In diesem Stadtteil können die wenigsten Kinder schwimmen
Ob ein Hamburger Kind schwimmen lernt, hängt davon ab, wo es aufwächst. Das belegen nun aktuelle Zahlen aus Hamburgs Stadtteilen. Dabei macht Schwimmen nicht nur Spaß, es ist eine Überlebenstechnik – und die wird besonders einer Gruppe von Kindern vorenthalten.
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Ob ein Hamburger Kind schwimmen lernt, hängt davon ab, wo es aufwächst. Das belegen nun aktuelle Zahlen aus Hamburgs Stadtteilen. Dabei macht Schwimmen nicht nur Spaß, es ist eine Überlebenstechnik – und die wird besonders einer Gruppe von Kindern vorenthalten.
Im Freibad seine Bahnen ziehen, vom Fünfer springen, durchs Becken tauchen: Für viele Jugendliche und Erwachsene ein Sommer-Spaß. Von klein auf gelernt und im Winter genauso gerne in der Halle ausgeübt. Abgeordnete aus Hamburg bezeichneten das Schwimmen gar als „unersetzliche Überlebenstechnik“ und einen „unverzichtbaren Teil des Bildungskanons“.
Doch aktuelle Zahlen des Senats zeigen ein erschreckendes Bild: In etlichen Stadtteilen hat nicht einmal die Hälfte der Kinder das Bronzezeichen erreicht, das früher „Freischwimmer“ hieß und für das ein Kind 15 Minuten schwimmen muss. Besonders schlecht schneiden dabei die armen Stadtteile ab, allen voran Rothenburgsort. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Schriftliche Kleine Anfrage der Linken hervor.
Hamburg: Ob ein Kind schwimmen kann, variiert je nach Stadtteil
Von 12.965 Viertklässlern in Hamburg haben demnach im Schuljahr 2021/2022 62,9 Prozent (8038 Schüler) ein Bronzeabzeichen oder besser erreicht. Mit Blick auf die einzelnen Stadtteile fällt jedoch auf: Während der Anteil der Schüler und Schülerinnen in gutbürgerlichen Stadtteilen wie Groß Borstel, Nienstedten und Sülldorf bei 90 oder sogar mehr als 90 Prozent liegt, fallen Stadtteile wie Steilshoop (35), Harburg (33), Billbrook (22) oder Tonndorf (17) extrem ab. Das dünn besiedelte Rothenburgsort, im Bezirk Hamburg-Mitte, schneidet mit nur 7 Prozent „Freischwimmern“ unter den Kindern am schlechtesten ab.
Dieses große Gefälle zwischen den besser gestellten und ärmeren Stadtteilen dürfe nicht sein, sagt Metin Kaya, migrationspolitischer Sprecher der Linken-Fraktion in Hamburg. „Die Zahlen des Senats sind eigentlich ein Eingeständnis der katastrophalen Situation.“
Wartelisten für Schwimmkurse
Einen Anteil an dem Desaster hat auch die Corona-Pandemie: Schwimmbäder mussten monatelang geschlossen bleiben, viele Kurse fielen aus. Doch auch als die Hallen wieder offen waren, gab es Probleme: Wer für sein Kind einen Schwimmkurs buchen wollte, landete meist auf einer langen Warteliste. Und: Manche Eltern können sich die Teilnahme ihrer Kinder – unabhängig der Pandemie – schlicht nicht leisten.
Um die pandemiebedingten Defizite abzubauen, hat die Bürgerschaft bereits die Durchführung einer „Schwimmlern-Offensive“ beschlossen. Im Jahr 2022 wurden für die Durchführung zusätzlich eine Million Euro bereitgestellt. Dieses Programm will Kindern das Schwimmen in Kompakt-Kursen insbesondere in den Schulferien beibringen. Doch auch außerhalb der Ferien finden Kurse statt, beispielsweise durch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Es wurden sogar Gutscheine für die kostenfreie Teilnahme an Bronzekursen verteilt.
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Doch das reiche nicht, so Kaya. „Die Anzahl der Hallen und der Schwimmkurse muss erhöht werden“, sagt er gegenüber der MOPO. „In jedem Bezirk müssen zusätzlich Hallen zur Verfügung gestellt werden, um in erster Linie Schwimmkurse abzuhalten. Die restliche Zeit kann dann der übrigen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.“ Denn wenn die Schwimmkurse nicht genügend „Wasserzeiten“ bekämen, würden auch die Gutscheine nicht helfen.