Keine Kontrollen, kaum Personal: Der Irrsinn um die neue Mehrwegpflicht
Schluss mit Verpackungsmüll lautete das Ziel, als Anfang 2023 die Mehrwegpflicht eingeführt wurde. Lieferdienste und alle Lokale, die Essen zum Mitnehmen verkaufen, müssen neben Einweg- auch Mehrwegbehälter anbieten. So auch in Hamburg. Doch halten sich alle Läden daran? Und wer kontrolliert das? Die Hamburger CDU spricht von einer „Farce”, die Verbraucherzentrale von einem „unausgegorenem PR-Ding“.
„Schluss mit Verpackungsmüll“ lautete das Ziel, als Anfang 2023 die Mehrwegpflicht eingeführt wurde. Lieferdienste und alle Lokale, die Essen zum Mitnehmen verkaufen, müssen neben Einweg- auch Mehrwegbehälter anbieten. So auch in Hamburg. Doch halten sich alle Läden daran? Und wer kontrolliert das? Die Hamburger CDU spricht von einer „Farce”, die Verbraucherzentrale von einem „unausgegorenem PR-Ding“.
Der Salat in der Plastikpackung, der Döner in Alufolie, der Kaffee im Pappbecher – unterm Strich bleibt am Ende vor allem eines übrig: viel Müll. Laut des neuen Verpackungsgesetzes müssen Imbisse, Restaurants und Lieferdienste den Verbrauchern seit 01. Januar 2023 Mehrweg-Alternativen anbieten. Bis zu 10.000 Euro Bußgeld drohen bei einem Verstoß. Doch wer kontrolliert eigentlich, ob sich alle daran halten?
Umsetzung der Mehrwegpflicht läuft schleppend
„Kontrollen wurden bisher noch nicht durchgeführt“, heißt es in einer Antwort des Hamburger Senats auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten André Trepoll. Gerade einmal zwei Mitarbeiter kümmern sich in der Umweltbehörde, „soweit das Aufgabenspektrum es zulässt“, um die sogenannte Mehrwegangebotspflicht. Abhängig vom Verstoß würden sich auch anteilig die Mitarbeiter in der Verwaltungsstelle für Ordnungswidrigkeiten kümmern.

Das Verfahren läuft so: Wenn Verstöße bei der Umweltbehörde angezeigt werden, schreiben die Mitarbeiter den betreffenden Betrieb an und er kann dazu Stellung nehmen. Wenn sich im weiteren Verfahren die Verstöße bestätigen, kann eine Anordnung zur Durchsetzung der Pflichten oder ein Bußgeld die Folge sein.
Neun Mal sind bei der Umweltbehörde bisher Meldungen über Verstöße eingegangen. Ob es sich dabei wirklich um Verstöße handelt, werde aber derzeit noch geprüft.
Hamburger Kampagne „Einfach Mehrweg” soll überzeugen
Die Umweltbehörde setzt anstelle von Kontrollen „zunächst verstärkt auf Aufklärung und Überzeugung“ und biete mit der Kampagne „Einfach Mehrweg“ umfangreiche Hilfestellungen. Die Kampagne sollte mit Werbeplakaten, einer Mehrweg-Ausstellung in drei Bankfilialen und Pilotprojekten auf das neue Gesetz aufmerksam machen. 124.000 Euro kostete das Ganze bisher.
Was es gebracht hat, ist nicht ganz klar. Für eine erste Bilanz der Erfahrungen zur Mehrwegangebotspflicht sei der Zeitraum von drei Monaten laut des Senats „noch zu kurz“.
CDU: „Eine Kampagne reicht nicht”
Der CDU-Abgeordnete André Trepoll findet, dass die Mehrwegangebotspflicht durchaus einen Beitrag für den Umweltschutz leisten könnte. „Dass aber weder für die Gastronomen klar erkennbar ist, wie sie ihrer Pflicht konkret nachkommen sollen, noch durch den Senat, der sich immer wieder als Klimaretter darstellt, Personal für die Kontrollen zur Verfügung gestellt wurde, ist eine Farce!“, kritisiert Trepoll. Die Kampagne allein reiche dafür nicht.
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Tatsächlich ist Hamburg mit seiner Herangehensweise aber nicht allein. In vielen deutschen Großstädten gibt es keine Kontrollen des neuen Gesetzes, wie die ARD-Sendung „Plusminus“ aufgedeckt hat. Hier fanden die Reporter lediglich in einem einzigen Berliner Bezirk eine Kontrollgruppe, die aktiv Bußgelder verhängte.
Verbraucherzentrale übt strenge Kritik am Mehrweg-Gesetz
„Das Ganze ist ein unausgegorenes PR-Ding, weil es vom Bundesumweltministerium keine klaren Leitlinien gibt“, sagt Tristan Jorde von der Hamburger Verbraucherzentrale auf MOPO-Anfrage. Er kritisiert auch, dass Alu- und Kartonverpackungen weiterhin genutzt werden dürfen. Das Gesetzt gilt nämlich nur für Läden, die Verpackungen mit Plastikanteilen nutzen.

„Dazu kommt, dass man sich nicht auf ein einheitliches System einigen konnte“, so Jorde. Der Verbraucher kann die verschiedenen Mehrwegprodukte meist nur bei den Lokalen wieder abgeben, bei denen er sie gekauft hat. „Das Angebot wird vom Verbraucher kaum wahrgenommen“, resümiert Jorde.
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„Das Abfallaufkommen ist derzeit insgesamt rückläufig“, heißt es in der Senatsantwort. Diese Entwicklung hänge aber von verschiedenen Faktoren, wie etwa einer Preissteigerung aufgrund der Ukrainekrise, zusammen. Es sei davon auszugehen, dass auch die Mehrwegangebotspflicht dazu beitrage. Heißt: Mit Sicherheit lässt sich das nicht sagen.