Hamburger SPD unter Druck: Woher kommt das viele Schließfach-Geld?
Es braut sich derzeit etwas zusammen über der Hamburger SPD. Gehortetes Bargeld, möglicherweise gelöschte Mails, verdächtige WhatsApp-Nachrichten – die Liste ist lang. Selbst der sonst über den Dingen schwebende Bürgermeister Peter Tschentscher gerät unter Druck.
Es ist nicht verkehrt, das Bild des ruhigen Steuermanns in der Krise zu bemühen, wenn man über Peter Tschentscher (SPD) spricht. In der Corona-Krise hat sich der Hamburger Bürgermeister bundesweit den Ruf eines besonnenen Krisenmanagers erarbeitet. Der weiß schon, was er tut, so die Einschätzung vieler Hamburger. Doch die vergangenen Tage und Wochen sind alles andere als ruhig für die SPD und damit letztlich auch für den Bürgermeister. Es ist mittlerweile ein ganzes Konglomerat an Vorwürfen, Fragezeichen und Ungereimtheiten, das in Gänze für schlechte Presse sorgt und politisch heikel ist.
SPD-Mann hortet 215.000 Euro in einem Haspa-Schließfach
Es braut sich derzeit etwas zusammen über der Hamburger SPD. Gehortetes Bargeld, möglicherweise gelöschte Mails, verdächtige WhatsApp-Nachrichten – die Liste ist lang. Selbst der sonst über den Dingen schwebende Bürgermeister Peter Tschentscher gerät unter Druck.
Es ist nicht verkehrt, das Bild des ruhigen Steuermanns in der Krise zu bemühen, wenn man über Peter Tschentscher (SPD) spricht. In der Corona-Krise hat sich der Hamburger Bürgermeister bundesweit den Ruf eines besonnenen Krisenmanagers erarbeitet. Der weiß schon, was er tut, so die Einschätzung vieler Hamburger. Doch die vergangenen Tage und Wochen sind alles andere als ruhig für die SPD und damit letztlich auch für den Bürgermeister. Es ist mittlerweile ein ganzes Konglomerat an Vorwürfen, Fragezeichen und Ungereimtheiten, das in Gänze für schlechte Presse sorgt und politisch heikel ist.
SPD-Mann hortet 215.000 Euro in einem Haspa-Schließfach
Entscheidend dafür sind die andauernden Ermittlungen zum Cum-Ex-Skandal rund um die Warburg Bank, wo immer wieder neue Details auftauchen. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss in der Bürgerschaft untersucht weiterhin, ob es bei der Entscheidung der Hamburger Steuerverwaltung, im Jahr 2016 47 Millionen Euro von der Warburg Bank nicht zurückzufordern, politischen Einfluss gegeben hat. So traf sich zum Beispiel Olaf Scholz, damals Hamburger Bürgermeister, zu der Zeit mit Warburg-Miteigentümer Christian Olearius, Peter Tschentscher war außerdem damals Finanzsenator. Und häppchenweise kommen immer wieder neue Details zu dem ganzen Komplex ans Licht.
Die jüngsten Fragezeichen in der Affäre werfen rund 215.000 Euro in einem Haspa-Schließfach des ehemaligen Hamburger Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs auf. Die Kölner Staatsanwaltschaft hatte im Zuge ihrer Cum-Ex-Ermittlungen das Schließfach des umtriebigen SPD-Mannes durchsuchen lassen. Er traf sich auch 2016 mit Banker Olearius, wollte sich laut Tagebucheintrag von Olearius in der Cum-Ex-Sache auch mit Scholz austauschen.
Außerdem gab es eine Spende der Warburg Bank von mehr als 40.000 Euro an die SPD, das meiste Geld floss an Kahrs Kreisverband Mitte. Woher aber stammen die exakt 214.800 Euro Bargeld – diese Summe erfuhr das „Abendblatt“ – in dem Schließfach und warum wollte Kahrs sie lieber nicht auf einem Konto liegen haben? Die Staatsanwaltschaft geht zumindest dem Anfangsverdacht der Begünstigung zur Steuerhinterziehung nach. Kahrs selbst war für die MOPO nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die SPD-Vorsitzenden Melanie Leonhard und Nils Weiland teilten mit, dass ihnen die Informationen nur aus der aktuellen Berichterstattung bekannt seien. „Wir bitten um Verständnis, dass wir keine laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen ‚von der Seitenlinie‘ aus kommentieren“, hieß es in einem Statement.
Hinter vorgehaltener Hand hält man es in der Partei auch für gut möglich, dass Kahrs das Geld wegen Strafzinsen lieber nicht auf dem Konto haben wollte. Die Opposition glaubt naturgemäß nicht an diese Theorie. Und sogar die Koalitionskollegin und grüne Fraktionschefin Jennifer Jasberg stellt fest: „Persönlich sind mir oft schon Leute suspekt, die 100 Euro Bargeld im Portemonnaie haben – aber über 200.000 Euro im Schließfach, ist durchaus objektiv erklärungswürdig.“
Wurden Mails der Finanzverwaltung gelöscht?
Ebenfalls ungemütlich für die SPD: Nach Recherchen des Abendblatts wundert sich die Staatsanwaltschaft Köln darüber, dass nur sehr wenige interne Mailverläufe aus Hamburgs Finanzverwaltung zur Causa Cum-Ex und Warburg vorliegen, obwohl dies so ein großes Thema gewesen ist. Der Verdacht der Ermittler: Hier wurden E-Mails gelöscht.
Chef der Finanzbehörde damals war Peter Tschentscher (SPD), der laut Abendblatt von einem Referenten ermahnt wurde, sich nicht über einen möglichen Deal in der Cum-Ex-Sache mit der Warburg Bank auszutauschen und erst recht nicht schriftlichen Verkehr dazu zu produzieren. Das sind längst keine Beweise für ein Fehlverhalten und alle Beteiligten Personen weisen bis heute eisern eine politische Einflussnahme zurück, doch die Indizien bringen die SPD weiter in die Defensive.
Was war der „teuflische Plan“?
Und dann ist da auch noch der „teuflische Plan“, der kurz vor den Mails und dem Schließfach vor rund einer Woche durch eine WDR-Recherche ans Licht kam. Von ihrem „teuflischen Plan“, der aufgegangen sei, sprach nämlich die mit dem Cum-Ex-Fall der Warburg Bank befasste Finanzbeamtin Daniela P. gegenüber einer Freundin auf WhatsApp – nur wenige Stunden nachdem die Entscheidung fiel, die 47 Millionen Euro von der Warburg Bank nicht zurückzufordern.
Außerdem behauptete sie in dem Chat, dass dies zur großen Freude der damals Tschentscher unterstehenden Steuerverwaltung geschehen und eine Person aus der Leitungsebene der Hamburger Finanzverwaltung behilflich gewesen sei. Sollten die Behauptungen der Finanzbeamtin authentisch sein, muss geklärt werden, was sich hinter dem Plan verbarg, wer eingeweiht war und die Fäden zog. Es ist nämlich kaum denkbar, dass eine einzelne Finanzbeamtin in einem so bedeutenden Fall selbstständig handelte und entschied.
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Am Dienstag tagt wieder der Untersuchungsausschuss in der Bürgerschaft. Die Suche nach der Wahrheit geht weiter.
Die Hamburger Warburg-Bank war in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt. Dabei lassen sich Banken, Investoren oder Aktienhändler Steuern zweimal erstatten, die nur einmal gezahlt wurden. Hamburg ließ 2016 mögliche Steuernachforderungen von 47 Millionen Euro verjähren, weil eine Steuerhinterziehung nicht nachweisbar gewesen sei. Eine weitere über 43 Millionen Euro wurde erst 2017 nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.
Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll den Vorwurf der möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die Entscheidungen des Finanzamts klären. Vor allem geht es dabei um Hamburgs ehemaligen Bürgermeister Olaf Scholz sowie um Peter Tschentscher, der damals Finanzsenator war.
Scholz (SPD) hatte sich in den Jahren 2016 und 2017 mehrfach mit dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius getroffen. Gegen Olearius liefen da bereits Ermittlungen wegen des Verdachts auf schwere Steuerhinterziehung. Die Treffen mit Scholz waren durch Tagebucheinträge von Olearius bekanntgeworden. Scholz und Tschentscher haben alle Vorwürfe in diesem Zusammenhang zurückgewiesen.
2020 hatte die Warburg Bank schließlich 155 Millionen Euro an Steuerforderungen für die Jahre 2007 bis 2011 beglichen. Dies sei aber „nicht als Schuldeingeständnis zu verstehen“. Vielmehr gehe das Geldhaus weiter rechtlich gegen die Steuerbescheide vor.