Immer weniger Kinder getauft: Behörde führt Schulfach „Christliche Religion“ ein
Der evangelische und katholische Religionsunterricht soll in Niedersachsen vom kommenden Schuljahr an im neuen Fach Christliche Religion zusammengefasst werden. Die Vereinbarung dazu unterzeichnen Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) und die Leitungen der Kirchen und Diözesen in Niedersachsen heute in Hannover.
Den Impuls dafür gaben die Kirchen selbst. Sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche verweisen auf gute Erfahrungen mit dem bisherigen kooperativen Religionsunterricht. Es geht aber auch darum, den Religionsunterricht überhaupt für die Zukunft zu sichern: Gäbe es die Zusammenlegung nicht, sei nicht auszuschließen, dass die Fortführung gefährdet wäre, „da es in beiden großen Konfessionen zunehmend weniger getaufte Schülerinnen und Schüler gibt“, erklärt das Bistum Hildesheim.
Das Kultusministerium sieht im gemeinsamen Unterricht ein Signal „für Dialog, Kooperation und gegenseitiges Verständnis“. Die Schüler erhielten so die Möglichkeit, sich mit Vielfalt auseinanderzusetzen, Unterschiede zu reflektieren und Respekt sowie Toleranz gegenüber anderen zu entwickeln.
Wer nimmt am christlichen Religionsunterricht teil?
Etwa jeder zweite Schüler in Niedersachsen gehört der evangelischen oder katholischen Kirche an. Für diese ist der neue Religionsunterricht verbindlich. Aber auch Schüler anderer Konfessionen oder Religionen sowie Schüler ohne Konfession sollen – wie bisher – auf eigenen Wunsch an dem Unterricht teilnehmen können.
Welchen Mehrwert soll das Fach Christliche Religion bieten?
Das Bistum Hildesheim beschreibt es so: „Religiöse Bildung eröffnet einen einzigartigen Zugang zur Wirklichkeit und bietet Raum für existenzielle Fragen sowie ein gemeinsames Nachdenken über Gott und die Welt.“ Die evangelische Landeskirche erklärt, das neue Unterrichtsfach werde sowohl die religiöse Orientierung als auch die Pluralitätskompetenz der Schüler stärken. Diese Inhalte seien gerade in der heutigen Zeit von großer Bedeutung und gebe es so in keinem anderen Schulfach.
Wie blicken die Schüler auf die Zusammenlegung?
Der Landesschülerrat sieht in dem neuen Fach „ein wichtiges Instrument zur Förderung von Dialog, Verständigung und gesellschaftlichem Zusammenhalt“. Damit der Unterricht in einer vielfältigen religiösen und weltanschaulichen Landschaft relevant bleibe, müsse er sich aber konsequent an der Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler orientieren.
„Das bedeutet, dass nicht nur christliche Inhalte vermittelt werden dürfen, sondern auch andere Religionen sowie nicht-religiöse Weltanschauungen gleichwertig berücksichtigt werden müssen“, sagt der Vorsitzende Matteo Feind.
Was ist mit Schülern, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen?
Wer sich vom Religionsunterricht abmeldet, für den gibt es einen ethisch und religionskundlich ausgerichteten Ersatzunterricht. Das entsprechende Fach heißt in Niedersachsen Werte und Normen.
Welche Religionen werden in Niedersachsen unterrichtet?
Neben katholischer und evangelischer Religion werden in Niedersachsen laut Kultusministerium auch Islamische Religion sowie in einzelnen Lerngruppen auch Jüdische Religion, Orthodoxe Religion, Syrisch-Orthodoxe Religion und Alevitische Religion angeboten.
Wie viele Schüler haben welche Konfession?
Vor 20 Jahren gab es noch mehr als 550.000 evangelische, mehr als 150.000 katholische und nur knapp 140.000 konfessionslose Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen. Heute sind es etwas mehr als 300.000 evangelische, rund 110.000 katholische, rund 230.000 konfessionslose und fast 90.000 islamische Schüler.
Wie viele Schüler besuchen welchen Religionsunterricht?
Jeweils fast ein Drittel der Schülerschaft hatte im Schuljahr 2024/25 entweder evangelischen Religionsunterricht, konfessionell-kooperativen Religionsunterricht oder das Fach Werte und Normen. Einen rein katholischen Religionsunterricht erhielten lediglich vier Prozent, islamischen Religionsunterricht sogar nur 0,4 Prozent. (dpa)
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