist, unterscheidet sich die Zahl der Tropennächte mit einer Tiefsttemperatur von 20 Grad oder mehr stark.
Der Wärmeinseleffekt wird im Urban Heat Index (UHI) gemessen. Im Frühling und Sommer besonders groß, in der Stadt ist es dann bis zu sieben Grad wärmer als im Umland – im Mittel um 1,4 bis 1,6 Grad. Auch im Winter ist es in der Stadt fast immer wärmer als im Umland, so erlebte die Station in der Neustadt auch deutlich weniger Frosttage als jene in Fuhlsbüttel.
Diesen Wärmeinseleffekt gab es grundsätzlich auch früher schon. Wie etwa Autoren einer französischen Studie im „International Journal of Environmental Research and Public Health“ erwähnen, verstärken häufigere und intensivere Hitzewellen aber das von dem Effekt ausgehende Risiko für Stadtbewohner. Dies sei eine unmittelbare Folge des Klimawandels.
Tausende Menschen in Deutschland könnten künftig jedes Jahr durch Hitze sterben
Das Umweltbundesamt verweist auf seiner Webseite auf Modellrechnungen, die für Deutschland prognostizieren, „dass zukünftig mit einem Anstieg hitzebedingter Mortalität von einem bis sechs Prozent pro einem Grad Celsius Temperaturanstieg zu rechnen ist, dies entspräche über 5000 zusätzlichen Sterbefällen pro Jahr durch Hitze bereits bis Mitte dieses Jahrhunderts“.
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Zwar gibt es laut Robert-Koch-Institut (RKI) kein bundesweites Überwachungssystem, das die Zahl hitzebedingter Sterbefälle in ganz Deutschland erfasst. Berlin und Hessen schätzten 2018 nach RKI-Angaben aber die Hitzetoten: Demnach starben in der Hauptstadt rund 490 Menschen aufgrund der Hitzeeinwirkung, etwa 740 waren es in Hessen.

Für ältere Menschen sind Hitzewellen besonders gefährlich
Ganz besonders betrifft das die älteren Menschen, sagt die Ärztin Nathalie Nidens, die bei der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (Klug) in Berlin im Bereich Hitzeschutz tätig ist. Das zeigen auch die Schätzungen des RKI zu den Zahlen aus Hessen und Berlin von 2018: Während dort insgesamt rund zwölf von 100.000 Menschen wegen Hitze starben, waren es in den Altersgruppen der 75- bis 84-Jährigen etwa 60 von 100.000 – bei den über 84-Jährigen sogar rund 300 von 100.000.
Der Grund liegt auf der Hand: Das habe ganz mit dem natürlichen Alterungsprozess zu tun, sagt Nidens. Ältere Menschen hätten ein geringeres Durstgefühl, ihr Kreislaufsystem sei nicht mehr so leistungsfähig. Hinzu komme der soziale Aspekt. Viele Ältere lebten allein und hätten niemanden, der ihnen während der Hitzewellen helfen könnte, sagt Klug-Mitarbeiterin Jelka Wickham. Besonders betroffen seien aber auch wohnungslose Menschen, Schwangere, Säuglinge, Kleinkinder und Vorerkrankte.
Das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin hat auf Basis der Versicherungsdaten der AOK überprüft, wo besonders häufig ältere Menschen wegen Hitze in Krankenhäuser eingeliefert werden mussten. Betroffen sind laut MCC meist ländliche Gebiete, in denen ein höherer Bevölkerungsanteil in Altersarmut lebt und wo weniger Pflegepersonal zur Verfügung steht. Hamburg liegt 22,6 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt der Hospitalisierungen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern teils deutlich darunter. Aber: In diesen Regionen wird die Zahl der hitzebedingten Hospitalisierungen stark ansteigen, prognostiziert das MCC, teils um mehr als das Zehnfache.
In Hamburg, so erwarten es Experten, gelten besonders die östlichen Stadtteile für die Zukunft als vulnerabel, als anfälliger für Hitzeerkrankungen. Hier leben viele ältere und ärmere Menschen. Ähnliche Prognosen gelten für den Süden und Osten der Hamburger Metropolregion.
Eine Vorhersage überrascht
Selbst bei starken Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe ist davon auszugehen, dass die Erde sich weiter erwärmt. Aber: Nicht etwa für die Stadt ist der größte Anstieg zu erwarten, sondern für das Land.
Projektionsrechnungen gehen davon aus, dass Hamburgs Durchschnittstemperaturen bis 2050 um 1,2 Grad steigen werden. Für das Umland werden 1,3 Grad prognostiziert. Auf den ersten Blick eine überraschende Vorhersage, doch im Widerspruch zum Wärmeinseleffekt steht sie nicht. „Diese geringfügig stärkere Temperaturzunahme über der ländlichen Umgebung beruht auf einer stärkeren Erwärmung und sommerlichen „Austrocknung“ des Umlands gegenüber der schon vom Grund her wärmeren und trockeneren Stadt“, heißt es im Hamburger Klimabericht.
So setzt Hitze dem Körper zu – und das können Städte tun
Die Bandbreite der gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze ist groß. Sie reiche von Schwindel und Erschöpfung über Schwellungen an Füßen und im Extremfall auch bis zum Tod, erläutert die Ärztin. „In starken Hitzeperioden steigt beispielsweise das Risiko für Herzinfarkte und ein Herzinfarkt kann auch mit bleibenden Einschränkungen verbunden sein“, sagt Nidens.
Nun stellt sich also die Frage: Was können die besonders betroffenen Großstädte tun? „Ein Aspekt ist sicherlich, die Städte mit Vegetation zu versehen“, sagt PIK-Professor Kropp. Denn Pflanzen – insbesondere Bäume – verdunsten Wasser und kühlen so ihre unmittelbare Umgebung. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) weist beispielsweise auch immer wieder auf die positiven Auswirkungen von Dach- oder Fassadenbegrünung hin.
Als eine weitere Maßnahme nennt Kropp den Holzbau. Holz sei ein Isolator und gebe so etwa die aufgenommene Wärme nicht so stark in Innenräume ab. Damit könne man etwa Bürogebäude bauen, die höher sind als 80 bis 100 Meter.
„Alle Maßnahmen sind nur Ausgleich für das, was vorher schief gelaufen ist“
Wickham ist zwar auch für den Ausbau der Grünflächen und eine veränderte Stadtinfrastruktur. Sie merkt aber an, dass dies langfristige Maßnahmen seien, die viel Zeit zur Realisation benötigten. Deshalb müssten auch kurzfristige Lösungen her. Dazu gehöre vor allem die Information der Bevölkerung und die Einbindung des Gesundheitswesens, wie etwa Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen, sagt Wickham. Aber auch der Einsatz von Trinkwasserspendern oder das Ausweisen von kühlen Orten in der Stadt sei wichtig.
Dabei betont Wickham: „All diese Maßnahmen sind nur ein Ausgleich für das, was vorher schon schief gelaufen ist. Wir haben den Klimawandel verursacht und das heißt, wir müssen gucken, dass wir jetzt Maßnahmen zur Behebung dieses Fehlers ergreifen, die das ursprüngliche Problem nicht verstärken.“
Die gesundheitlichen Auswirkungen der Hitze sind aber nur ein Aspekt von vielen Folgen des Klimawandels. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen immer wieder, dass extreme Hitzewellen in verschiedenen Regionen der Welt zu Dürre und damit zu Mangelernährung führen können. Zu den Folgen kann verstärkte Migration zählen, etwa wenn Regionen nicht mehr bewohnbar sind. (tdo/dpa)