Kirchenasyl in Hamburg verhindert in vielen Fällen Abschiebung
Wenn Abschiebung droht, findet mancher Flüchtling Aufnahme in einer Kirchengemeinde. In Hamburg führt das Kirchenasyl in jedem zweiten Fall dazu, dass die Betroffenen zunächst in Deutschland bleiben können.
„In 2024 hatten wir insgesamt 111 Kirchenasyl-Meldungen und in 58 Fällen konnte die Abschiebung aufgrund des sogenannten Kirchenasyls nicht vollzogen werden“, teilte der Sprecher der Innenbehörde, Daniel Schaefer, mit. Ende Mai befanden sich nach Angaben der Innenbehörde 13 Personen im Asyl Hamburger Kirchengemeinden. In allen Fällen gehe es ausschließlich um Abschiebungen in andere EU-Länder nach der Dublin-III-Verordnung. Diese erlaubt Überstellungen nur innerhalb einer bestimmten Frist, in der Regel sechs Monate nach Zustimmung des anderen Mitgliedstaats. Wird die Frist überschritten, ist Deutschland für das Asylverfahren zuständig.
Nur jede fünfte Überstellung verlief 2024 erfolgreich
Nach dem jüngsten Lagebild der Stabsstelle Flüchtlinge des Hamburger Senats gelingt die Überstellung von Asylbewerbern an andere EU-Staaten nur in einem kleinen Teil der Fälle. 2024 sei die Überstellung von 1.567 Personen beantragt worden. In 927 Fällen hätten die angefragten EU-Länder zugestimmt. Letztlich kam es aber nur zu 290 Überstellungen.

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Am 30. September 2024 war zum ersten Mal in Hamburg ein Betroffener aus einem Kirchenasyl abgeschoben worden. Der Afghane wurde nach Schweden gebracht, was bei den Kirchen auf scharfe Kritik stieß. Am 12. Oktober war der Mann nach Angaben des Amtes für Migration wieder illegal nach Deutschland eingereist. Am 19. November wurde er erneut nach Schweden abgeschoben.
Zehn Jahre Vereinbarung zum Kirchenasyl
Für das Kirchenasyl haben Vertreter der katholischen und evangelischen Kirchen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2015 eine Vereinbarung getroffen. Sie sieht vor, dass in besonderen Härtefällen der Asylantrag erneut geprüft wird. Die Kirchen legen dem Bundesamt dazu ein Dossier vor, das den Härtefall ausführlich begründet. Innensenator Andy Grote (SPD) hatte im Herbst im Zusammenhang mit dem Fall des Afghanen darauf hingewiesen, dass der Betroffene das Kirchenasyl verlassen müsse, wenn das Bundesamt die Einwände der Kirche nicht anerkenne.
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Bei einer Mahnwache im vergangenen Oktober in Hamburg hatte die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirsten Fehrs, gesagt: „Kirchenasyl ist kein juristisches Schlupfloch.“ Es sei ein Signal. „Für eine Gesellschaft, die Menschlichkeit vor Bürokratie stellt.“ (dpa/mp)
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