Panik und Angst um Partei? So reagiert die Linke auf „Rampensau” Wagenknecht
Es geht ein Gespenst um in der Linken. Sein Name: Sarah Wagenknecht. Seit die beliebteste aber auch umstrittenste Linken-Politikerin damit kokettiert, eine eigene Partei zu gründen, läuten bei der Linken die Alarmglocken. Eine Spaltung der Partei - die bei der Bundestagswahl nicht einmal die 5-Prozent-Hürde übersprang - könnte im Bund und vielen Bundesländern das parlamentarische Aus bedeuten. Wird Wagenknecht die Totengräberin der Linkspartei?
Es geht ein Gespenst um in der Linken. Sein Name: Sahra Wagenknecht. Seit die beliebteste, aber auch umstrittenste Linken-Politikerin damit kokettiert, eine eigene Partei zu gründen, läuten bei der Linken die Alarmglocken. Eine Spaltung der Partei – die bei der Bundestagswahl nicht einmal die 5-Prozent-Hürde übersprang – könnte im Bund und vielen Bundesländern das parlamentarische Aus bedeuten. Wird Wagenknecht die Totengräberin der Linkspartei?
Panik vor dem Untergang auch bei der Hamburger Linken? Davon ist wenig zu spüren. Der Gemütszustand der Partei erinnert eher an einen schwerkranken Patienten vor der OP, die sein Leiden komplett heilen könnte, wenn er sie denn überlebt. Zwar kann eine Wagenknecht-Partei das Ende für die Linke auch in der Bürgerschaft 2025 bedeuten, aber auch die Chance, deutlich mehr Wähler:innen zu mobilisieren. „Wir sehen das Ganze recht gelassen“, verrät die Hamburger Parteisprecherin der Linken, Sabine Ritter.
Die Optimist:innen innerhalb der Linken machen eine eigene Rechnung auf: „Wir hören ständig: Solange Wagenknecht bei euch an prominenter Stelle mitmischt, seid ihr für mich nicht wählbar“, berichtet ein führendes Hamburger Parteimitglied. Seit Jahren gebe es in der Linken – auch bedingt durch Wagenknecht – „zu jedem Thema zwei komplett gegensätzliche Ansichten – wer soll uns da noch wählen?“ So wie die Partei heute aufgestellt ist, habe sie „keine Chance, die nächsten Wahlen zu überstehen.“

„Sollte Sahra Wagenknecht eine eigene Partei gründen, wird sie auch Hamburger Parteimitglieder und Wähler:innen mit sich nehmen. Das wäre natürlich bitter“, ahnt Parteisprecherin Ritter, betont aber: „Gleichzeitig besteht die Chance, dass dann Menschen den Weg zu unserer Partei finden, die von Wagenknechts Positionen zu Geflüchteten, zu Queers, zu Russlands Krieg in der Ukraine verprellt sind und dass die, welche uns deswegen bereits den Rücken gekehrt haben, zurückkommen.“ Wegen der 53-Jährigen hätte es in Hamburg zuletzt zahlreiche Parteiaustritte gegeben und auch die schlechten Wahlprognosen seien Wagenknecht geschuldet.
Genau auf der 5-Prozent-Hürde würde die Linke nach der aktuellsten Wahlumfrage landen, wenn Hamburg heute wählen würde. 2020 bekam die Partei bei den Bürgerschaftswahlen noch respektable 9,1 Prozent, doch seitdem befinden sich die Prognosen, angefeuert vom bundesweiten Partei-Niedergang, im Sinkflug.
Wagenknecht: Mickrige 2,1 Prozent bei Spitzenkandidatur bei NRW-Landtagswahl
Angst vor Wagenknecht? Eher nicht. Zuletzt scheiterte die Ikone der Linken zweimal krachend. Der Versuch, mit „Aufstehen“ eine linke Sammlungsbewegung auf die Beine zu stellen, ging ebenso katastrophal daneben wie ihre Spitzenkandidatur für die Linke bei der NRW-Landtagswahl 2021, bei der sie mickrige 2,1 Prozent erhielt. Hier zeigte sich: Wagenknecht verfügt zwar im Osten der Republik über eine stattliche Fangemeinde, verfängt aber nicht in den westdeutschen Metropolen.
Auch in Hamburg hat sie keine Basis. Hier fehlt ihr prominentes Personal für eine erfolgreiche Kandidatur, da alle stadtbekannten Links-Politiker:innen dem pragmatischen Parteiflügel angehören. Sowohl die Parteispitze wie die Bürgerschaftsfraktion sind strikt auf Anti-Wagenknecht-Kurs. Lediglich die Hamburger Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic gilt als treue Wagenknecht-Vasallin, doch das Tischtuch zwischen ihr und dem Landesverband ist komplett zerschnitten.
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Doch statt der Linken könnte es auch die Hamburger AfD treffen – oder beide. Eine INSA-Umfrage belegt, dass Wagenknecht ganz links wie auch ganz rechts fast gleichermaßen gut ankommt. Bei den Anhänger:innen der Linken ist sie bundesweit mit Abstand die beliebteste Politikerin, doch auch bei den Wähler:innen der AfD liegt sie hinter Alice Weidel auf Platz zwei. Und die AfD steht in der aktuellsten Hamburger Wahlhochrechnung mit genau 5 Prozent ebenfalls auf der Kippe.
Doch noch ist ja unklar, ob AfD und Linke überhaupt zittern müssen. Dass es Wagenknecht tatsächlich gelingt, eine erfolgreiche Wahlvereinigung auf die Beine zu stellen, daran glauben viele Linke nicht. Wagenknecht gilt zwar als „Rampensau“, der organisatorisch unglaublich aufwändige Aufbau einer bundesweit agierenden Partei gehört aber definitiv nicht zu ihren Kernkompetenzen – das müssten andere für sie übernehmen. Und wie lange sich aus den Waffenlieferungen an die Ukraine noch politischer Honig saugen lässt, steht in den Sternen.
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Vielleicht „ergibt sich politisch etwas Neues“, lässt Wagenknecht sich in Hinblick auf ihren geplanten Abschied aus der Bundestagsfraktion der Linken zitieren, sonst werde sie sich „aus der Politik zurückziehen.“ Das wäre für viele ihrer Noch-Parteifreund:innen zu schön, um wirklich wahr zu sein.