Keine Präventivhaft: Was das Urteil zu den „Klima-Klebern“ für die Polizei bedeutet
Zehn Tage vorbeugender Gewahrsam für zwei Klima-Aktivisten, die sich an den Elbbrücken fest betoniert hatten – mit diesem Antrag hatte die Polizei vor dem Amtsgericht Erfolg. Das Landgericht jedoch kassierte die Entscheidung am Mittwoch, die beiden Blockierer mussten umgehend frei gelassen werden. Die Richter am Hamburger Landgericht stellen hohe Anforderungen an die „Präventivhaft“ – das hat Folgen für den Umgang der Polizei mit der „Letzten Generation“.
Zehn Tage vorbeugender Gewahrsam für zwei Klima-Aktivisten, die sich an den Elbbrücken fest betoniert hatten – mit diesem Antrag hatte die Polizei vor dem Amtsgericht Erfolg. Das Landgericht jedoch kassierte die Entscheidung am Mittwoch, die beiden Blockierer mussten umgehend frei gelassen werden. Die Richter am Hamburger Landgericht stellen hohe Anforderungen an die „Präventivhaft“ – das hat Folgen für den Umgang der Polizei mit der „Letzten Generation“.
Acht Unterstützer der „Letzten Generation“ sind am Donnerstagnachmittag noch in polizeilichem Gewahrsam. Zwei weitere Aktivisten, die am Donnerstag orangene Farbe an das Rathaus geschüttet hatten, waren nach wenigen Stunden entlassen worden. Offenbar ist die Farbe leicht zu entfernen, es ist also unklar, ob es sich bei der Aktion überhaupt um eine Sachbeschädigung gehandelt hat.
Wie es mit den acht übrigen Männern und Frauen weitergeht, dazu hat das Landgericht Hamburg am Mittwoch eine wegweisende Entscheidung getroffen, als es die zehntägige Präventivhaft für zwei Aktivisten aufhob – ein Richterspruch, gegen den die Polizei keine Rechtsmittel einlegen kann.
Es ging dabei um zwei Klima-Kleber von den Elbbrücken. Das Amtsgericht war der Argumentation der Polizei gefolgt: Das Duo gehört zur „Letzten Generation“ und diese Gruppierung hat bis zum 6. April Blockaden in Hamburg angekündigt. Man müsse davon ausgehen, dass die beiden sich daran beteiligen und deshalb sei es notwendig, sie zur Verhinderung weiterer Straftaten in polizeilichem Gewahrsam zu lassen und zwar gleich die maximal zulässige Dauer: zehn Tage.
Hamburger Landgericht hebt Präventivhaft auf
Die Richter am Landgericht hingegen stellten fest, dass es keine konkreten Hinweise gebe, dass die beiden sich tatsächlich innerhalb der nächsten zehn Tage wieder an einer Straße festkleben wollen. Und nur die bloße Vermutung reiche nicht aus. Auch die Tatsache, dass beide vor längerer Zeit bereits an Blockaden teilgenommen haben, reicht nicht aus. Das, was gemeinhin als „Präventivhaft“ bekannt ist, dürfe nicht dazu dienen, „irgendwann drohende Gefahren durch erneute Klimaproteste“ zu verhindern, so das Hamburger Landgericht.
Was bedeutet das nun für die zehn Aktivisten in Gewahrsam? Kann die Hamburger Polizei gegen sie überhaupt noch Präventivhaft beantragen? Ja, denn es handelt sich immer um Einzelfallentscheidungen. Aber: Die Polizei muss in jedem Einzelfall plausible Erkenntnisse vortragen, dass die betreffenden Personen tatsächlich konkret vorhaben, innerhalb der nächsten zehn Tage Straftaten zu begehen. Diese hohe Hürde, auf die das Landgericht hingewiesen hat, müssen auch die Richter am Amtsgericht nun bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.
Das bedeutet Präventivhaft
Denn: Die Idee der Präventivhaft ist es, in einem klar definierten Zeitraum Straftaten zu verhindern, etwa, indem Hooligans für die Dauer eines Fußballspiels vorbeugend in polizeilichen Gewahrsam genommen werden. Gerichtssprecher Kai Wantzen zur MOPO: „Die Präventivhaft ist kein Instrument zur Abwehr einer Dauergefahr.“
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Und wenn die beiden nun entlassenen Aktivisten in einigen Wochen wieder von der Straße geschnitten werden müssen? Hat das Landgericht sich mit seiner Prognose dann geirrt? Nein, betont der Gerichtssprecher, die Präventivhaft sei nur dann rechtmäßig, wenn sie unerlässlich ist, um innerhalb ihrer Dauer Straftaten zu verhindern. Um mögliche Taten nach ihrem Ablauf geht es nicht.
Wichtig: Die Entlassung aus der Präventivhaft bedeutet nicht, dass die beiden Aktivisten nicht vor Gericht gestellt und etwa wegen Nötigung verurteilt werden können.