Im Schlaf von Hamburg nach Stockholm: So fährt es sich im neuen Nachtzug
Abends in Hamburg einschlafen – und am nächsten Morgen in Schweden aufwachen. Nach 28 Jahren wurde die nächtliche Direktverbindung zwischen der Hansestadt und in Stockholm wiederbelebt. Zuvor gab es einige Verzögerungen, aber jetzt sind die Nachtzüge täglich auf der Strecke unterwegs. Wie schläft es sich in den Abteilen, wer fährt dort mit und warum pocht es um Mitternacht auf einmal laut an die Abteiltür? Die MOPO hat die neue Verbindung getestet.
Abends in Hamburg einschlafen – und am nächsten Morgen in Schweden aufwachen. Nach 28 Jahren gibt es diese nächtliche Direktverbindung zwischen der Hansestadt und Stockholm wieder. Zuvor gab es einige Verzögerungen, aber jetzt sind die Nachtzüge täglich auf der Strecke unterwegs. Wie schläft es sich in den Abteilen, wer fährt dort mit und warum pocht es um Mitternacht auf einmal laut an die Abteiltür? Die MOPO hat die neue Verbindung mal getestet.
Ein kräftiger Ruck geht durch den gesamten Zug, dann setzt sich das Gefährt langsam in Bewegung und fährt aus dem Altonaer Bahnhof hinaus auf die Strecke Richtung Flensburg. Das Ziel: Die schwedische Hauptstadt Stockholm. Es ist kurz vor halb zehn Uhr abends, in zwölf Stunden sollen wir laut Plan ankommen.
Nach 28 Jahren: Nachtzug fährt wieder nach Stockholm
Etwas unschlüssig sitze ich auf meinem bereits ausgeklappten Bett im Abteil der 2. Klasse und versuche, mich an das starke Geruckel und Geschaukel unter mir zu gewöhnen. Über mir ist noch ein zweites Bett, das aber zum Glück nicht belegt ist.
Zu zweit würde es in dem Raum doch ein wenig eng werden, denke ich unwillkürlich: Immerhin passe ich zwischen der Wand und dem Bettrand gerade so durch. Ansonsten gibt es noch einen Nachttisch, der zu einem Mini-Waschbecken umfunktioniert werden kann, und zwei Steckdosen – leider aber kein Internet.

Dass diese (bis zu 20 Jahre alten) Schlafwagen seit Ende Februar überhaupt nach Stockholm fahren, ist allerdings keine Selbstverständlichkeit. Pläne für diese Zugverbindung hatte die schwedische Regierung erstmals im Sommer 2020 verkündet und September 2022 als Startdatum angepeilt.
Doch daraus wurde nichts, denn ausgerechnet die Schlafwagen bekamen keine Zulassung in Dänemark. Tickets mussten kurzfristig storniert werden, die Züge rollten bis zum 20. Februar nur im Testbetrieb mit Sitz- und Liegewaggons.
Die Passagiere im Nachtzug nach Stockholm sind bunt durchmischt
Während ich versuche, mich ein wenig einzurichten, unterbricht mich auf einmal eine freundliche Stimme im Hamburger Platt. „Guten Abend, herzlich Willkommen“, der Nachtwagen-Schaffner steht vor meiner Tür und fragt mich, ob ich lieber Kaffee oder Tee am nächsten Morgen haben möchte.
Er ist der erste Ansprechpartner für alle Reisenden wenn etwas nicht funktioniert, wenn die Betten heruntergeklappt werden sollen oder sie etwas essen oder trinken möchten. Am Ende des Ganges befindet sich ein kleines Kabuff, in dem der 56-Jährige sitzt und jederzeit ansprechbar ist.
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Spaß mache ihm der Job auch nach 26 Jahren noch, erzählt er. Das Publikum sei im Regelfall bunt durchmischt: Von jungen Familien bis zu Rentnern, Geschäftsleuten und Einzelreisende sei da alles dabei. Einer davon ist Julius aus München. Der 20-jährige Berufsschüler hatte einen Reisebericht gelesen, in dem die Autorin per Zug von Innsbruck bis nach Lappland gefahren war. Das wollte er auch unbedingt ausprobieren.
Einen Tag hat er in Stockholm Aufenthalt, bevor es dann weiter nach Lappland geht. „Es ist wirklich eine super Erfahrung“, sagt er. „Das Zugreisen ist viel entspannter, als am Flughafen durch den Security-Check zu müssen und dann noch stundenlang in der Wartehalle zu sitzen. So kann ich meine Gedanken kreisen lassen oder in Ruhe ein Buch lesen.“
So schlief es sich im Nachtzug nach Stockholm
Dann wird es auch schon Zeit für die Nachtruhe. Ich schließe meine Abteiltür, knipse das Licht aus und klettere in meine Koje. Das Geruckel des Zuges ist auf Dauer zwar irgendwie beruhigend – das Einschlafen fällt mir trotzdem schwer.
Um kurz nach Mitternacht pocht es dann auf einmal laut an der Tür. Davor steht ein Beamter des Zolls mit Taschenlampe, die am dänischen Grenzort Padborg die Ausweise aller Reisenden kontrollieren. Ein kurzer Blick auf meinen Personalausweis, dann nickt er und ich darf weiterschlafen.

Am nächsten Morgen wache ich trotz des wenigen Schlafs ziemlich früh auf und spurte zum Fenster. Dort liegt Schnee! Ein etwas nostalgisch-romantisches Reisegefühl erwacht in mir, während ich die vorbeiziehende, komplett in weiß eingetauchte schwedische Landschaft betrachte.
Plötzlich klopft es wieder. Dort steht wieder der Nachtwagen-Schaffner mit einem Tablett in der Hand. Da der Speisewagen bis jetzt noch nicht fertig ist, muss das Frühstück noch im jeweiligen Abteil zu sich genommen werden. Danach ist noch etwas Zeit zum Herumtrödeln, eine Mutter läuft mit ihren kleinen, vergnügt kreischenden Kindern immer wieder durch die Waggons, bis der Zug schließlich um kurz nach 10 Uhr morgens am Stockholmer Bahnhof einläuft.

Zurück geht es dann ein paar Tage später auf dem gleichen Weg – an das Geruckel habe ich mich inzwischen gewöhnt, an die engen Kabinen leider immer noch nicht so ganz. Dabei habe ich noch verglichen viel Platz: Die 65-jährige Tytti Toivanen und der 78-jährige Benedict von Wright aus Helsinki sind in einem 6er-Abteil untergekommen.
„Zum Glück sind wir aber nur zu dritt“, sagt Toivanen und lacht dabei. Sie sind beide in Rente und wollen jetzt noch so viel wie möglich reisen – per Flugzeug kommt für sie aber nicht in Frage. „Nicht angesichts der Klimakrise“, sagt von Wright. Von Hamburg aus wollen sie weiter nach Marseille und dort einen Monat bleiben.
Die Verbindung wird ab Ende März nach Berlin erweitert
Nach weiteren zwölf Stunden und mit einem letzten Ruck kommt der Nachtzug schließlich wieder in Altona an – dieses Mal um halb sieben Uhr morgens. Fazit: Das Reisen mit dem Nachtzug ist sehr entspannt und durch die frühe Ankunft geht kein Urlaubstag verloren. Um Menschen aber wirklich von der Alternative zum Fliegen zu überzeugen, müssen die Flüge meiner Meinung nach nicht nur teurer werden, sondern es braucht auch modernere Zugwaggons.
Ab Ende März wird die Strecke nach Berlin erweitert, dann wird der Zug am Hauptbahnhof statt in Altona halten. Die Preise für die Verbindung des schwedischen Bahnunternehmens SJ liegen – je nach Abteilart – zwischen 30 und 205 Euro. Rabatt gibt es für Kinder, Studierende und Senioren.