Weil er Flüchtlinge rettete: Hamburger drohen 20 Jahre Haft
Dass die Menschen, denen er half, in Seenot waren, ist für Dariush Beigui (43) keine Frage. Der Hamburger fährt als Binnenschiffer Schiffe auf der Elbe, als Aktivist rettet er Migrant:innen aus dem Mittelmeer. Doch jetzt steht Beigui vor Gericht: Ihm wird vorgeworfen, zwischen 2016 und 2018 illegal Menschen geholfen zu haben. Ihm drohen in Italien bis zu 20 Jahre Haft.
Herr Beigui, Sie müssen in der sizilianischen Stadt Trapani vor Gericht. Was wirft Ihnen die italienische Staatsanwaltschaft vor?
Der Hauptvorwurf ist Beihilfe zur illegalen Einreise. Also, dass ich und die anderen drei Deutschen von meinem Rettungsteam, Menschen auf dem Mittelmeer illegal geholfen haben, Italien zu erreichen. Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass das, was wir gemacht haben, keine Seenotrettung war. Was einfach Schwachsinn ist. Da sind Boote, völlig überfüllt mit Geflüchteten, mit kaum Nahrung und Wasser dabei, kaum Sprit. Man muss kein Seemann sein, um zu verstehen, dass so ein Boot nicht in der Lage ist, den nächsten sicheren Hafen zu erreichen. Damit ist das Boot in Seenot, das ist die erste Definition.
Worauf beziehen sich die Anklagen genau?
Auf mehrere Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer zwischen 2016 und 2018. Insgesamt sind 21 Menschen von verschiedenen Ngos (Nicht-Regierungsorganisationen, d. Red.) in diesem Prozess angeklagt. Wir haben ein PDF von 30.000 Seiten mit den Anklagen bekommen. Was mich und die anderen aus der Organisation Iuventa betrifft, geht es nur um drei Einsätze, im September 2016 und Juni 2017. Bei diesen Einsätzen so wie bei allen anderen haben wir in Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden gearbeitet und sind den italienischen Anweisungen gefolgt.
Dass die Menschen, denen er half, in Seenot waren, ist für Dariush Beigui (43) keine Frage. Der Hamburger fährt als Binnenschiffer Schiffe auf der Elbe, als Aktivist rettet er Migrant:innen aus dem Mittelmeer. Doch jetzt steht Beigui vor Gericht: Ihm wird vorgeworfen, zwischen 2016 und 2018 illegal Menschen geholfen zu haben. Ihm drohen in Italien bis zu 20 Jahre Haft.
Herr Beigui, Sie müssen in der sizilianischen Stadt Trapani vor Gericht. Was wirft Ihnen die italienische Staatsanwaltschaft vor?
Der Hauptvorwurf ist Beihilfe zur illegalen Einreise. Also, dass ich und die anderen drei Deutschen von meinem Rettungsteam, Menschen auf dem Mittelmeer illegal geholfen haben, Italien zu erreichen. Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass das, was wir gemacht haben, keine Seenotrettung war. Was einfach Schwachsinn ist. Da sind Boote, völlig überfüllt mit Geflüchteten, mit kaum Nahrung und Wasser dabei, kaum Sprit. Man muss kein Seemann sein, um zu verstehen, dass so ein Boot nicht in der Lage ist, den nächsten sicheren Hafen zu erreichen. Damit ist das Boot in Seenot, das ist die erste Definition.
Worauf beziehen sich die Anklagen genau?
Auf mehrere Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer zwischen 2016 und 2018. Insgesamt sind 21 Menschen von verschiedenen Ngos (Nicht-Regierungsorganisationen, d. Red.) in diesem Prozess angeklagt. Wir haben ein PDF von 30.000 Seiten mit den Anklagen bekommen. Was mich und die anderen aus der Organisation Iuventa betrifft, geht es nur um drei Einsätze, im September 2016 und Juni 2017. Bei diesen Einsätzen so wie bei allen anderen haben wir in Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden gearbeitet und sind den italienischen Anweisungen gefolgt.
Höchste Strafe: 20 Jahre Haft
Dafür drohen Ihnen aber 20 Jahre Haft.
Ja, das ist die höchste Strafe für diese Anklage. Weil wir als internationale Gruppe Leuten bei der Einreise geholfen hätten. Offiziell gibt es auch eine Geldstrafe, von 11.000 Euro pro Person, der man geholfen hat. Aber ich glaube nicht, dass es zu so hohen Strafen kommen wird. Ich glaube auch nicht, dass die Staatsanwaltschaft selbst ernsthaft an die Anklage glaubt.
Haben Sie also keine Angst?
Ich kann keine Angst vor irgendwas haben, das vielleicht in fünf Jahren passieren kann. So lange wird der Prozess vermutlich dauern und ich bin zu sehr Punkrocker, um so weit zu blicken. Ich bin aber überrascht, dass es zu diesem Prozess tatsächlich kommt. Unser Prozess ist einfach politische Repression und die Repression gegen Seenotrettung überrascht mich immer. Ich finde es absurd, Leute zu kriminalisieren, die das Leben anderen retten.
Sie sind Binnenschiffer auf der Elbe, wie kamen Sie zum Rettungseinsatz auf dem Mittelmeer?
Ich bin ein linker Aktivist. Ich bin aufmerksam, was solche politischen Themen angeht. 2015 wurde das erste Schiff von der Organisation Seawatch in Hamburg umgebaut. Für uns hier war das ein großes Thema und ich arbeite am Hafen, ich bin jeden Tag an der Werft vorbeigefahren. In Sommer 2016 war ich auch einen Monat auf Lesbos, als Aktivist habe ich mich dort bei der Gruppe No Border Kitchen engagiert. Aber ich hasse kochen. Bei der Seenotrettung kann ich hingegen meine Berufserfahrung einbringen, die nicht jeder hat. Als Leute dafür gesucht wurden, war es für mich schon klar, dass ich das machen möchte.
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Sie waren bis letzten Oktober immer wieder auf dem Mittelmeer. Wie hat sich Ihr Leben dadurch verändert?
Es ist unterschiedlich. Auf der einen Seite kenne ich mich jetzt mit dem Thema sehr gut aus, was Gesetze oder zum Beispiel die Lage in Libyen angeht. Auf der anderen Seite ist es einfach schwierig. Bei meiner ersten Mission sind einmal über 100 Menschen ertrunken, drei davon haben wir an Bord geholt. Ich habe die Leichen in den Händen gehabt. Manchmal habe ich noch die Gesichter von diesen Dreien vor Augen.
Das ist eine heftige Belastung.
Ja. Ich versuche daraus Kraft und Mut für den politischen Kampf zu ziehen. Weil das Schlimmste ist: Was da passiert, ist kein Zufall. Das ist politische Willkür. Das würde keinem Menschen mit europäischem Pass passieren.
„Die Bundesregierung soll mehr Migrant:innen aufnehmen“
Was würden Sie wünschen, dass die Bundesregierung tun könnte?
Zuerst ganz einfach: Mehr Migranten und Migrantinnen aufnehmen. 2019 hat Deutschland 114 Menschen aus der Seenotrettung hierhergeholt. Das ist nichts. Zudem sollte die Regierung den einzelnen Kommune erlauben, Leute aufnehmen, wenn sie das wollen. Es gibt mehrere Kommunen, die dafür bereit sind, die sich als sicherer Hafen bezeichnen. Ich habe aber keine Hoffnung in die Regierung, ich möchte mit Parteien nichts zu tun haben. Ich bin Punkrocker.
Ihre Familiengeschichte ist aber stark mit der SPD verbunden, durch Paula Karpinski. Wer war sie?
Sie war die Tante meiner Mutter, für die ersten 15 Jahren meines Lebens einfach Tante Paula. Sie war eine beeindruckende Frau. Sie ist 107 geworden, sie hat das ganze zwanzigste Jahrhundert erlebt. Schon sehr früh war sie politisch aktiv, mit 16 ist sie in die SPD eingetreten und war Mitglied bis zu ihrem Tod. Sie war die erste weibliche Senatorin in Hamburg, für Familie und Sport, direkt nach dem Zweiten Weltkrieg. Das HSV-Stadion hat sie bauen lassen und viel in dieser Stadt für die Jugend gemacht. Schade, dass ich sie nur als alte Frau kennengelernt habe, ich hätte gern mit ihr über ihr politisches Leben geredet.
Wenn Sie jetzt in die Zukunft blicken, was ist Ihr nächstes politisches Ziel?
Als nächstes möchte ich diesen Prozess nutzen, um Aufmerksamkeit für dieses Thema zu bekommen. Um zu zeigen, was Schlimmes in Europa passiert. Dafür finde ich den Prozess richtig gut, ich würde sonst kein Interview geben.