Kleine Revolte in Altona: Wie der Kemal-Altun-Platz zu seinem Namen kam
Die Ottenser nennen ihn seit Jahrzehnten liebevoll den „Kemal“. Gemeint ist der Platz ganz am Ende der Ottenser Hauptstraße rechts, auf dem tagsüber die Kinder spielen, Eltern sich zum Kaffee treffen und viele Menschen ein Päuschen im Grünen einlegen. Offiziell ist der ist der Name Kemal-Altun-Platz bis heute allerdings nicht. Warum eigentlich nicht?
Es war eine Bürgerinitiative aus engagierten Anwohnern, Kirchenvertretern und Politikern linker Parteien, die im Herbst vor 40 Jahren die Umbenennung des brachliegenden Werksgeländes der ehemaligen Maschinenfabrik Menck & Hambrock in Ottensen ins Spiel brachte. Anlass war der Tod des türkischen Studenten Kemal Altun am 30. August 1983 in West-Berlin.
Kemal Altun stürzte sich in den Tod, weil ihm die Abschiebung drohte
Die Ottenser nennen ihn seit Jahrzehnten liebevoll den „Kemal“. Gemeint ist der Platz ganz am Ende der Ottenser Hauptstraße rechts, auf dem tagsüber die Kinder spielen, Eltern sich zum Kaffee treffen und viele Menschen ein Päuschen im Grünen einlegen. Offiziell ist der ist der Name Kemal-Altun-Platz bis heute allerdings nicht. Warum eigentlich nicht?
Es war eine Bürgerinitiative aus engagierten Anwohnern, Kirchenvertretern und Politikern linker Parteien, die im Herbst vor 40 Jahren die Umbenennung des brachliegenden Werksgeländes der ehemaligen Maschinenfabrik Menck & Hambrock in Ottensen ins Spiel brachte. Anlass war der Tod des türkischen Studenten Kemal Altun am 30. August 1983 in West-Berlin.
Kemal Altun stürzte sich in den Tod, weil ihm die Abschiebung drohte
Altun hatte sich das Leben genommen, weil ihm die Abschiebung in die Türkei drohte. Er stürzte sich aus dem Fenster im 6. Stock des Oberverwaltungsgerichts Berlin am Zoologischen Garten, wo der Auslieferungsprozess gegen ihn lief, in die Tiefe und starb.

Altun wusste, was ihm bei einer Rückkehr in die Türkei passieren würde. Denn die damals herrschende Militärdiktatur suchte ihn wegen seiner regimekritischen Einstellungen und hatte sogar einen Haftbefehl ausgestellt. Zahlreiche Gefährten des 23-Jährigen waren ins Gefängnis geworden, gefoltert und ermordet worden.
Der Fall Altun sorgte bundesweit für enormes Aufsehen und für eine heftige Diskussion um die Asylpolitik der Regierung Helmut Kohl. Tragisch: Sechs Monate nach Kemal Altuns Tod erreichte sein Anwalt doch noch eine Klärung des Sachverhalts, und das Gericht gewährte dem Verstorbenen nachträglich Asyl.
Fehlender Hamburg-Bezug: Senat lehnte 2012 die offizielle Benennung in Kemal-Altun-Platz ab
Hamburg war zu diesem Zeitpunkt im damals noch geteilten Deutschland das Zentrum der Asylrechts-Kritiker. Sie organisierten Demonstrationen und Protest-Reisen in die Hauptstadt Bonn. Sie veranstalteten Mahnwachen auf dem leeren Platz in Ottensen, um an Kemal Altun zu erinnern. Und sie sprühten seinen Namen als Graffito an eine Wand. Die Anwohner:innen übernahmen die Bezeichnung. So kam der Platz schleichend zu seinem Namen.

Wenn Flohmärkte auf dem Gelände stattfanden, hieß es in den Veranstaltungskalendern: „Flohmarkt auf dem Kemal-Altun-Platz“. 2012 beschloss die Bezirksversammlung Altona, den Namen auch offiziell zu vergeben. Doch der damalige Senat lehnte die Benennung mit dem fehlenden unmittelbaren Bezug zu Hamburg ab.
Der Journalist Adil Yigit, der von Anfang an Teil der Bürgerinitiative war, meint: „Nirgendwo hat es so viele Veranstaltungen zu Kemal Altun gegeben wie in Hamburg. Die Hansestadt war eine Hochburg der Solidarität und Menschlichkeit.“ Für ihn sei damit der Bezug zur Stadt klar gegeben.
Zum 40. Todesjahr Kemal Altuns werden die Straßenschilder jetzt mit Erklärtafeln versehen
Der Bezirk Altona sah es wohl ähnlich. Trotz der Ablehnung durch die Kulturbehörde wurden Straßenschilder aufgestellt, welche die Fläche als „Kemal-Altun-Platz“ auswiesen. Jetzt – zum 40. Todestag Kemal Altuns – werden die Straßenschilder auf Anregung der Bürgerinitiative noch um eine Erklärtafel ergänzt. Am kommenden Montag werden die Tafeln, die das Schicksal Kemal Altuns beschreiben, an den Schildern befestigt.
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Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg erklärte dazu: „Die zusätzliche Beschilderung am Kemal-Altun-Platz ist ein Zeichen gegen das Vergessen.“ Die Erinnerung an Altuns Tod dürfe nicht verblassen. „Leider handelt es sich hierbei nicht um eine offizielle Benennung. Im Stadtteil aber kennen alle seinen Namen und wissen, wo er sich befindet. Der Kemal-Altun-Platz gehört genauso zu unserem Bezirk wie der Spritzenplatz oder der Blankeneser Marktplatz.“
Auch die Kulturbehörde, die sich damals gegen die Benennung gestellt hatte, zeigt sich versöhnlich: „Der Platz wird von vielen Leuten Kemal-Altun-Platz genannt“, so Sprecher Enno Isermann. Der Bezirk habe den Namenswunsch der Anwohner mit den Schildern erfüllt. „Wir gehen davon aus, dass dies weiterhin auch vor Ort als eine gute Lösung gesehen wird, die dem Gedenken an Kemal Altun die gewünschte Sichtbarkeit gibt.“