Hamburgerin hatte Schlaganfall mit 29: „Jedes Jahr feiern wir meinen Überlebenstag“
Schlaganfälle bekommen nur alte Leute? Falsch gedacht. Die Hamburgerin Lisa Kirchner traf es im Alter von 29 Jahren aus heiterem Himmel. Für sie begann einer langer Kampf zurück ins Leben – der bis heute andauert. Die heute 32-Jährige über ihren jetzigen Alltag und die ersten Anzeichen, die sie wie viele Betroffene missinterpretiert hat.
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Schlaganfälle bekommen nur alte Leute? Falsch gedacht. Die Hamburgerin Lisa Kirchner traf es im Alter von 29 Jahren aus heiterem Himmel. Für sie begann einer langer Kampf zurück ins Leben – der bis heute andauert. Ihr Lächeln hat die heute 32-Jährige jedenfalls nicht verloren.
Lisa Kirchner trägt einen Pagenschnitt, glitzernde Ohrringe und ein farbenfrohes Kleid. Die Augen der jungen Frau leuchten, während sie von ihrem Job, ihrem Mann und ihren Hobbys erzählt. Nichts an ihr deutet darauf hin, dass Kirchner vor drei Jahren fast gestorben wäre.
Lisa Kirchner aus Hamburg erlitt mit 29 einen Schlaganfall
29 Jahre war sie alt, als ein Blutgefäß in ihrem Kopf platzte. Ein Schicksal, das jeden jungen Menschen ereilen kann. „Die typischen Risikofaktoren trafen nicht auf mich zu. Die Ärzte vermuten deshalb einen genetischen Fehler. Ich hatte einfach Pech“, sagt die heute 32-Jährige. Typische Faktoren wären zum Beispiel Bluthochdruck, Übergewicht, Alkoholkonsum, Rauchen oder Bewegungsmangel.
Laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erlitten im Jahr 2019 mindestens 6,3 Prozent der Menschen ab 75 einen Schlaganfall, bei denen unter 55 war es knapp ein Prozent. Rund 14.000 Menschen unter 50 bekamen 2019 die Diagnose und sogar zwei bis acht von 100.000 Kindern, die Dunkelziffer liegt wohl noch höher. Herz- Kreislauferkrankungen wie der Schlaganfall sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Grund ist häufig ein geplatztes Blutgefäß. Typische Anzeichen sind Seh- und Sprachstörungen, Lähmungen, Taubheitsgefühle und – wie bei Kirchner – sehr starke Kopfschmerzen. Erst nach vier Tagen ging sie damit zum Arzt, hielt es zunächst für Migräne. Ein häufiger und fataler Fehler.
Kopfschmerzen bei Schlaganfall: Kirchner hielt es für Migräne
„Am nächsten Tag wurde ich direkt operiert. Es wurde mir Platin in den Kopf gesetzt, welches das Blutgefäß zusammenhält“, erinnert Kirchner sich. „Zuerst konnte ich weder gehen noch richtig sprechen und lag lange auf der Intensivstation. Es folgten fünf Wochen stationäre Reha und bis heute ambulante Behandlung.“
Kirchners Leben sollte nie mehr so sein, wie es vorher war. „Ich habe es mit der Wiedereingliederung in meinen Job in der IT-Branche versucht, aber für einen Vollzeitjob bin ich nicht mehr belastbar genug“, berichtet sie. „Das hat mich hart getroffen.“
Schlaganfall veränderte Kirchners ganzes Leben
Auch ihre Freizeit sieht jetzt anders aus: „Meine linke Seite ist gelähmt, was kaum sichtbar, aber spürbar ist. Deshalb kann ich nicht mehr bouldern“, sagt Kirchner. Und fährt fort: „Auf Elektro-Konzerte muss mein Mann jetzt alleine gehen. Mein Kopf kann diese bunten Lichter nicht verarbeiten.“ Auch Auto darf Kirchner nicht mehr fahren. Anderen Leuten dabei zuschauen dagegen schon: Und so kann das Paar die gemeinsame Liebe zur Formel 1 weiter ausleben.
Auch während Kirchner über ihre Einschränkungen spricht, hört sie nicht auf zu lächeln. „Jedes Jahr feiern mein Mann und ich meinen ‚Überlebenstag‘“, sagt die 32-Jährige.
Ihren positiven Blick auf die Welt vermittelt Kirchner anderen Menschen in Gruppen- und Einzelkursen. „Darin habe ich eine neue Aufgabe gefunden“, sagt sie glücklich. Mit Meditationskursen hilft sie anderen Betroffenen, ihre Situation zu akzeptieren und einen besseren Umgang damit zu finden.
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„Zu sagen, dass meine Krankheit einen Sinn hat, ist mir zu hoch gegriffen, denn ich habe mir diese Situation nicht gewünscht“, sagt Kirchner. „Aber ich versuche, etwas Sinnvolles zu erschaffen.“ Und dann lächelt sie wieder breit.