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  • Polizisten und Zivilfahnder mit Teilnehmern einer illegalen Zocker-Runde im April in Wandsbek.
  • Foto: Marius Roeer

Immer mehr Fälle: Zocker-Runden trotz Corona – ein Erwischter: „Mache trotzdem weiter“

Corona lässt das illegale Glücksspiel in Hamburg boomen: In Hinterzimmern und geschlossenen Läden treffen sich große Zockerrunden zu Würfel- und Kartenspielen – unter Missachtung aller Coronamaßnahmen. Die Einsätze sind hoch – und stammen oft aus illegalen Geschäften der Teilnehmer.

Die Pandemie ändert die Kriminalität in der Stadt: Es gibt weniger Einbrüche, weil die Wohnungen tagsüber nicht mehr leerstehen, gleichzeitig steigen die Fälle häuslicher Gewalt. Doch nichts boomt momentan so wie das illegale Glücksspiel.

Polizei Hamburg: Immer mehr Zocker-Runden – trotz Corona

Wegen Corona haben die Zocker allerdings schlechte Karten: Dank der Lockdown-Regeln ist es für Streifen, gerade nachmittags und abends, sehr gut von außen zu erkennen, ob sich in eigentlich geschlossenen Läden nicht doch Menschen aufhalten. So fallen die illegalen Glücksspieler, die es auch vor Corona schon gab, schneller auf als früher.

20. Dezember 2020: Kripo-Ermittler haben Hinweise gesammelt, dass sich im Hinterzimmer eines eigentlich geschlossenen Geschäfts an der Wandsbeker Chaussee „regelmäßig mehrere Personen zu illegalen Glücksspielen“ treffen sollen. Bei der Durchsuchung um kurz nach Mitternacht treffen die Beamten auf 24 Männer. Vor ihnen: Spielkarten, Würfel, Pokerchips. Drumherum stehen Spielautomaten. 252.000 Euro Bargeld stellen die Beamten sicher – ein kleines Vermögen.

Polizei Hamburg: Immer mehr Zocker-Runden – trotz Corona

Wenige Tage später, am 23. Dezember auf einem Firmengelände in Tonndorf: Im Hinterhaus zocken 24 Männer im Alter zwischen 26 und 53 Jahren. Sie trinken Alkohol, rauchen Shisha. Keine Maske, kein Abstand, dafür mehrere Kartons Pizza. Und 15.000 Euro, um die es hier geht. 

Ein Polizist löscht eine Shisha-Pfeife nach einer illegalen Zocker-Runde in Hamburg-Tonndorf.

Ein Polizist löscht eine Shisha-Pfeife nach einer illegalen Zocker-Runde in Hamburg-Tonndorf.

Foto:

Marius Roeer

Wie einfallsreich die Glücksritter sind, zeigte sich im November 2020, als die Polizei – ebenfalls in Tonndorf – eine Zocker-Runde im „01 Adana Sportlertreff e.V.“ hochgehen ließ: Die Teilnehmer waren durch das Klofenster im hinteren Teil des Gebäudes hineingeklettert, über einen bereitgestellten und abgenutzten Ledersessel. Ihre Karren, meist teure Luxus-Sportwagen, parkten auf einem Nachbargrundstück.

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Teilnehmer dieser exklusiven Runden sind oft Männer aus dem Rotlicht- und Drogenmilieu, mit dem nötigen Kleingeld. Sie vertreiben sich ihre Zeit mit dem Verzocken von Gewinnen aus illegalen Geschäften. Laut eines Insiders soll es momentan ein Dutzend Zocker-Runden geben, die sich regelmäßig in Hamburg treffen.

Um die beschlagnahmten Geldstapel, nicht selten Beträge im sechsstelligen Bereich, von der Polizei wiederzubekommen, müssen die Spieler nachweisen, dass sie das Geld legal verdient haben. Oft ist das für Beschuldigte nicht möglich, weil die Scheine aus Geldwäsche, Prostitution, Drogenhandel stammen.

Illegale Zocker-Runden in Hamburg: Das sind die Teilnehmer

Zur Wahrheit gehört aber auch: Nicht alle von der Polizei gesprengten Zocker-Runden bestehen aus Milieu-Größen und deren Gäste. Oft sind es auch Freundeskreise, die trotz Corona zusammenkommen und Zeit miteinander verbringen wollen. Menschen, die sonst regelmäßig um kleinere Geldbeträge zocken und Spielhallenbesucher, die wegen der Pandemie nicht mehr legal am Automaten daddeln oder auf Fußballspiele wetten können.

Beamte der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) mit einem beschlagnahmten Spielautomaten.

Beamte der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) mit einem beschlagnahmten Spielautomaten.

Foto:

Marius Roeer

Die Hamburger Polizei bestätigt auf MOPO-Nachfrage einen Anstieg der Fälle, auch wenn keine statistische Daten vom LKA erhoben werden. „Etwaige Muster oder wiederholt auftretende Tätergruppierungen waren dabei aber nicht ersichtlich. Hinweise auf organisierte Kriminalität liegen nicht vor“, so ein Sprecher.

Darum werden in Hamburg illegale Glücksspiel-Runden gesprengt

„Corona ist für mich dadurch noch sehr viel beschissener geworden“, sagt einer der Erwischten zur MOPO. Er will unerkannt bleiben, nicht weiter den „Zorn der Polizisten auf mich ziehen“. Neben einem Verfahren wegen illegalen Glücksspiels hat er auch zusätzlich eine saftige Corona-Strafe von mehreren Hundert Euro zu zahlen. „Egal, ich mache trotzdem weiter.“

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Auch die Glücksspielaufsicht in Hamburg, die eng mit der Polizei zusammenarbeitet, beobachtet Tendenzen, dass die Corona-Einschränkungen solche Runden begünstigten. Ein Sprecher: „Es ist davon auszugehen, dass Spieler durch das Fehlen legaler Glücksspielangebote verstärkt illegale Angebote nutzen.“

Hamburg: So gehen die Behörden gegen die Zocker vor

Die Dunkelziffer der illegalen Zocker-Runden muss enorm sein, davon geht auch die Glücksspielaufsicht aus. „Die infolge der Überprüfungen der Einhaltung der Vorschriften der Eindämmungsverordnung festgestellten Veranstaltungen illegalen Glücksspiels in diversen Lokalitäten, wie Shisha-Bars, Kulturvereinen und eigens angemieteten Räumlichkeiten, haben uns den Eindruck bestätigt.“ Die Konsequenz: Wie die MOPO erfuhr, werden die der Innenbehörde angehörigen Beamten der Glücksspielaufsicht ihre Arbeit künftig intensivieren. 

Grundsätzlich gilt: Öffentliche Glücksspiele dürfen nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Liegt diese Erlaubnis nicht vor, handelt es sich um illegales Glücksspiel.

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