Kontaktnachverfolgung in Hamburg eingestellt – und jetzt kommt Omikron
Rund 6600 Hamburgerinnen und Hamburger haben laut RKI in den vergangenen sieben Tagen ein positives Corona-Testergebnis erhalten, die Inzidenz am zweiten Weihnachtsfeiertag: 354. Trotzdem macht die Stadt keine Kontaktpersonen mehr ausfindig. Hamburg hat die Kontaktnachverfolgung schon vor Wochen eingestellt, trotz (und auch wegen) steigender Inzidenzen. Klingt fahrlässig, ist bei genauer Betrachtung aber sinnvoll.
Rund 6600 Hamburgerinnen und Hamburger haben laut RKI in den vergangenen sieben Tagen ein positives Corona-Testergebnis erhalten, die Inzidenz am zweiten Weihnachtsfeiertag: 354. Trotzdem werden von der Stadt keine Kontaktpersonen mehr ausfindig gemacht. Hamburg hat die Kontaktnachverfolgung schon vor Wochen eingestellt, trotz (und auch wegen) steigender Inzidenzen. Die Omikron-Variante könnte allerdings wieder einiges durcheinanderbringen.
Bereits Anfang November (bei einer Sieben-Tages-Inzidenz von rund 125) hatte der Sprecher der Hamburger Gesundheitsbehörde erklärt, dass die Stadt ihre Strategie bei der Corona-Kontaktnachverfolgung ändere: Es werde ab sofort nicht mehr jeder angerufen, der mit einem Infizierten Kontakt hatte. Zu Beginn der Pandemie war die Kontaktnachverfolgung eines der schärfsten Schwerter in der Hand der behördlichen Anti-Corona-Brigade: Jeder, der mit einem Infizierten Kontakt hatte, egal, ob im Büro, beim Kaffeekränzchen oder bei der Chorprobe, wurde angerufen und in Quarantäne geschickt.
Corona: Keine Kontaktnachverfolgung mehr in Hamburg
Der Aufwand: enorm. Zur Unterstützung wurden Behördenmitarbeiter aus anderen Bereichen abgezogen, sogar Bundeswehrsoldaten rückten an, die die Gesundheitsämter beim täglichen Telefonmarathon und der Datenerfassung unterstützen. Denn: Es gab noch keinen Impfstoff, jede Ansteckung hätte potentiell tödlich enden können.
Mit steigender Impfquote wurden die Hilfskräfte abgezogen. Konsequenz: Als die Inzidenzen nach dem Sommer wieder anstiegen, waren die Gesundheitsämter der Bezirke zunehmend überfordert. Immer öfter kamen die Quarantäneanweisungen erst bei den Betroffenen an, als die vorgeschriebenen zwei Isolationswochen schon verstrichen waren.
Inzwischen sind die schieren Fallzahlen so hoch, dass es unmöglich ist, alle Kontaktpersonen zu informieren – und aus Sicht der Gesundheitsbehörde ist das auch nicht mehr erforderlich: Da circa 90 Prozent der erwachsenen Hamburger inzwischen geimpft sind, müssen sie bei Kontakt zu einem oder einer Infizierten ohnehin nicht mehr in Quarantäne. Stattdessen sind Infizierte nun verpflichtet, ihre Kontaktpersonen selbst zu informieren. Diese sollen sich beobachten und bei Symptomen selbst testen.
Hamburg will wieder Bundeswehr für Kontaktnachverfolgung einsetzen
Allerdings wappnen sich die Gesundheitsämter wieder für eine intensivere Kontaktnachverfolgung. Die Stadt schreibt aktuell 100 Stellen für die Corona-Kontaktverfolgung aus und auch die Bundeswehr soll bald wieder unterstützend tätig werden. Dazu sind aber die „Planungen noch nicht abgeschlossen“, so der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Martin Helfrich, zur MOPO.
Eine Reaktivierung der Kontaktnachverfolgung könnte vor allem wegen der Omikron-Variante vonnöten werden. Derzeit ist es zwar so, dass Geimpfte und Genesene auch als enge Kontaktpersonen nicht in Quarantäne müssen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt jedoch jetzt schon „eine Quarantäne von 14 Tagen sowie eine Testung mittels PCR (möglichst an Tag 1 der Ermittlung der engen Kontaktperson)“ auch für Geimpfte und Genesene, wenn sie engen Kontakt zu einer mit Omikron infizierten Person hatten.
Müssen enge Kontaktpersonen bei Omikron in Quarantäne?
In Einzelfällen handelt Hamburg bereits heute nach der Empfehlung. „Beim Auftreten von VOC (besorgniserregenden Varianten wie z.B. Omikron) werden in der Tat je nach Einzelfall strengere Vorsichtsmaßnahmen verhängt. Es kann also sein, dass bei bestimmten Verdachtsmomenten auch eine Quarantäne für Geimpfte angeordnet wird. Das ist dann aber eine Einzelfallentscheidung des Gesundheitsamtes. Solche Einzelentscheidungen gehen der allgemeinen Regel immer vor. Ob die Regeln geändert werden müssen, prüfen die Fachleute beim RKI derzeit“, so Helfrich.
Fraglich ist allerdings, ob Hamburg selbst mit einer Aufstockung des Personals überhaupt eine vollumfassende Kontaktnachverfolgung über die Gesundheitsämter leisten könnte, wenn die Omikron-Variante in der Stadt dominant wird und zu Tausenden Neuinfektionen führt.
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Viele Hamburger werden inzwischen auch elektronisch gewarnt, dass sie möglicherweise infiziert sein könnten: Über die Luca-App wurden alleine im November 2021 mehr als 13.430 Push-Nachrichten mit niedrigem Infektionsrisiko und 21.224 Push-Nachrichten mit erhöhten Infektionsrisiko versandt.
Das RKI hatte den Gesundheitsämtern bereits seit September empfohlen, die Kontaktnachverfolgung auf den Schutz „von Personen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf“ zu fokussieren. Für Hamburg heißt das: Nur noch bei Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen, in Arztpraxen oder in Wohnunterkünften werden Kontaktpersonen ermittelt. Zumindest derzeit noch.