Klima-Offensive mit Zwang: Was jetzt auf die Hamburger zukommt
„Wir machen jetzt ernst.” Mit dieser Knallhart-Ansage hat Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) den Entwurf fürs neue Klimaschutzgesetz vorgestellt. Darin: So einige Pflichten, denen sich Hamburger nun fürs Klima stellen müssen. Was das für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet – und was es wirklich bringt.
„Wir machen jetzt ernst.” Mit dieser Knallhart-Ansage hat Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) den Entwurf fürs neue Klimaschutzgesetz vorgestellt. Darin: So einige Pflichten, denen sich Hamburger nun fürs Klima stellen müssen. Was das bedeutet – und was es wirklich bringt.
Auf Hamburgs Dächern wird es voll: Seit Anfang des Jahres gibt es schon eine Pflicht für Solaranlagen auf Neubauten, nun wird auch die für Bestandsbauten um ein Jahr vorverlegt. Wer sein Dach saniert, muss nun schon ab dem 1. Januar 2024 eine Solaranlage installieren – auf mindestens 30 Prozent der Fläche. Das sieht der Entwurf des neuen Klimaschutzgesetzes vor, der vom Senat nun zur Beteiligung an die Verbände gegeben wird.
Klimaschutz in Hamburg: Senat macht Tempo
Und es geht noch weiter: Ab 2027 soll demnach auch eine Kombi aus Grünfläche und Solaranlage auf Hamburgs Dächern verbindlich werden. Und wer seine Heizung austauscht, muss den Anteil der erneuerbaren Energie von 15 auf 65 Prozent steigern. Auch eine Pflicht zum hydraulischen Abgleich soll kommen, wenn saniert wird.
Der Senat macht Tempo – schließlich will er 2045 klimaneutral werden. Für Hamburger:innen heißt das aber auch draufzahlen. Deshalb gibt es ab 2024 Förderungen – allerdings nur für die frühen Vögel, denn sie laufen aus. „Wer die nächsten drei Jahre abwartet, der muss ab 2027 auf eigene Rechnung ohne Förderung die Pflicht erfüllen“, so Kerstan. Wie genau die Pflichten kontrolliert werden oder über Ausnahmen entschieden wird, muss noch festgelegt werden. Denn Ausnahmen soll es geben, um Härten zu verhindern.

Und wer soll die ganzen Solaranlagen und Wärmepumpen installieren? Schließlich gibt es schon jetzt wegen Lieferproblemen und Handwerkermangel lange Wartezeiten. Kerstan hofft, dass mit der Nachfrage auch mehr Angebote kommen – und so auch die lokale Industrie wächst.
Hamburger CDU: „Grüne Zwangspolitik”
Aus der Opposition hagelt es Kritik: „Grüne Zwangspolitik“, schimpft Stephan Gamm (CDU). „Hier wird Eigentümern schlicht vorgeschrieben, wie diese zu bauen haben und wie sie mit ihrem Eigentum umgehen müssen.“ Er fürchtet, dass die Baukosten in immense Höhen getrieben werden.
„Wir bräuchten keine Pflicht, wenn der Senat wie von uns gefordert bereits viel früher Förderungen dafür angeboten hätte“, sagt Sando Kappe (CDU) der MOPO. „Dann wären wir schon viel weiter.“ Dass die Stadt seit Jahren gerade beim Solarausbau den eigenen Ansprüchen nicht gerecht werde, gleichzeitig aber Private zu umfangreichen Maßnahmen verpflichte, findet er absurd.

Mehr Verständnis hat der Mieterverein zu Hamburg: „Solche Maßnahmen sollten nicht nur als Belastung verstanden, sondern auch als Chance dafür gesehen werden, die Energiekosten und Folgekosten langfristig zu senken“, meint Rolf Bosse. Für eine breite Akzeptanz sollten nun aber die Wohnungswirtschaft und Mieterverbände in der Ausarbeitung des Gesetzes beteiligt werden.
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„Sollte die Verbändeanhörung lediglich dazu dienen, bereits in der Umweltbehörde ausgetüftelte Vorgaben abzusegnen, werden wir das nicht kritiklos akzeptieren können“, mahnt auch Andreas Breitner vom Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Der Verband stehe hinter den Klimaschutzzielen des Senats. Staatliche Klimaschutzauflagen dürften am Ende jedoch nicht dazu führen, dass Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können. Kerstan hatte eingeräumt, dass die Neuerungen mit teils erheblichen Investitionen der Hauseigentümer verbunden seien, die aber auch an Mieter weitergereicht werden könnten. Diese hätten auf der anderen Seite erhebliche Einsparungen bei den Nebenkosten.
Neue Klima-Pflichten: Und was bringt es?
Und was bringt das Ganze dem Klima? Im Gebäudesektor und insbesondere bei der Wärme gibt es hohes Potenzial, CO2 zu reduzieren Durch die Solarpflicht könne laut Kerstan zwischen 14.000 und fast 30.000 Tonnen CO2 bis 2030 eingespart werden, durch den Heizungstausch sogar rund 585.000 Tonnen.
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Doch das sind nur Prognosen, denn wie viele Dächer und Heizungen Hamburger in den kommenden Jahren tatsächlich sanieren, ist unklar. Der Senat dagegen sagt, dass mit allen Maßnahmen im neuen Klimaschutzgesetz bis 2030 bis zu drei Millionen Tonnen CO2 eingespart werden könnten. Doch Kappe kritisiert: „Der Senat erstellt die Maßnahmen nur auf Grundlage von Schätzungen und Hoffnung.“
Der BUND Hamburg fordert daher, dass das Monitoring verbessert wird. „Das, was jetzt im Gesetz steht, sollte unbedingt umgesetzt werden“, sagt Lucas Schäfer der MOPO. „Aber es wird nicht reichen – und jeder Paragraf kann nur ein Erfolg werden, wenn man prüft, ob es auch klappt.“ Und zusätzlich zur Umrüstung auf erneuerbare Energie sollte es auch viel mehr Einsparungen geben.