Justiz-Fiasko in Hamburg: Frau sitzt sieben Monate unschuldig in Haft – ohne ihr Baby
Die hochschwangere Klara P. (38, Name geändert) soll in Hamburg einen Mann mit bloßen Händen getötet haben. Sie habe ihn in seiner Wohnung zu Boden gebracht, ihm die Rippen gebrochen und die Atemwege zugedrückt. Der Mann erstickte. So stellte es zumindest die Staatsanwaltschaft dar. Bereits am ersten Prozesstag kamen Zweifel an dem Vorwurf auf. Jetzt ist klar: Klara P. geriet nach der Entbindung in ein Justiz-Fiasko.
Die hochschwangere Klara P. (38, Name geändert) soll einen Mann mit bloßen Händen getötet haben. Sie habe den Gastronom in seiner Wohnung zu Boden gebracht, ihm die Rippen gebrochen und die Atemwege zugedrückt, bis der 69-Jährige erstickte. So stellte es zumindest die Staatsanwaltschaft dar. Bereits am ersten Prozesstag kamen Zweifel an dem Vorwurf auf. Jetzt ist klar: Klara P. saß nach der Entbindung monatelang unschuldig in U-Haft – ohne ihr Neugeborenes.
„Sie können diese Hauptverhandlung nach vier Tagen mit einem Freispruch enden lassen“, so beginnt die Verteidigung von Klara P. ihren Vortrag am Prozessauftakt im Juni 2023. Die zwei Verteidigerinnen Fenna Busmann und Katrin Hawickhorst bedeuteten für die Angeklagte im Mord-Prozess Glück im Unglück – denn sie ärgerten sich dermaßen über dieses Justiz-Fiasko, dass sie sich außergewöhnlich engagiert für ihre Mandantin einsetzten.
Hamburg: Frau wird wegen Mordes angeklagt – trotz Alibi
„Sehen Sie sich die Angeklagte an! Sie soll einen Mann, den sie erst ein Mal gesehen hat, mit bloßen Händen getötet haben?“, fragt die Verteidigung. „Es gibt kein Motiv.“ Das sieht die Staatsanwaltschaft anders: Mord aus Habgier lautete ihr Vorwurf. „Wäre hierfür nicht vorausgesetzt, dass etwas entwendet wurde?“, entgegneten die Verteidigerinnen. Wie die Polizei feststellte, fanden sich in der Wohnung des Toten an der Bürgerweide (Borgfelde) nach wie vor zwei Handys, ein Tresor, ein Laptop und Bargeld.
Zudem habe die Angeklagte ein Alibi, so die Verteidigerinnen. Am 12. Mai 2022 habe Klara P. zusammen mit einer anderen Frau ein Hotelzimmer geputzt, fünf Stunden lang. Die Frau würde das bestätigen.
Tatsächlich war die Zeugin auch dem Gericht vor Prozessbeginn bekannt. Doch die Staatsanwaltschaft und die zuständige Kammer des Landgerichts hielten das Alibi nach ihren Ermittlungen für nicht glaubwürdig. Klara P. galt als dringend tatverdächtig und wurde angeklagt – weil unter einem Fingernagel des Opfers und an seiner Kleidung DNA-Spuren von ihr gefunden wurden.
Prozess: Staatsanwaltschaft rudert nach Monaten zurück
Die einfache Erklärung für diesen Fund liefern die Verteidigerinnen bereits zum Prozess-Auftakt: Aus einem Chatverlauf zwischen Klara P. und dem späteren Opfer geht hervor, dass die Angeklagte fünf Tage vor der Tat bei ihm zu Hause war – ein Probearbeiten für einen Job als Köchin und Haushaltshilfe.
Für die Verteidigerinnen steht von Anfang an fest: Klara P. hätte niemals angeklagt werden dürfen. Mittlerweile rudert die Staatsanwaltschaft zurück. „Die Bewertung des Tatverdachts hat sich im Verlauf der Hauptverhandlung maßgeblich durch die Vernehmung der Alibi-Zeugin geändert“, erklärt Kai Wantzen, Sprecher des Gerichts, gegenüber der MOPO. Die Staatsanwaltschaft plädiert nun auch auf Freispruch. Am Montag soll vor dem Landgericht Hamburg das Urteil fallen.
217 Tage saß Klara P. im Gefängnis: Am 14. Dezember 2022 wurde sie verhaftet, am 19. Juli 2023 wieder entlassen. Bei Haftantritt war ihr Baby bereits geboren, doch sie durfte es im Gefängnis nicht bei sich behalten. Immerhin: Gesehen hat sie es weiterhin – wenn auch nur dreimal die Woche.
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Für die Tage in U-Haft wird sie nach ihrem voraussichtlichen Freispruch am Montag entschädigt: 75 Euro bekommt sie für jeden Tag in Gefangenschaft, insgesamt also 16.275 Euro. Das dürfte nur ein kleiner Trost für sie sein. „Wenn sich herausstellt, dass ein Mensch unschuldig in Haft war, ist es immer eine menschliche Tragödie, egal, wie stark die Verdachtsmomente ursprünglich waren“, so Gerichtssprecher Wantzen.