Flohmarkt-Fund in Hamburg: Die Ikone aus Plastik
Gestatten, ich bin Thomas Hirschbiegel, der MOPO-Flohmarktfuchs. Seit mehr als 50 Jahren besuche ich jede Woche Märkte im Norden und kaufe historische Dokumente, alte Fotos und alles, was mit Hamburg zu tun hat. Aber auch bei Design der 70er Jahre oder einer schönen alten Armbanduhr kann ich zu oft nicht widerstehen. In unregelmäßigen Abständen präsentierte ich meine neuesten Schätze. Heute: die Ikone aus Plastik.
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Gestatten, ich bin Thomas Hirschbiegel, der MOPO-Flohmarktfuchs. Seit mehr als 50 Jahren besuche ich jede Woche Märkte im Norden und kaufe historische Dokumente, alte Fotos und alles, was mit Hamburg zu tun hat. Aber auch bei Design der 70er Jahre oder einer schönen alten Armbanduhr kann ich zu oft nicht widerstehen. In unregelmäßigen Abständen präsentierte ich meine neuesten Schätze. Heute: die Ikone aus Plastik.
Keine großen Sachen kaufen! Das nehm ich mir bei jedem Flohmarktbesuch ganz fest vor. Meine Wohnung ist, vorsichtig formuliert, vielleicht etwas „überdekoriert“. Also versuche ich nur noch Kleinkram wie Fotos, Dokumente oder Armbanduhren zu kaufen. Doch als mich auf der „Flohschanze“ an der Feldstraße der legendäre Kunststoff-Schreibtisch des Designers Ernest Igl „ansprang“, konnte ich nicht widerstehen.
Abnehmbarer Papierkorb, integrierte schwenkbare Lampe und verdeckte Ablagen unter der Schreibfläche – das Model „Hadi“ war um 1970 definitiv seiner Zeit voraus. Und das war eindeutig auch der Schöpfer dieses ungewöhnlichen Möbelstücks. Als ich nun mit dem Händler an der Feldstraße feilschte, wusste ich von diesen Dingen aber nichts. Mich faszinierte einfach nur das Design.
Designer entwarf auch Trecker und Bagger
Der Schöpfer Ernest Igl (1920-2001) hatte die Kunsthochschule in Prag besucht und machte sich nach dem Krieg einen Namen als Illustrator bei Schulbuch-Verlagen. Dann wechselte er zum Industriedesign, schuf Verpackungen, aber auch die Formen von Baggern, Treckern oder Gabelstaplern. Igl entwarf seine Werke in einem 400 Quadratmeter großen Atelier in München im Alleingang.
Um 1970 fertigte er zusammen mit der Bayer AG in Leverkusen aus dem Kunststoff Novodur dann besagten Schreibtisch und gab ihm den Namen „Hadi“. Bayer produzierte das Teil in Schwarz-Grün, ganz in Schwarz und noch in weiteren Farben. Preisforderungen bei Ebay oder in Designshops liegen zwischen 400 und 850 Euro. Insgesamt dürfte das Stück ziemlich selten sein. Noch heute begeistern die harmonischen Formen. Igl wollte einen Kontrapunkt gegen herkömmliches Möbeldesign setzen, das er als „eckig, pompös und aggressiv“ empfand. Bekannter als das Modell „Hadi“ wurde später ein weiterer Schreibtisch-Entwurf des Künstlers, der „igl-jet“. Der wird als Neuauflage in Bayern produziert und soll 4000 Euro kosten.
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Ernest Igl zog sich im Alter von 60 Jahren nach Sylt zurück und starb im schweizerischen Davos. Sein Wohnsitz, das „Kunsthaus Iglson“, kann heute gemietet werden. Das Gebäude ist ein Museum mit vielen Werken des Allround-Genies.