Kosovo, Türkei, Ghana – so viele Menschen schiebt Hamburg ab
Wenn jemand abgeschoben werden soll, bei dem Fluchtgefahr besteht, kann diese Person in Haft oder Gewahrsam genommen werden. Hamburg nutzte dafür bis 2022 Container am Flughafen, mittlerweile kommen die Personen in einer alten Kaserne in Glückstadt unter. Die Stadt habe das Problem ausgelagert, aber nichts verbessert, kritisiert Die Linke.
Wenn jemand abgeschoben werden soll, bei dem Fluchtgefahr besteht, kann diese Person in Haft oder Gewahrsam genommen werden. Hamburg nutzte dafür bis 2022 Container am Flughafen, mittlerweile kommen die Personen in einer alten Kaserne in Glückstadt unter. Die Stadt habe das Problem ausgelagert, aber nichts verbessert, kritisiert Die Linke.
Vom 1. Januar 2023 bis zum 22. Mai 2023 waren insgesamt 48 Personen – in einzelnen Fällen wiederholt – aus Hamburger Zuständigkeit in der Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt untergebracht. Dieser Anordnung lag jeweils ein richterlicher Beschluss zugrunde, so ein Sprecher vom Amt für Migration zur MOPO.
Bei den Personen handelt es sich um Männer, im Alter von 20 bis 60 Jahren. Sie besitzen folgende Staatsangehörigkeiten: ägyptisch, afghanisch, algerisch, britisch, bulgarisch, estnisch, gambisch, georgisch, ghanaisch, guineisch, irakisch, iranisch, kosovarisch, lettisch, litauisch, marokkanisch, moldauisch, montenegrinisch, nordmazedonisch, polnisch, serbisch, syrisch, türkisch sowie tunesisch.
Hamburg: 48 Personen in Glückstadt in Abschiebehaft
39 Personen wurden in diesem Zeitraum aus der Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt in 24 Zielländer abgeschoben. Darunter waren die Türkei, der Kosovo oder Ghana – aber auch Großbritannien, Frankreich, Dänemark oder Österreich. Abschiebungen aus Hamburg nach Syrien oder Afghanistan gab es 2023 bislang nicht, wie aus den Angaben vom Amt für Migration hervorgeht.

Hamburg nutzt die Abschiebehaftanstalt in Glückstadt zusammen mit Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Die Einrichtung ist seit August 2021 in Betrieb. In dem alten Kasernengebäude stehen für die Menschen Zimmer mit Bett, Stuhl, Tisch, Fernseher und einem abgetrennten Toilettenbereich samt Waschbecken zur Verfügung. Sie können Sport treiben, kochen und ins Internet.
Glückstadt: Zwei Menschen im Hungerstreik
Carola Ensslen (Linke) befürwortet zwar das Ende des Abschiebeknastes am Hamburger Flughafen, von der Lösung in Glückstadt ist sie dennoch nicht überzeugt. „Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam bedeuten für die inhaftieren Personen nicht nur eine Einschränkung, sondern oft eine Verletzung der Grundrechte“, schreibt sie in einer schriftlichen Kleinen Anfrage an den Senat im April. Außerdem befänden sich nicht Straftäter in Abschiebehaft, sondern Personen, deren Freiheitsentziehung lediglich zur Sicherung der Abschiebung dient.
Aus der Antwort des Senats geht hervor, dass sich im ersten Quartal 2023 vier Personen in Abschiebehaft befanden, die vorzeitig entlassen wurden. Die Gründe: Überstellung in die Psychiatrie, kein ausgestellter Pass-Ersatz, keine Prognose für die Dauer eines Asylverfahrens und in einem Fall ging die Person in das nationale Verfahren über, da nach Widerstand kein neuer Flug innerhalb der Dublin-Überstellungsfrist zu erhalten war.
Linke kritisiert Abschiebehaft in Glückstadt
Zwei Menschen in der Einrichtung hätten sich im ersten Quartal im Hungerstreik befunden. Die Untergebrachten wurden unmittelbar nach Ankündigung (Erstverweigerung der Kostannahme) dem medizinischen Dienst zur Bestimmung des Gewichts und der Vitalparameter vorgeführt. Des Weiteren werden die Untergebrachten psychologisch betreut. Die angemessene ärztliche Betreuung erfolgte sodann mindestens täglich. Die ärztliche Betreuung hebt auch das Amt für Migration gegenüber der MOPO positiv hervor – insbesondere im Vergleich zur früheren Unterbringung am Flughafen.
Carola Ensslen ist skeptisch: „Es mag sein, dass die Ausstattung etwas besser ist, aber die Haftbedingungen wurden seit dem Ausbruch im Herbst 2022 verschärft. Ausgang in den Hof muss man jetzt immer in jedem Einzelfall beantragen. Der Zugang zu medizinischer Versorgung ist in Abschiebehaft immer schwer, weil er ebenfalls erst einmal geltend gemacht werden muss.“
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Es hätte sogar eine Verschlechterung gegeben: Im Gegensatz zur Unterbringung am Flughafen bestehe nach wie vor kein Zugang für externe Beobachter von Abschiebungen. „Hamburg hat das Thema Abschiebehaft nach Schleswig-Holstein ausgelagert und aus seinem Einflussbereich weggegeben“, sagt Ensslen. „Eine Verbesserung nenne ich das nicht.“