Olivia Jones ist Stammkundin: „Für meine Perücken geben Dragqueens 1500 Euro aus!“
„Bloß nicht natürlich!“, beschreibt Karl Gadzali seine Arbeiten. Der 52-Jährige ist Perücken-Designer und fertigt aufwendige Einzelstücke für Dragqueens. Einen Dreimaster nur aus Haar? Für den gelernten Friseur kein Problem. Wie ein Schicksalsschlag ihn zu seiner Leidenschaft gebracht hat, wie teuer so ein Kunstwerk ist – und worauf er bei den Exemplaren für Olivia Jones besonders achten muss.
„Bloß nicht natürlich!“, beschreibt Karl Gadzali seine Arbeiten: Der 52-Jährige ist Perücken-Designer und fertigt aufwendige Einzelstücke für Dragqueens. Ein Dreimaster nur aus Haar? Für den gelernten Friseur kein Problem. Wie ein Schicksalsschlag ihn zu seiner Leidenschaft gebracht hat, wie teuer so ein Kunstwerk ist – und worauf er bei den Exemplaren für Olivia Jones besonders achten muss.
Der Arbeitsplatz von Karl Gadzali ist gleichzeitig auch sein Wohn- und Schlafzimmer: In seiner Einzimmerwohung in St. Georg steht der 52-Jährige vor einer Drahtkonstruktion und betrachtet das Gestell im Spiegel. „Vielleicht muss es noch ein bisschen größer…“, murmelt der Perücken-Designer.
Perücken für Dragqueens: Alles beginnt mit einem Drahtgestell
Die Drahtkonstruktion – der sogenannte „Cage“– ist das Grundgerüst für alle Perücken von Karl Gadzali. Um die Streben wird ein Netz gespannt und daran dann die einzelnen Haarteile angebracht.

Sein aktuelles Projekt: Eine „Patchwork-Perücke“. Kult-Dragqueen Olivia Jones hat ihm dafür 20 alte Perücken gegeben, woraus Gadzali jetzt eine neue „Wig“ – so der englische Begriffe für Perücke – designen wird.

Karl Gadzali ist gelernter Friseur – doch seine Arbeit als Perücken-Designer hat wenig mit seinem alten Beruf zu tun, sagt er. „Synthetisches Haar hat ganz andere Eigenschaften als Echthaar“, erklärt der 52-Jährige, der usprünglich aus dem Schwarzwald kommt und seit 32 Jahren in Hamburg lebt.
Vor fünf Jahre hatte Gadzali einen Schlaganfall. „Das hat mein Leben in eine komplett andere Richtung gelenkt – ich wollte danach nur noch das machen, was mir Spaß bereitet“, sagt Gadzali rückblickend. Den ganzen Tag Stammkunschaft zu bedienen sei ihm irgendwann zu langweilig geworden.
Perücken-Design: „Das ist bunt, groß, kreativ und individuell“
Vor zehn Jahren hatte er schon langsam mit dem Perücken-Design angefangen, hat sich das selber beigebracht. Bei einem Fashion-Shooting vor drei oder vier Jahren, bei dem er Perücken entwarf, habe er dann gemerkt: „Das ist das, was ich machen möchte – das ist bunt, groß, kreativ und individuell.“

Er machte sich selbstständig – und ist sehr erfolgreich: Seine Wartezeiten betragen derzeit rund acht Monate. „Die Hamburger Mädels kennen mich alle“, sagt der 52-Jährige. Seine Werke verschickt er in die ganze Welt, zum Beispiel nach Tokio oder San Francisco. „Drag ist teuer“, sagt Gazali. Eine Perücke kostet bei ihm zwischen 450 und 1500 Euro – je nach Aufwand.
Die Kunden würden meistens durch seine Social-Media-Auftritte auf ihn aufmerksam werden und ihn dann anschreiben, sagt Gadzali. „Sie geben mir eine grobe Richtung vor und ich erstelle dann einen Bauplan für ein individuelles Design. Ich möchte, dass man meine Handschrift erkennt.“
„Es muss nicht immer ein Spiegelei sein“
Er würde es besonders lieben, Illusionen zu schaffen und zeigt auf eine Perücke, die aussieht wie ein Spiegelei. 20 Stunden würde er für eine Perücke brauchen, bei besonders aufwendigen Exemplaren aber auch mehrere Monate.
„Es muss nicht immer ein Spiegelei sein“, sagt der Designer, eine schöne Locke zu entwickeln würde ihm auch Spaß machen – aber: „Strass geht immer. Natürliche Designs sind nicht mein Ding.“ Ab dem nächsten Jahr wolle er deshalb nur noch aufwendige Aufträge annehmen.
Selber kann sich Karl Gadzali übrigens nicht vorstellen, als Dragqueen aufzutreten. „Ich habe das nicht in mir“, sagt er. „Meine Tattoos sind mein Drag“, so der 52-Jährige – unter anderem Kirschen und ein Kleeblatt schmücken sein Gesicht. Nach seinem Herzinfarkt hat er sich den Schriftzug „Hard to kill“ auf den Kieferknochen stechen lassen.
Karl Gadzali hat die Perücken für die RTL-Show „Viva la Diva“ designt
Eines seiner Lieblingswerke: Eine Perücke, die aussah wie eine überdimensionale Rose. Gadzali hat sie für die RTL-Show „Viva la Diva“ designt, bei der sich Prominente in Dragqueens verwandeln – Gadzali war mit am Set und war beispielsweise für die Haarprachten von „Supertalent“-Juror Bruce Darnell und Schauspieler Hardy Krüger Jr. verantwortlich.

Eine Schwierigkeit bei diesen Perücken: „Die Männer sind das ja gar nicht gewöhnt – da mussten die Wigs schon robuster sein, wenn die da über die Bühne marschieren“, sagt Gadzali und lacht.
Das ist natürlich ganz anders bei Stammkundin Olivia Jones, die seit Jahrzehnten an das Tragen von Perücken gewöhnt ist. Aufgrund ihrer breiten Schultern müsse Gadzali besonders viel Haar für den Hinterkopf verwenden. „Außerdem hat sie immer eine Strähne an der Stirn und an der Schläfe hängen ein paar Haare nach unten“, sagt Gadzali.
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„Ich mag Herausforderungen“, erklärt Gadzali die Leidenschaft für seinen Beruf. „Und ich liebe es, ein Teil von Drag sein zu können. Ich mache gerne schöne Dinge – ich kann auch Fliesenlegen, so ist es nicht – aber ich kann mich hier einfach total ausleben“. Er betrachtet nochmal das Drahtgestell von Olivias „Patchwork-Perücke“ und sagt: „Ich glaube, ich lasse die Größe doch so.“