Dramatische Szenen bei Hamburger Tafel: „Wir wurden überrannt“
Dramatische Szenen spielten sich jetzt bei der Hamburger Tafel ab. Um geflüchteten Ukrainer:innen und ihren Kindern zu helfen, organisierten die Ehrenamtlichen eine Lebensmittelausgabe. Doch der Andrang war gigantisch. „Wir sind regelrecht überrannt worden“, sagt Tafel-Chefin Julia Bauer.
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Dramatische Szenen spielten sich jetzt bei der Hamburger Tafel ab. Um geflüchteten Ukrainer:innen und ihren Kindern zu helfen, organisierten die Ehrenamtlichen eine Lebensmittelausgabe. Doch der Andrang war so gigantisch, dass schon nach eineinhalb Stunden alle Spenden aufgebraucht waren und viele Menschen nach Hause geschickt werden mussten.
Schon früh um acht Uhr, als sich die Mitarbeiter der Tafel in Jenfeld für die Vorbereitungen trafen, standen viele Menschen auf dem Hof Schlange. Dabei startete die Ausgabe erst um zehn Uhr. Bis dahin hatten sich schon lange Schlangen quer über den großen Hof und aus dem Gelände heraus gebildet. „Wir sind regelrecht überrannt worden“, schildert es Tafel-Chefin Julia Bauer. Mehr als 400 Menschen kamen.
Bei nasskaltem Wetter standen Mütter mit ihren Kleinkindern auf dem Arm geduldig wartend im Hof, viele Menschen trugen nur Jogginghosen und Sweatshirts, weil sie keine anderen Sachen haben. Und die Schlange wurde nicht kürzer. „Da mussten wir noch vor 12 Uhr einen Schnitt machen“, sagt Bauer. „Sonst hätten wir einfach nicht mehr genügend Lebensmittel zum Verteilen gehabt.“
Hamburger Tafel: Ukrainer brauchen Lebensmittel
Selten sei ihr etwas so schwer gefallen. „Da war ein Mann im Rollstuhl, den wir abweisen mussten.“ Und eine Frau mit Kind habe ihr Handy vorgezeigt, auf dem Display stand übersetzt „bitte helfen sie uns, wir brauchen Essen“. Trotzdem mussten die Ehrenamtlichen die Wartenden wegschicken. Ursprünglich wollte die Tafel die Ausgabe bis 12 Uhr geöffnet lassen.
„Wir haben zwölf Paletten mit Lebensmittel in der kurzen Zeit ausgegeben“, so Bauer. Das könne die Tafel nicht so weitermachen. „Sonst sind wir in zwei Wochen pleite.“ Das große Lager in der Schimmelmannstraße hat sich bereits jetzt dramatisch geleert. Und es kommen zu wenig neue Lebensmittelspenden von großen Unternehmen herein.
Bisher hatte die Tafel davon abgesehen, Privatpersonen zum Spenden aufzurufen. Denn sie bekommen eigentlich große Spenden von produzierenden Unternehmen und von Lebensmittel-Läden. Doch jetzt ändert sich das. „Unser Lager nimmt jetzt alles“, versichert Julia Bauer. „Wenn Schulen Aktionen machen oder Vereine – das würde uns alles helfen.“ Wer etwas spenden wolle, solle der Tafel kurz mailen oder anrufen und einen Termin vereinbaren, wann er etwas vorbeibringen wolle.
Appell an Firmen: Spenden Sie Lebensmittel!
Das wichtigste bleiben aber die Großspenden von Unternehmen, und auch da hofft Bauer, dass ihr Appell gehört wird. Sonst reichen die Reserven noch etwa für drei Termine und dann sei alles aufgebraucht. Für die nächsten drei Wochen werden mittwochs zunächst weiter Lebensmittel ausgegeben. „Ab nächster Woche brauchen wir dafür aber wohl dann auch Absperrgitter, sonst funktioniert das alles nicht mehr.“ Denn die Tafel rechnet damit, dass sich noch mehr Menschen einfinden werden.
Mehr als 16.000 Geflüchtete aus der Ukraine haben sich mittlerweile in Hamburg registieren lassen. Viele leben in städtischen Unterkünften, aber viele sind auch privat untergekommen. In den städtischen Einrichtungen wie den Messehallen werden die Menschen auch mit Essen versorgt. Bauer: „Aber wer privat bei Angehörigen oder Freunden unterkommt, der möchte dort nicht auch noch zur Last fallen, indem die Gastgeber für zwei oder drei Personen zusätzlich einkaufen und kochen müssen.“
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Ukrainische Geflüchtete haben wie andere Flüchtlinge Anspruch auf finanzielle Hilfen. Die müssen aber beantragt werden und kommen mit Verzögerung. Bauer: „Und viele Geflüchtete haben wenig oder gar nichts von zu Hause mitnehmen können. Sie müssen erst mal neue Kleidung und eventuell auch Schuhe und anderes kaufen.“ Da sei das Geld von der Stadt schnell aufgebraucht und jeder froh, wenn er ein paar kostenlose Lebensmittel bekommen könne.