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In Not wegen Corona: Hamburger Jugendherberge: „Uns droht die Insolvenz“

Die Hamburger Jugendherberge am Stintfang steht wegen der Corona-Krise kurz vor der InsolvenzOb Schüler, Familien oder Backpacker – die Jugendherbergen und Schullandheime im Norden sind für viele Ausflügler ein wichtiger Anziehungspunkt. Doch mit der Corona-Krise gehen auch zahlreiche Stornierungen in den Häusern einher. Von der Soforthilfe haben die gemeinnützigen Einrichtungen bisher wenig. 

„Wir haben seit dem 18. März geschlossen und keine Einnahmen“, sagt Sven Seidler, Herbergsleiter der Jugendherberge am Stintfang, zur MOPO. In einem Jahr zählt die Jugendherberge normalerweise etwa 100.000 Übernachtungen. „Jetzt gehen bei uns täglich Mails mit 120-150 Stornierungen ein“, so Seidler. Alle 30 Mitarbeiter der Herberge an den Landungsbrücken sind in Kurzarbeit, nur noch drei von ihnen arbeiten im Tagesgeschehen mit. „Wenn uns jetzt nicht geholfen wird, dann müssen wir Insolvenz anmelden.“

Rettungspaket: Keine Hilfe für gemeinnützige Einrichtungen

Die sogenannte Soforthilfe kann hier nicht viel leisten. „Die Jugendherbergen sind gemeinnützig, bisher richten sich die meisten Hilfen aber an Wirtschaftsunternehmen“, sagt Stefan Wehrheim, Geschäftsführer des Landesverbands Nordmark e.V. der Deutschen Jugendherbergen. „Derzeit sind wir in Gesprächen mit der Politik, wie es weitergehen kann.“ Bisher sei aber noch keine Lösung in Sicht, die das Überleben der Jugendherbergen sichern könne.

Stefan Wehrheim, hauptamtlicher Geschäftsführer des DJH-Landesverbands Nordmark e.V

Stefan Wehrheim, hauptamtlicher Geschäftsführer des DJH-Landesverbands Nordmark e.V

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DJH-Landesverband Nordmark e.V.

„Als gemeinnütziger Verein dürfen wir nur in einem engen Rahmen Rücklagen bilden. Wir unterliegen hier den strengen Vorgaben der Abgabenordnung“, so Wehrheim. „Hinzu kommt, dass wir als Träger der Kinder- und Jugendhilfe unsere Preispolitik kostendeckend gestalten. Alle Einnahmen werden direkt in die Struktur unserer Häuser reinvestiert. Daher wird die Lage bei uns umso schneller bedrohlich. Wir brauchen dringend Unterstützung.“

Schullandheime: „Wenn es in Zukunft noch Klassenfahrten geben soll, müssen wir sie jetzt retten“

Im April, Mai und Juni herrscht nicht nur bei den Jugendherbergen normalerweise Hochsaison. Auch die Schullandheime trifft die Corona-Krise hart. Sie sind ebenfalls gemeinnützig organisiert. „Wenn Kinder in Zukunft noch Klassenfahrten machen sollen, dann müssen wir die Schullandheime und Jugendherbergen jetzt retten“, sagt Benjamin Krohn, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Schullandheime e.V. Es gehe ihm nicht darum, dass möglichst schnell wieder Klassenfahrten möglich sein sollen, sondern um die Erhaltung der Klassenfahrt an sich.

Die Jugendherberge am Stintfang bei den Landungsbrücken.

Die Jugendherberge am Stintfang bei den Landungsbrücken.

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DJH-Landesverband Nordmark e.V.

„Ich bin selbst Lehrer und weiß, welch‘ große Bedeutung eine Klassenfahrt für den Zusammenhalt in der Schule hat. Aber wenn es so weitergeht, dann müssen manche Schullandheime in ein bis zwei Monaten Insolvenz anmelden“, so Krohn. Auch Stefan Wehrheim von den Jugendherbergen im Norden ist besorgt: „Wir bieten viele außerschulische Bildungsangebote an, die den Kindern die Natur näher bringen und ihr Selbstvertrauen stärken. Wenn das wegfallen würde, wäre es sehr schade.“ Bislang heißt es, warten auf Hilfen aus der Politik. „Wir bieten den Gästen kostenfreie Umbuchungen oder verkürzte Stornozeiten an, denn niemand weiß, wie sich die Situation entwickeln wird“, sagt Wehrheim.

Das sagen die Hamburger Behörden

Die MOPO hat bei der Hamburger Schulbehörde und der Wirtschaftsbehörde nachgefragt, welche Hilfen für die Schullandheime und Jugendherbergen geplant sind. In der Antwort der Schulbehörde heißt es, man wolle den Schullandheimen helfen, diese schwierige Zeit zu überstehen. Man stehe im intensiven Kontakt mit der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Schullandheime e.V. „Einzelheiten, wie eine Unterstützung aussehen kann, gibt es noch nicht, aber wir nehmen die Situation sehr ernst“, so der Sprecher der Schulbehörde.

Normalerweise wäre in den Jugendherbergen und Schullandheimen jetzt Hochsaison (Symbolbild).

Normalerweise wäre in den Jugendherbergen und Schullandheimen jetzt Hochsaison (Symbolbild).

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DJH-Landesverband Nordmark e.V.

Zur Situation der Jugendherbergen nahm die Hamburger Wirtschaftsbehörde Stellung. Derzeit seien keine über die bereits bekannten hinausgehenden Unterstützungen geplant. „Für Jugendherbergen gelten die Regeln und Hilfen, die auch für ,rein kommerzielle‘ Übernachtungsbetriebe gelten. Dazu zählen die großzügig ausgelegten Konditionen und Tilgungsregelungen der Förderkredite.“ Bleibt zu hoffen, dass sich schnell eine Lösung findet, denn viel Zeit haben Jugendherbergen und Schullandheime nicht mehr.

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