Ist das wirklich ehrlich? So unwichtig sind den Hamburgern ihre Parkplätze
Trifft die städtische IBA Hamburg den Puls der Zeit mit ihrer Planung eines autoarmen neuen Stadtteils in Oberbillwerder? Oder sagen Menschen, wenn sie befragt werden, notorisch das, was der Interviewer hören will oder was als politisch korrekt gilt? Laut einer Forsa-Umfrage jedenfalls finden nur zwölf Prozent der Hamburger Autofahrer einen nahen Parkplatz wichtig. Für die IBA-Planer kommt das sehr gelegen – sie haben ein bislang in Hamburg einzigartiges Mobilitätskonzept im Sinn, Parkplätze sind nur an ganz bestimmten Orten vorgesehen und auch nur für einen Teil der Bewohner. Wichtiger ist den Hamburgern der Umfrage zufolge etwas ganz anderes in ihrem direkten Umfeld.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Neukunden lesen die ersten 4 Wochen für nur 1 €!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen //
online kündbarMOPO+ Jahresabo
für 79,00 €Jetzt sichern!Spare 23 Prozent!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach zum gleichen Preis lesen //
online kündbar
Trifft die städtische IBA Hamburg den Puls der Zeit mit ihrer Planung eines autoarmen neuen Stadtteils in Oberbillwerder? Oder sagen Menschen, wenn sie befragt werden, notorisch das, was der Interviewer hören will oder was als politisch korrekt gilt? Laut einer Forsa-Umfrage jedenfalls finden nur zwölf Prozent der Hamburger Autofahrer einen nahen Parkplatz wichtig. Für die IBA-Planer kommt das sehr gelegen – sie haben ein bislang in Hamburg einzigartiges Mobilitätskonzept im Sinn, Parkplätze sind nur an ganz bestimmten Orten vorgesehen und auch nur für einen Teil der Bewohner. Wichtiger ist den Hamburgern der Umfrage zufolge etwas ganz anderes in ihrem direkten Umfeld.
Noch ist dort westlich von Bergedorf nichts als Grünland zu sehen, aber ab 2029 sollen die ersten Bewohner in Oberbillwerder einziehen. Das ist noch recht lange hin und auch deshalb betonen die IBA-Verantwortlichen, dass sie einen Stadtteil für die Zukunft planen. Und zwar eine autoarme Zukunft mit guter ÖPNV-Anbindung. Stellplätze soll es im öffentlichen Raum nicht geben, nicht am Straßenrand und auch nicht in Tiefgaragen. Autos werden nur in speziellen Parkhäusern (sogenannte Mobility Hubs) abgestellt.
Davon wird es voraussichtlich zwölf Stück geben und die IBA-Planer versprechen, dass dann niemand vom Auto zu seiner Wohnung weiter als 250 Meter laufen muss. Eine Strecke, die womöglich so mancher leider bisher sogar zum Brötchen holen noch mit dem Auto zurücklegt. Mit vollem Kofferraum nach dem Wocheneinkauf dürfte das Parken abseits der Wohnung noch unbeliebter sein. Doch laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage, die die IBA zu Oberbillwerder in Auftrag gegeben hat, ist das überraschenderweise für die meisten schon heute kein Problem.
Oberbillwerder: Kaum jemand will Parkplatz vor der Tür
Denn auf die Frage, was sich die Menschen unmittelbar vor der eigenen Haustür am meisten wünschen, gaben bei vorgegebenen Antwortmöglichkeiten 75 Prozent „Natur und Grün“ an, Parkplätze waren nur für zwölf Prozent der Autobesitzer wichtig. Bei den Befragten ohne Auto waren es sogar nur zwei Prozent. Restaurants und Geschäfte gaben 18 Prozent als in unmittelbarer Nähe wünschenswert an.
Kay Gätgens, Geschäftsführer der IBA Hamburg, freut sich über die Antworten der Hamburger: „Die Forsa-Umfrage zeigt, dass wir mit unseren Planungen für einen autoarmen Stadtteil mit Mobility Hubs, der optimal an den ÖPNV angebunden ist, auf dem richtigen Weg sind.“ Auf die Frage, wie wichtig ihnen eine gute ÖPNV-Anbindung ist, gaben 57 Prozent der Autobesitzer an, dass es ihnen wichtig bis sehr wichtig sei. Bei Befragten ohne Auto waren es 87 Prozent.
Mobility Hubs statt Parkplätze am Straßenrand
In den Mobility Hubs sollen im Erdgeschoss Geschäfte einziehen, in den Stockwerken darüber parken dann die Autos. Insgesamt sind dort rund 5000 Stellplätze geplant, davon 1100 für Gewerbe. Auf zwei Wohnungen kommt damit grob ein Parkplatz. Der sogenannte Stellplatzschlüssel liegt bei 0,6 (zum Vergleich: Hafencity 0,4). Für den unwahrscheinlichen Fall, dass irgendwann überhaupt niemand mehr Auto fahren will, können die Hubs auch zu Wohnungen umgebaut werden.
Das könnte Sie auch interessieren: Straße in der City wird autofreie Flaniermeile
In einer frühen Vorstellung der Parkplatzpläne hatte die damalige IBA-Chefin und heutige Bausenatorin Karen Pein (SPD) die von Kritikern noch als zu hoch empfundene Stellplatz-Zahl auch damit verteidigt, dass die Gefahr bestehe, dass zu viele Autofahrer aus Oberbillwerder ihre Wagen sonst im angrenzenden Bergedorf-West abstellen und dort alles zuparken.
Aber ab nächstem Jahr sollen die Flächen in Oberbillwerder hergerichtet werden, der Hochbau ist für 2027 geplant. An die 20.000 Menschen könnten ab 2029 in Hamburgs 105. Stadtteil wohnen.