Ab wann gehört man zum alten Eisen, Herr Arbeitsagentur-Chef?
Eigentlich herrscht Fachkräftemangel – doch Personaler Nils Ehrich (57) von der Uhlenhorst sucht seit sieben Monaten vergebens nach einem Job. Er vermutet, dass er aufgrund seines Alters nicht eingestellt wird. Wie stehen die Chancen für ältere Menschen auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich? Die MOPO sprach mit Sönke Fock, Chef der Hamburger Agentur für Arbeit über die Aussichten – und ob es sich ein paar Jahre vor der Rente überhaupt noch lohnt, sich zu bewerben.
Eigentlich herrscht Fachkräftemangel – doch Personaler Nils Ehrich (57) von der Uhlenhorst sucht seit sieben Monaten vergebens nach einem Job. Er vermutet, dass er aufgrund seines Alters nicht eingestellt wird. Wie stehen die Chancen für ältere Menschen auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich? Die MOPO sprach mit Sönke Fock, Chef der Hamburger Agentur für Arbeit über die Aussichten – und ob es sich ein paar Jahre vor der Rente überhaupt noch lohnt, sich zu bewerben.
MOPO: Herr Fock, ab wann gehört man auf dem Arbeitsmarkt zum „alten Eisen“?
Sönke Fock: Die Zeiten haben sich geändert, ehemals „alte Eisen“ sind heute begehrte Fachkräfte in vielen Branchen. Unternehmen aktivieren sogar ehemalige Beschäftigte, die sich fit fühlen und gern noch eine gewisse Zeit arbeiten möchten. Für „Silverworker“ spricht auch, dass sie während ihres Arbeitslebens häufig ein profundes Fachwissen erworben haben. Davon können jüngere Kolleginnen und Kollegen profitieren. Alt und Jung kann sich ergänzen und eine höhere Produktivität erzielen. Hinzu kommen noch soziale Kompetenzen, die Beschäftigte über 50 vielfach mitbringen.
Das könnte Sie auch interessieren: Fachkräftemangel? Von wegen! Ich bekomme trotz 100 Bewerbungen keinen Job
So schlimm kann der Fachkräftemangel ja nicht sein, wenn Menschen über 50 Probleme haben, schnell wieder einen Job zu finden.
Die Integrationen älterer Arbeitsloser (Ü55) in Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt ist im Jahresvergleich und bei mittelfristiger Betrachtung in Hamburg überdurchschnittlich stark gestiegen. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum März 2022 bis März 2021 stiegen die Abgänge der Älteren in Erwerbstätigkeit um 35,3 Prozent an – das ist der zweitstärkste Anstieg unter allen Personengruppen, nach den Langzeitarbeitslosen. Der Anteil von arbeitslosen Älteren, die eine Erwerbstätigkeit in Hamburg aufnahmen, stieg zwischen März 2018 bis März 2022 von 8,0 Prozent auf 10,2 Prozent.
Hamburgs Arbeitsagentur-Chef über Chancen für ältere Bewerber
Was raten Sie älteren Menschen, um ihre Chancen bei Unternehmen zu erhöhen?
Lebenserfahrenen Menschen empfehle ich, keine Scheu vor Weiterbildung und Lernen zu haben. Denn fachliches Wissen auf dem aktuellen Stand und mit der Digitalisierung Schritt zu halten, sichert den Arbeitsplatz oder erhöht die Chancen auf einen anderen Job.
Das Diskriminierungsverbot gilt auch für das Alter. Kann man sich als Arbeitssuchender darauf berufen? Etwa, wenn gesagt wird, die Stelle sei schon vergeben – und sie kurz darauf wieder online auftaucht?
Das kann man nicht allgemein beantworten, es kommt auf den genauen Sachverhalt an. Ein Verstoß gegen die Gleichbehandlung in einem Stellenangebot muss tatsächlich nachweisbar sein. Eine rechtliche Beratung hilft an dieser Stelle weiter.
Das könnte Sie auch interessieren: Fachkräftemangel – wie Hamburg das Problem noch verschlimmert
Lohnt es überhaupt noch, sich zehn oder fünf Jahre vor der Rente zu bewerben?
Unbedingt! Bei einer Berufstätigkeit bis sukzessive zum 67. Lebensjahr zählt jedes Jahr, um Ansprüche auf Altersrente fortlaufend zu erwerben. Die Bedeutung von Arbeit reicht aber über den reinen Gelderwerb hinaus. Sie gibt Struktur und verschafft gesellschaftliche Anerkennung.