Kirche kündigt ganz besonderer Kita die Räume – jetzt droht das Aus
Auf den ersten Blick ist die KinderVilla Eimsbüttel eine normale Kindertagesstätte. Fünf- bis sechsjährige Jungen und Mädchen laufen herum, lachen, spielen Gesellschaftsspiele. Doch die KiVi, wie die Einrichtung liebevoll genannt wird, ist noch viel mehr als das: Sie ist ein Ort der Inklusion, an den Kinder auch lange nach der Einschulung gern wieder zurückkehren. Doch der besonderen Kita droht jetzt das Aus.
Seit 30 Jahren gibt es die Kindertagesstätte in der Villa neben der Christuskirche in Eimsbüttel nun schon. Um die 50 Kinder werden hier betreut, etwa zehn von ihnen haben besondere Einschränkungen und können in einer „normalen Kita“ nicht betreut werden, wie Kita-Leiterin Anke Wortmann erklärt. „Viele der Beschäftigten haben ebenfalls eine Behinderung“, so die Leiterin.
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Auf den ersten Blick ist die KinderVilla Eimsbüttel eine normale Kindertagesstätte. Fünf- bis sechsjährige Jungen und Mädchen laufen herum, lachen, spielen Gesellschaftsspiele. Doch die KiVi, wie die Einrichtung liebevoll genannt wird, ist noch viel mehr als das: Sie ist ein Ort der Inklusion, an den Kinder auch lange nach der Einschulung gern wieder zurückkehren. Doch der besonderen Kita droht jetzt das Aus: Der Vermieter, die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde, hat Eigenbedarf für das Gebäude angemeldet.
Wer die KiVi Eimsbüttel betritt, bekommt schnell ein Gefühl der Geborgenheit. In der unteren Etage steht eine Mitarbeiterin in der Küche und schneidet frisches Brot für das gemeinsame Frühstück. Oben sitzen die Vorschulkinder mit Erzieherin Laura Smuda und spielen das Spiel „Gefühlsmonster“. Im Nebenraum haben sich Amira, Frida und Frida einen Zoo mit Spielfiguren aufgebaut, quasseln und lachen nebenbei.
Die KinderVilla Eimsbüttel bangt ums Überleben
Seit 30 Jahren gibt es die Kindertagesstätte in der Villa neben der Christuskirche in Eimsbüttel nun schon. Um die 50 Kinder werden hier betreut, etwa zehn von ihnen haben besondere Einschränkungen und können in einer „normalen Kita“ nicht betreut werden, wie Kita-Leiterin Anke Wortmann erklärt. „Viele der Beschäftigten haben ebenfalls eine Behinderung“, so die Leiterin.
Mutter Kerstin Biel, die sich im Vorstand der KiVi für deren Erhalt einsetzt, fügt hinzu: „Auch für Kinder, die schon längst in der Schule sind, bleibt die KiVi ein wichtiger Ort. Es gibt 18-Jährige, die die Einrichtung immer noch einmal wöchentlich besuchen, weil sie so gern hier sind. Das Miteinander zwischen Kindern, Eltern und Betreuern ist hier einfach einmalig.“
Sie betonen, wie wichtig die KiVi für diese Menschen ist. Umso größer war der Schock, als die Kirchengemeinde im Jahr 2016 verkündete, dass sie das Gebäude selbst nutzen möchte. „Es entstand ein Vertrag, nach dem wir noch fünf Jahre in der Villa bleiben dürfen – mit der Möglichkeit, den Zeitraum um zwei Jahre zu verlängern“, berichtet Anke Wortmann. Die fünf Jahre sind nun ausgelaufen und die Verantwortlichen mussten auf die Verlängerungsoption zurückgreifen, da sie bisher keine neuen Räumlichkeiten finden konnten. „Spätestens im September 2023 müssen wir aber endgültig raus“, so die Leiterin.
In ihrem Gesicht zeichnet sich die Sorge ab, die KiVi angesichts der schwierigen Lage auf dem Immobilienmarkt für immer aufgeben zu müssen. „Das würde bedeuten, dass die Kinder auf andere Kitas aufgeteilt werden, dass jahrelange Freundschaften zerstört würden. Zudem ist es sehr schwierig, Einrichtungen für Kinder mit Behinderung zu finden. Die Beschäftigten würden in einer Behindertenwerkstatt oder im schlimmsten Fall in der Arbeitslosigkeit landen“, sagt Anke Wortmann.
Kirche will Mietvertrag aus finanziellen Gründen beenden
Die Kirche ihrerseits sieht trotz der prekären Lage der KiVi keine Möglichkeit für eine Verlängerung des Vertrags. „Sie sagt, dass sie uns schon genug Vorlauf gegeben hat“, sagt Anke Wortmann.
Doch auch die Christuskirche steht unter Druck. Auf MOPO-Anfrage erklärt die Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Claudia Dreyer, dass man die Räumlichkeiten aus finanziellen Gründen für den Eigenbedarf benötige. Denn die Mitglieder werden weniger – und dadurch die eingenommenen Kirchensteuern.
Das Grundstück der KiVi gehört der Stadt, die deshalb die Hälfte der Mieteinnahmen kassiere. Deshalb plane die Gemeinde, die Räumlichkeiten für eigene Institutionen zu nutzen. „Dadurch werden andere Immobilien frei, die wir lukrativer vermieten können“, erläutert Dreyer.
Kitaleiterin Anke Wortmann ist empört, dass die Kirche offenbar nur nach wirtschaftlichen Interessen handelt. Ihre letzte Hoffnung: Mit Hilfe der Presse eine neue Bleibe zu finden. Denn die Anforderungen der KiVi erfüllen nur wenige Gebäude: Für die 50 Kinder braucht es 215 bis 315 Quadratmeter mit einem Preis von maximal 20 Euro pro Quadratmeter, mindestens 100 bis 150 Quadratmeter Außenfläche, zwei bis drei feste Parkplätze in der Nähe. Und das wichtigste: Das Objekt sollte möglichst in der Nähe der alten KiVi in der Fruchtallee neben der Christuskirche liegen.
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„Wir wollen natürlich niemanden rausschmeißen und sind in gutem Gespräch mit der Kita“, betont Gemeinderatsvorsitzende Claudia Dreyer. „Aber am Ende ist ein Vertrag ein Vertrag.“