Härteste Sportart der Welt: Abends wird Fabienne zur unerbittlichen Kämpferin
Am Tage ist Fabienne die besonnene Rechtsanwaltsgehilfin, am Abend die unerbittliche Kämpferin. Kniestöße, Sidekicks und schwere Schläge gegen einen Sandsack: Training für ihren großen Traum, im Dezember einen Titel bei einer der härtesten Kampfsportarten der Welt zu gewinnen. Kein Einzelfall. Immer mehr Frauen gehen diesem Sport nach. Der Bundestrainer erklärt, warum das so ist.
Am Tage ist Fabienne Franz die besonnene Rechtsanwaltsgehilfin, am Abend die unerbittliche Kämpferin. Kniestöße, Sidekicks und schwere Schläge gegen einen Sandsack: Training für ihren großen Traum, im Dezember einen Titel im Muay-Thai zu gewinnen – einer der härtesten Kampfsportarten der Welt. Immer mehr Frauen gehen diesem Sport nach. Der Bundestrainer erklärt, warum das so ist.
Es ist stickig im Kampfkunst-Gym Kwan in Eilbek. Schweißgeruch liegt in der Luft. Aus einem der Räume sind dumpfe Schlaggeräusche und laute Rufe zu hören. „Sidekick, höher, Deckung nicht vernachlässigen“, schreit Trainer Wolfgang Gier.
Dabei hat er Mühe, den von ihm umklammerten Sandsack festzuhalten. Auf den hämmert Fabienne Franz (32) immer wieder gnadenlos und mit voller Wucht, mit Füßen, Knien und Fäusten ein. Fabienne Franz ist Muay-Thai-Kämpferin.
13 Siege, zwölf Mal durch technischen K.o.
Die 32-jährige Rechtsanwaltsgehilfin und Mutter zweier Kinder (sieben und elf Jahre) trainiert mehrfach in der Woche für ihren großen Traum: einen Titel beim „Kickmas“ am 9. Dezember in der Wandsbeker Sporthalle. Bei der alljährlichen Veranstaltung geht es um nationale, aber auch internationale Titel wie den des Europameisters in dieser harten Kampfsportart.

In kleineren Turnieren war Fabienne schon erfolgreich. In ihrer Statistik stehen 13 Kämpfe. Davon hat sie alle gewonnen, zwölf Mal schmetterte sie ihre Gegnerinnen auf die Matte und gewann durch technischen K.o. „Mit 14 habe ich die Kampfsportart für mich entdeckt. Damals war ich die einzige Frau unter vielen Männern“. In den vergangenen fünf Jahren hat sich das geändert. Immer mehr Frauen belegen die Kurse.
Nebenjob in berüchtigter Kiez-Kneipe
Die 32-Jährige trainiert immer öfter, bis zu fünf Mal die Woche: „Auch wegen meines Nebenjobs, denn da sind Souveränität und Durchsetzungsvermögen angezeigt.“ Was sie damit meint, ist schnell klar: Fabienne arbeitet nebenher als Barfrau im „Molly Malone“, einer berüchtigten Kneipe auf dem Kiez.

Ebenso motiviert ist ihre Namensvetterin Fabienne Gora (32). Auch sie ist Mutter eines siebenjährigen Sohnes. Im Alltag ist sie Leiterin eines Pflegedienstes, kümmert sich um kranke Menschen. Früher spielte sie Hockey in einer Hamburger Leistungsmannschaft. Dann entdeckte sie Muay Thai für sich und trainiert seit sechs Jahren intensiv.
Auch sie will im Dezember um Titel kämpfen. „Der für Frauen ungewöhnliche Sport fasziniert mich. Außerdem ist es beruhigend zu wissen, sich im Notfall erfolgreich verteidigen zu können“.

„Das Phänomen, dass sich immer mehr Frauen diesem harten Sport anschließen, beobachten wir seit etwa sechs Jahren“, sagt Mitveranstalter Stefan Dietrich. „Mittlerweile belegen etwa 60 Prozent Frauen die Kurse im Gym Kwan. Beim ,Kickmas‘ wird es erstmalig eine reine Frauensparte geben.“ Dietrich trainiert jugendliche Frauen wie Julia (16) und Mercy (16) im Eilbeker Gym Kwan.
Auch immer mehr junge Mädchen beim Muay Thai
Julia hat mit den Sport begonnen, um „ein Ventil für Stressabbau zu haben“ und um sich „im Notfall verteidigen zu können“. Ähnlich ist es bei Mercy. Sie arbeitet zusätzlich darauf hin, später Titel zu gewinnen.

Neben dem Erlernen und Perfektionieren der Kampftechniken sagen die Frauen, dass Muay Thai eine hohe physische und psychische Leistungsbereitschaft erfordert. „Man muss alles geben, aber beim Kampf auch damit rechnen, sich schwere Verletzungen zuzuziehen. Angst ist dabei kein guter Berater“, sagt Fabienne Franz.
Detlef Türnau (67), Präsident des Muay Thai-Bundes Deutschland e.V. und ehemaliger Bundestrainer, bestätigt gegenüber der MOPO, dass immer mehr Frauen die Kampfsportart Thai-Boxen betreiben. Er selbst stand 40 Jahre im Ring, hat unzählige Kämpfe bestritten und Siege errungen. „Als Muay Thai vor sechs Jahren olympische Disziplin wurde, entstand ein regelrechter Run von Frauen auf den Sport. Bei den 15- und 16-Jährigen gibt es den größten Zulauf. Aber auch immer mehr Frauen zwischen 25 und 35 Jahren steigen in den Ring“.