• Foto: picture alliance/dpa

Körperverletzung im Amt: Schon 90 Ermittlungsverfahren in diesem Jahr

Wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Amt hat die Hamburger Staatsanwaltschaft in den ersten sechs Monaten des Jahres 90 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte eingeleitet, acht mehr als im Vorjahreszeitraum. 17 Verfahren wurden bereits eingestellt, meist wegen mangelnden Tatverdachts, wie aus einer Senatsantwort auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht.

In den vergangenen Jahren wurden mehrere hundert Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt wegen mangelnden Tatverdachts eingestellt.

Ermittlungen: Beamter soll Frau geschlagen haben

Das Dezernat für Interne Ermittlungen in der Innenbehörde war von Januar bis Juni 2020 mit drei Disziplinarverfahren gegen Polizisten befasst. In einem Fall gehe es um einen Beamten, der bei einem Einsatz im Oktober 2018 einer Frau ins Gesicht geschlagen haben soll. In dem Fall soll zunächst das strafrechtliche Verfahren abgewartet werden.

Hamburg: Polizist schießt versehentlich auf Hund

Ein anderer Beamter habe bei einer Wohnungsdurchsuchung ungewollt einen Schuss auf einen Hund abgegeben, hieß es. Das Projektil schlug in einen Polstersessel ein. Ein Kollege des Beamten erlitt dabei ein Lärmtrauma. Das Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt wurde gegen eine Geldauflage von 300 Euro eingestellt, das Disziplinarverfahren daraufhin ebenfalls.

Hamburg: Polizeigewalt gegen Betrunkenen

In einem dritten Fall ging es um die Überreaktion eines Polizisten bei der Festnahme eines betrunkenen Gewalttäters. Der Mann hatte erhebliche Gegenwehr geleistet. Der Beamte reagierte den Angaben zufolge mit einem unangemessenen Einsatz körperlicher Gewalt. Er erhielt dafür einen Strafbefehl über 5400 Euro.

Auch die internen Ermittler stellten ein Dienstvergehen fest, stellten das Disziplinarverfahren dennoch ein, wegen des Verbots der Doppelbestrafung.

Körperverletzung im Amt: So viele Verfahren wurden eingestellt

Die Zahl der Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt betrug im gesamten Vorjahr 213, von denen zwei mit einem Strafbefehl und eines mit einer gerichtlichen Verwarnung endeten. Im Jahr 2018 hatte es 232 Strafverfahren gegeben, von denen eines mit einer Geldstrafe endete. Die übrigen Verfahren – rund 440 – wurden meist wegen nicht hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

Linke fordert Beschwerdestelle für Bürger

Neuer Inhalt (14)

Deniz Celik, Abgeordneter der Linken

Foto:

PublicAd

Dazu erklärt Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Linkenfraktion auf MOPO-Nachfrage: „Natürlich gilt bei allen Rechtsverfahren die Unschuldsvermutung. Jedoch ist es sehr bezeichnend, dass nahezu alle Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt eingestellt werden. Es entsteht der Eindruck, dass der Wille zur vollständigen Aufklärung von Polizeigewalt nicht vorhanden ist. Deshalb brauchen wir endlich eine unabhängige Polizeibeschwerdestelle in Hamburg und eine unvoreingenommene Staatsanwaltschaft, die eine lückenlose Aufklärung von Polizeigewalt sicherstellt“.

Gewalt: Nicht nur Polizisten beschuldigt

Die Jahreszahlen der Staatsanwaltschaft beziehen sich allerdings nicht nur auf Beamte der Hamburger Polizei, wie ein Sprecher der Innenbehörde erläuterte. Auch andere Beamte, wie etwa Bundespolizisten, Justizbeamte oder auch Lehrer, können sich der Körperverletzung im Amt schuldig machen. (dpa/ste)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp