„Kein Katar in meiner Bar“: Boykott! Hamburger Kneipen wollen die WM nicht zeigen
Nur noch wenige Wochen, dann beginnt die Fußballweltmeisterschaft. Public Viewing wird es jedoch nicht überall in Hamburg wie gewohnt geben: Nachdem eine Düsseldorfer Kneipe den Auftakt machte und verkündete, die WM nicht live zu übertragen, ziehen bundesweit Bars nach – getreu dem Motto: „Kein Katar in meiner Bar“. Und was planen die Hamburger Fußball-Kneipen? Bleiben die Fernseher aus – oder darf der Ball hier rollen?
Nur noch wenige Wochen, dann beginnt die Fußballweltmeisterschaft. Public Viewing wird es jedoch nicht überall in Hamburg wie gewohnt geben: Nachdem eine Düsseldorfer Kneipe den Auftakt machte und verkündete, die WM nicht live zu übertragen, ziehen bundesweit Bars nach – getreu dem Motto: „Kein Katar in meiner Bar“. Was planen die Hamburger Fußball-Kneipen? Bleiben die Fernseher aus – oder darf der Ball hier rollen?
Das fragte die MOPO in den 21 beliebtesten Bars in Hamburg, in denen Fußball übertragen wird. Das Ergebnis: Während 13 Bars die Spiele wie zu jeder WM zeigen, sind vier Kneipen fest entschlossen, die am 20. November beginnende WM zu boykottieren.
Kein Katar im „baradona“, „Amanda 66“, „Aalhaus“ und „ÜberQuell“
Dazu gehört das „Amanda 66“ in der Amandastraße 66 (Eimsbüttel). Kneipen-Chef Andreas Sieberts will die Spiele aus Protest gegen Verstöße gegen die Menschenrechte nicht zeigen. So starben nach Angaben von Amnesty International allein beim den Aufbau der Stadien, die nach der WM wieder abgebaut werden, bislang 15.000 Gastarbeiter.
Ein weiterer Grund, warum der Ball in der Eimsbüttler Kneipe nicht auf den Bildschirmen rollen wird: „Das Interesse an der Nationalmannschaft, EM und WM hat in den vergangenen Jahren massiv nachgelassen“, sagt Sieberts.

Auch das Eimsbüttler „Baradona“ in der Bismarckstraße 95 boykottiert die WM. Inhaber Corrado De Ponte spielt, seit er denken kann, selbst Fußball. Umso wütender macht ihn die anstehende WM – vor allem die Korruptionsvorwürfe, die schon bei der Wahl Katars als Austragungsort laut wurden: „Mit einer WM unter diesen Bedingungen bin ich nicht einverstanden”, sagt er. Für De Ponte ist das die rote Karte, die ihn dazu treibt, die WM dieses Mal im „Baradona“ ausfallen zu lassen. Die Umsatzeinbrüche nimmt er dafür in Kauf: „Dieses Geld spielt keine Rolle – vor allem im Vergleich zu unseren Verlusten im Lockdown“, sagt De Ponte.
Das „Aalhaus“ in der Eggerstedtstraße 39 in Altona schließt sich dem TV-Boykott an. Man sehe „die zum Teil haarsträubenden Entwicklungen des Geschäfts Fußball sehr kritisch“, wie die Kneipe auf ihrer Webseite schreibt. „Die kommende WM ist auch in anderer Hinsicht extrem fragwürdig, deshalb möchten wir damit nichts zu tun haben“, meint Timo Wiesmann, einer der Inhaber.

Auch das „ÜberQuell“ beim St. Pauli Fischmarkt boykottiert die WM mit der klaren Ansage: „Wir wollen keine Sportveranstaltungen, bei der für Torjubel Menschen sterben mussten und Menschenrechte mit Füßen getreten werden.“ Im Gespräch mit der MOPO sagt Geschäftsführer Axel Ohm: „Eine WM in Katar, in dem Homosexuelle verfolgt werden und Frauen fast keine Rechte haben, können wir nicht unterstützen.“ Für ihn ist der Boykott nicht nur ein persönliches Anliegen, er möchte damit auch Menschen zum Nachdenken anregen.
Wirte stecken in einer Zwickmühle
Mit dieser klaren Haltung gegen die WM sind die vier Läden unter Hamburger Fußball-Kneipen bislang fast allein. „Die meisten Bars denken leider nur an das Geld“, meint De Ponte aus dem „Baradona“. Oftmals jedoch notgedrungen, wie Wirt Hermann Neuters von der Kneipe „Osborne“ auf St. Pauli sagt. Bislang hat er nicht entschieden, wie er mit der WM umgehen wird. „Am liebsten würde ich sie nicht übertragen, aber nach Corona ist und bleibt die Kohle weg. Die Geschäfte hier auf St. Pauli laufen schlecht“, sagt er.
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Das „Osborne“ muss seinen Weg aus der Zwickmühle noch finden. Auch das Langenhorner „Match“, „Conny’s Bierkiste“ in Altona und die Eimsbüttler Kneipe „Fasan“ haben noch nicht entschieden, ob sie die WM übertragen.
Den Anstoß zu „Kein Katar in meiner Bar“ machte der Wirt Daniel Vollmer der Düsseldorfer Bar „Retematäng“ bereits Ende August. Neben Kneipen in Hamburg haben sich auch Betriebe in Köln, Bremen und München dem TV-Boykott angeschlossen. In wie vielen Bars in Deutschland insgesamt der Fernseher aus bleibt, ist nicht bekannt.
Warum andere Kneipen in Hamburg die WM trotzdem zeigen, können Sie hier lesen: WM-Boykott in Bars? „Ob wir gucken oder nicht, merken die Toten nicht mehr“