Hamburgs Karaoke-Legende hat neue Betreiber – das sind die Pläne
Eigentlich war die Große Freiheit nie sein Ding. Zu laut. Zu voll. Zu touristisch. Und auch Karaoke konnte er nichts abgewinnen. Ein einziges Mal war Saudi in der „Thai Oase“. Vor zehn Jahren. In fortgeschrittenem Zustand. Erinnern kann er sich nicht mehr so genau. Heute ist Saudi Wolde-Mikael (49) Mitinhaber der legendären Karaoke-Bar an der Großen Freiheit. Als der Laden vor dem Aus stand, haben der Gastronom und zwei Stammkunden die „Thai Oase“ gerettet. Den Ort, an dem schräge Töne genauso gefeiert werden wie perfekte Performances. An dem jeder ein Star ist, der den Mut aufbringt, die kleine Bühne zu betreten.
Während des Lockdowns war die „Thai Oase“ in massive Schieflage geraten. Eine Spendenaktion brachte rund 34.000 Euro. Aber nicht die Rettung. Die stattliche Summe ist mittlerweile abhandengekommen. Genauso wie die thailändische Besitzerin. Was da lief und warum es derart schlecht um den stets vollen Laden stand – das wissen die neuen Betreiber nicht. „Welches Geld wohin geflossen ist, kann ich nicht sagen. Wir beginnen bei null, werden das Engagement aber trotzdem würdigen und die Namen aller Spender in der Bar verewigen. Wie wird noch nicht verraten“, sagt Saudi.
Eigentlich war die Große Freiheit nie sein Ding. Zu laut. Zu voll. Zu touristisch. Und auch Karaoke konnte er nichts abgewinnen. Ein einziges Mal war Saudi in der „Thai Oase“. Vor zehn Jahren. In fortgeschrittenem Zustand. Erinnern kann er sich nicht mehr so genau. Heute ist Saudi Wolde-Mikael (49) Mitinhaber der legendären Karaoke-Bar an der Großen Freiheit. Als der Laden vor dem Aus stand, haben der Gastronom und zwei Stammkunden die „Thai Oase“ gerettet. Den Ort, an dem schräge Töne genauso gefeiert werden wie perfekte Performances. An dem jeder ein Star ist, der den Mut aufbringt, die kleine Bühne zu betreten.
Während des Lockdowns war die „Thai Oase“ in massive Schieflage geraten. Eine Spendenaktion brachte rund 34.000 Euro. Aber nicht die Rettung. Die stattliche Summe ist mittlerweile abhandengekommen. Genauso wie die thailändische Besitzerin. Was da lief und warum es derart schlecht um den stets vollen Laden stand – das wissen die neuen Betreiber nicht. „Welches Geld wohin geflossen ist, kann ich nicht sagen. Wir beginnen bei null, werden das Engagement aber trotzdem würdigen und die Namen aller Spender in der Bar verewigen. Wie wird noch nicht verraten“, sagt Saudi.
St. Pauli: Karaoke-Bar „Thai Oase“ ist wieder da
Vor einigen Monaten hatte ihn auf einmal sein Freund Philipp gefragt, ob er den legendären Laden mit übernehmen wolle. Auch er sei wie die Jungfrau zum Kinde gekommen. Philipp war seit Jahren Stammgast und kannte die Vermieterin. Die Frau bot ihm kurzerhand an, die Bar zu übernehmen. Die Rettung – für Philipp eine Herzensangelegenheit. Aber auch eine große Sache. So groß, dass sein bester Freund Max mit einstieg und sie auch Saudi fragten. Einen alten Arbeitskollegen aus dem „Internet-Business“. Von dem sie wussten, dass er sich mit Gastronomie auskennt, da er seit 1999 die „Washington-Bar“ an der Bernhard-Nocht-Straße betreibt.

Vor zwei Wochen eröffneten die drei neuen Betreiber. Saudi war schwer aufgeregt. Was, wenn niemand kommt? Was, wenn zwar welche kommen, aber niemand singt? Seine Bedenken – völlig unbegründet. Die Tür ging auf und der Laden war bumsvoll. Wie immer. „Und sofort standen die Ersten trällernd auf der Bühne.“ Dieser kleinen Empore rechts in der Ecke. Mit dem abgewetzten cremefarbenen Leder-Drehstuhl. Auf dem thronte jahrelang der Thailänder Den. Ein massiger Kerl, der die Hoheit über die Karaoke-Anlage hatte und ausdruckslos die Musikwünsche der Feiernden entgegennahm. Der Mann war so was wie der Inbegriff der „Thai Oase“. Er arbeitet jetzt ein paar Meter entfernt im „Colibri“ an der Großen Freiheit.

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Wehmütige Gäste, die sich nach den alten Zeiten sehnen, haben die neuen Betreiber noch nicht erlebt. Zumal sich für die Karaoke-Begeisterten nicht viel verändert hat. Hinterm Tresen arbeitet noch immer die alte Crew, der Türsteher wurde übernommen, DJ Ek ebenfalls. Und auch der alte Charme ist erhalten geblieben. Die mit Bambusmatten verkleideten Wände, die abgewetzten roten Sitzbänke, die dunkelbraunen Tische, die asiatischen Figuren und Bilder. Einzig eine große Discokugel vor der Bühne ist neu dazugekommen. Vorher erinnerte die Beleuchtung an Putzlicht. „Jetzt fühlt sich jeder Gast wie ein Star.“
„Thai Oase“ hat jetzt neue Betreiber
Hinter den Kulissen hat sich allerdings einiges verändert. Insbesondere die Getränke lagen Saudi am Herzen. Klar gibt es noch Astra und Carlsberg. Aber auch neue Longdrinks und ausgewählte Weine werden jetzt geboten. „Und auch die alten Prozesse mussten optimiert werden.“ Wie zum Beispiel das Lager im Keller. Vorher wurde jede Kiste Bier von unten hochgeschleppt. Obwohl es im hinteren Bereich eine ungenutzte Küche gab. Also war klar, dass dort das neue Lager entsteht. Die Küche stammt noch aus den Zeiten, als die „Thai Oase“ ein Restaurant war. „Erst gab es Dinner, danach Karaoke.“ Da das Singen aber viel besser lief als das Essen, wurde Letzteres einfach aufgegeben.

Erst der Umbau, dann die Eröffnung – für Saudi eine schöne, aber auch anstrengende Zeit. Er muss sich neu aufstellen. Schließlich betreibt er auch noch die „Washington-Bar“ und die private Eventlocation „Feierei“ an der Erichstraße. Er arbeitet gerade daran, das alles unter einen Hut zu bekommen und auch noch Zeit für die Familie zu haben. Seine Familie, das sind seine Frau und ihr Sohn aus einer früheren Beziehung. Saudi nennt es ein modernes Patchwork-Konzept. Die beiden wohnen getrennt. Zu unterschiedlich der Lebensrhythmus mit seiner Aktivität bei Nacht. Seit mehr als 20 Jahren wohnt Saudi, der mit seinen aus Äthiopien stammenden Eltern und den drei Brüdern in Osdorf aufwuchs, in Ottensen.
Auf dem Kiez zu leben kommt für den Gastronomen nicht infrage. Er findet es gesund, etwas Abstand zur Arbeit zu haben. Zumal St. Pauli für ihn lange Zeit nur südlich der Reeperbahn attraktiv war. Die Partymeile Große Freiheit, das Gedränge, die Lautstärke und Touristen – das war nie sein Ding. Auch heute nicht. „Ich musste mich erst dran gewöhnen, hier zu sein. Die ,Thai Oase‘ ist aber, wie es der Name schon sagt, eine Oase. Das ist hier abgekapselt von der Meile. Ein Stück altes St. Pauli.“ Ebenso wie seine 1952 eröffnete „Washington-Bar“. Einer der wenigen Läden auf dem Kiez mit Seefahrerromantik aus alten Zeiten. Auch zu diesem Laden kam er durch Zufall.

Schon während der Ausbildung zum Außenhandelskaufmann kellnerte Saudi in der Bar. Irgendwann sagte der Chef, dass er keine Lust mehr habe. Für Saudi war die Schließung undenkbar. Er arbeitete nicht nur in dem Laden. Es war auch sein „zweites Wohnzimmer“. Gemeinsam mit einem Freund übernahm er die Kneipe, in der Freddy Quinn am Tresen von Filmproduzent Jürgen Roland entdeckt worden war, während er schmalzige Country-Songs auf der Gitarre spielte. Freddy Quinn hat der Bar mit „Cigarettes and Whisky“ sogar einen eigenen Song gewidmet. Auch heute ist der Musiker noch Thema. Immer wieder stolpern Gäste von früher herein und fragen nach Freddy Quinn. Kürzlich bekam Saudi eine Mail von einer älteren Dame aus den USA. Sie wollte dem Schlagerstar ein Päckchen schicken und fragte den Bar-Betreiber nach dessen Adresse.
Saudi lacht. Ja, er habe sich große Mühe gegeben, die Anschrift herauszubekommen. Aber ohne Erfolg. Freddy Quinn – das ist lange her. Heute ist sein Laden bekannt für gute DJs und ausgewählte Musik fernab des sonst weit verbreiteten Mainstreams auf St. Pauli. Dem unaufgeregten Mann mit der ruhigen, zugewandten Art geht es nicht um Kommerz. Er will eine Nische schaffen für gute Musik. Für Soul, HipHop und Global Sounds.
Saudi pendelt zwischen „Thai Oase“ und „Washington Bar“
Nachdem es während des Lockdowns schlecht stand um seine „Washington-Bar“, sind die Gäste heute wieder zahlreich da. Viel Arbeit für Saudi. Mit einem alten silbernen Damenfahrrad pendelt er zwischen den Läden hin und her. Allerdings nicht jeden Abend. „Man glaubt immer, dass Gastronomen tagsüber schlafen und abends in ihren Kneipen feiern gehen.“ Weit gefehlt. Seine Arbeit, von Personalplanung bis zum Einkauf, beginnt Montagmorgen und endet am Freitag – wenn das Tagesgeschäft richtig losgeht. Zwar ist er dann auch mal in den Läden, aber deutlich weniger als früher.

Saudi ist der Mann im Hintergrund. Der Optimierer. Sein nächstes Projekt: Im hinteren Teil der „Thai Oase“ wird er eine weitere kleine Bar einbauen lassen. Damit auch bei Hochbetrieb alle Gäste schnell an einen Drink kommen. Um das Tagesgeschäft von Mittwoch- bis Sonntagabend kümmert sich das Team, die Gesichter der Bar sind seine beiden Partner. Hier gehe es nicht darum, als Chef am Tresen zu sitzen, sondern auf der Bühne zu stehen. „Wenn man Max und Philipp von der Kette lässt, sind sie sofort am Singen. Aber die Gäste haben natürlich immer Vorrang“, sagt Saudi lachend.
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Trotz seiner Zweifel hat er sich auch selber schon mit Stammgästen auf die Bühne getraut und ein paar Lieder geträllert. Dabei kann er überhaupt nicht singen. Darum geht es in der „Thai Oase“ aber auch nicht. „Es gibt hier Menschen, die können singen und andere nicht. Es gibt alte Leute, junge, reiche, arme, prominente, unbekannte. Das ist völlig egal.“ In der „Thai Oase“ zählt nur eins: die Angst an der Tür hängen lassen, auf die Bühne gehen und loslegen. Das wird bejubelt. Immer.

Steckbrief: Saudi Wolde-Mikael
Spitzname und Bedeutung: Ich habe keinen. Aus meinem Namen kannst du keinen Spitznamen machen.
Beruf/erlernte Berufe: Mitinhaber der „Thai Oase“ und der „Washington-Bar“, Inhaber der „Feierei“. Gelernter Außenhandelskaufmann und studierter Kulturwissenschaftler.
St. Pauli ist für mich … ein großer Spielplatz. Hier kann man viele unterschiedliche Sachen machen – von Grillen im Park bis hin zu Feiern die ganze Nacht.
Mich nervt es tierisch, wenn … irgendwas an meinem Fahrrad klappert.
Ich träume davon, … irgendwann in der Karibik oder in Tel Aviv zu leben.
Wenn mir einer blöd kommt, … fang ich mit Ignorieren an.
Zum Abschalten … höre ich Jazz.
Als Kind … liebte ich Technik. Ich habe Kassettenrekorder oder andere Sachen auseinander gebaut und danach nicht mehr zusammengekriegt.