Investor Benko hat Probleme: Wackelt der Elbtower?
Die Finanzierung des „Elbtowers“ wackelt. Droht Hamburg an den Elbbrücken eine Bauruine? Das fragen sich in Hamburg inzwischen nicht nur Kritiker des 245-Meter-Towers, sondern auch immer mehr Insider aus der Immobilienbranche. Fakt ist: Für Elbtower-Investor René Benko und seine Firma Signa haben sich die Rahmenbedingungen dramatisch verändert. Den risikofreudigen Unternehmer hat die Krise der Immobilienbranche zur Unzeit erwischt. Die Mischung aus steigenden Zinsen und explodierenden Bau- und Rohstoffkosten ist für den 45-Jährigen toxisch.
Die Finanzierung des „Elbtowers“ wackelt. Droht Hamburg an den Elbbrücken eine Bauruine? Das fragen sich in Hamburg inzwischen nicht nur Kritiker des 245-Meter-Towers, sondern auch immer mehr Insider aus der Immobilienbranche. Fakt ist: Für Elbtower-Investor René Benko und seine Firma Signa haben sich die Rahmenbedingungen dramatisch verändert. Den risikofreudigen Unternehmer hat die Krise der Immobilienbranche zur Unzeit erwischt. Die Mischung aus steigenden Zinsen und explodierenden Bau- und Rohstoffkosten ist für den 45-Jährigen toxisch.
Die MOPO schreibt schon seit Jahren kritisch über die Elbtower-Pläne. Fast immer reagierte Signa, Benkos Unternehmen, das in Hamburg diverse Immobilien besitzt, sachlich und professionell. Doch auf die aktuelle Anfrage zur Elbtower-Finanzierung antwortete der Signa-Pressesprecher erstmals nicht. Stattdessen meldete sich Prof. Christian Schertz, Deutschlands wohl bekanntester Medienanwalt, und drohte im Namen Signas bei „kreditschädigender Berichterstattung“ mit einer Klage auf „materiellen Schadenersatz”. Da fällt einem das Sprichwort „Getroffene Hunde bellen” ein.
Ein kurzer Rückblick auf die Entstehungsgeschichte der Planungen für Hamburgs höchstes Gebäude: Im Jahr 2018, kurz vor Ende seiner Amtszeit als Hamburger Bürgermeister, hatte Olaf Scholz (SPD) das Projekt „Elbtower“ persönlich vorangetrieben und sich schnell auf Investor Rene Benko festgelegt. Warum? Das blieb unklar.

2019 beschloss die Bürgerschaft den Verkauf des Grundstücks unweit des S-Bahnhofs Elbbrücken an Benkos Firma Signa. Dabei gab es zwei zentrale Bedingungen: Die Erfüllung einer Vorvermietungsquote von 50 Prozent. Und: Der Nachweis der Bau-Finanzierung. Ziel war es, ein ähnliches Bau-Desaster zu vermeiden, wie Hamburg es bei der Elbphilharmonie erlebt hatte.
November 2022: Jubel über Finanzierungsnachweis
Am 30.11.2022 jubelte dann Timo Herzberg, Signa-Chef und enger Mitarbeiter Benkos: „Der nächste Meilenstein auf dem Weg zum Baustart des Elbtowers ist erreicht. Heute morgen haben wir von der HafenCity Hamburg GmbH die Bestätigung erhalten, dass der erforderliche Finanzierungsnachweis sowie der Nachweis über die Vorvermietung für den Baubeginn erfüllt sind”. Benkos Haupt-Finanzierer war zu diesem Zeitpunkt die Hessische Landesbank Helaba.
Diese hat sich zu der Geschäftsbeziehung mit Signa und zum Umfang der Finanzierung bisher nicht geäußert. Nun erhielt die MOPO den Hinweis, dass sich das Geldhaus zurückgezogen haben könnte.
Damit konfrontiert, ließ Signa den eingangs erwähnten Rechtsanwalt Schertz antworten: „Die Behauptung, die Helaba habe sich aus der Finanzierung des Projektes Elbtower zurückgezogen, ist falsch. Signa hat sich vielmehr entschieden, das Projekt Elbtower in der jetzigen Phase mit Eigenkapital und gemeinsam mit einem deutschen Versicherungskonzern zu finanzieren.“ In einer „zweiten Phase“ wolle man dann unverändert das Projekt neben dem Einsatz von Eigenkapital mit einem Banken- und Versicherungskonsortium unter Beteiligung der Helaba finanzieren, so Schertz.
Nebulöse Darstellung wirft Fragen auf
Klar ist: Bei dem deutschen Versicherungskonzern handelt es sich um das Hamburger Unternehmen Signal-Iduna. Nach MOPO-Information soll der Konzern eine gut verzinste kurzfristige „Überbrückungsfinanzierung“ in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags zur Verfügung gestellt haben. Bei aktuell auf 950 Millionen Euro geschätzten Gesamtbaukosten für den Elbtower wäre das ein eher kleiner Teil. Bleiben erhebliche Restkosten. Und die kann Signa mal eben mit Eigenkapital stemmen? Signa verweigerte dazu Angaben.
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„Jetzt könnte passieren, wovor ich immer gewarnt habe. Falls das Finanzgebilde von René Benko in sich zusammenbricht, würde über Jahre eine Bauruine den Eingang von Hamburg verschandeln. Es braucht schnellstmöglich Transparenz darüber, wie es mit dem Elbtower weitergeht”, sagt der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Markus Schreiber im Gespräch mit der MOPO.
Die zuständige Behörde für Stadtentwicklung teilte auf Nachfrage der MOPO mit, dass Signa den vereinbarten verbindlichen Finanzierungsnachweis fristgerecht erbracht hätte. Dieser sei extern geprüft und bestätigt worden. Zur aktuellen Entwicklung hieß es: „Grundsätzlich erwartet die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, dass die vertraglich vereinbarten Verpflichtungen eingehalten werden. Nach dem bisherigen Baufortschritt gibt es bisher auch keine Zweifel an einem vertragsgemäßen Fortgang der Arbeiten.“
Das bekräftigt auch Anwalt Schertz im Namen von Elbtower-Investor Signa: „Der Baufortschritt des Elbtowers befindet sich vor dem Zeitplan. Das Gebäude wird planmäßig 2025 fertig gestellt.”
Sind die ausgewiesenen Gewinne bloße Wertsteigerungen von Grundstücken?
René Benko hat in den vergangenen 10 bis 15 Jahren an dem Immobilien-Boom gut verdient und seinen Geldgebern hervorragende Renditen gezahlt. Doch so viel unternehmerisches Geschick brauchte es dafür nicht. Benko konnte in Zeiten stetig steigender Preise sicher sein, dass eine Immobilie, die 100 Millionen Euro kostete, ein oder zwei Jahre später schon mit 150 bis 200 Millionen bewertet wurde. So war es ein Leichtes, auf dieser Basis weitere Kredite zu bekommen. Mit diesem Geld kaufte man dann die nächste Immobilie – und so weiter und so fort …
Die ausgewiesenen Gewinne waren also oft bloß die inzwischen von allein eingetretenen Wertsteigerungen von Grundstücken und Gebäuden.
Doch das war egal. Die Kreditzinsen für Immobilienkäufe lagen teils bei unter einem Prozent – und Benkos Laden lief. Inzwischen liegen die Zinsen bei etwa fünf Prozent. Und: Risikofreudige Investoren müssen für Kredite sogar teils deutlich mehr als zehn Prozent zahlen. Experten sprechen bei Benkos Firma Signa von einem „volatilen Geschäftsmodell“: bestimmt von schwankenden Werten.
Laut der „Wirtschaftswoche” war René Benko mit seinem alten Kumpel, dem österreichischen Ex-Kanzler Sebastian Kurz, vor kurzem in Katar und sprach dort mit potenziellen Investoren. Nach MOPO-Informationen soll Benko auch in London nach möglichen Geldgebern gesucht haben. Mit Erfolg? Das ist unklar. Signa äußerte sich dazu nicht.
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Die steigenden Zinsen und hohe Bau- und Energiekosten sind nicht Benkos einzige Probleme. Da ist Galeria Karstadt-Kaufhof, auch dieses Unternehmen gehört zu Benkos Firmengeflecht. Trotz deutscher Staatshilfen in Höhe von mehr als 600 Millionen Euro gab es hier erneut eine Insolvenz.
Und juristischen Ärger hat René Benko außerdem. Er selbst wurde Anfang des Jahres in einem Korruptionsverfahren von einem Wiener Gericht zwar freigesprochen. Aber ein weiteres, deutlich größeres Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Schmiergeldzahlungen läuft in Österreich noch. Zu den Vorwürfen hat sich Benko bisher nicht geäußert. Wird er hier schuldig gesprochen, droht ihm sogar Haft. Die Folgen für sein Firmengeflecht und laufende Bauprojekte wie den Hamburger Elbtower wären katastrophal.