Mord in Winterhude: Millionär vor der Haustür erschossen
Joachim Scharlach besaß ein Millionen-Vermögen, lebte in einer großen Wohnung am Rondeelteich und war angesehenes Mitglied der hanseatischen „High Society“. Am 19. August 1971 kehrt der 55-Jährige von einer Geschäftsreise früher heim. Kurz darauf ist er tot. Die Mordkommission steht vor einem Rätsel.
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Joachim Scharlach besaß ein Millionen-Vermögen, lebte in einer großen Wohnung am Rondeelteich und war angesehenes Mitglied der hanseatischen „High Society“. Am 19. August 1971 kehrt der 55-Jährige von einer Geschäftsreise früher heim. Kurz darauf ist er tot.
Mittags dringen zwei Täter über die rückwärtige Terrasse in das Haus Blumenstraße 5 am Rondeelteich ein. Sie überraschen die Haushälterin Gerda Q., die gerade in Joachim Scharlachs Wohnung das Mittagessen zubereitet. Die Gangster drängen die 48-Jährige ins Schafzimmer und fesseln die Frau mit Draht.
Die Täter erschießen den Millionär im eigenen Haus
Während die beiden Männer in der Wohnung die Schränke offenbar nach Wertsachen durchsuchen, klingelt es an der Tür. Es ist Joachim Scharlach, der vorzeitig von einer Geschäftsreise aus München heimkommt.
Die Eindringlinge ziehen sich Damenstrümpfe über die Köpfe und ziehen mindestens eine Schusswaffe. Als auf das Klingeln niemand öffnet, schließt Heinz Wulf (62), der Chauffeur des Hausbesitzers, die Tür auf. Joachim Scharlach steht neben ihm im Eingang. In diesem Moment reißen die Täter die Wohnungstür auf und halten dem Kaufmann einen langläufigen Revolver vor die Brust. Joachim Scharlach stammelt noch: „Bitte nicht schießen“, doch ein Täter feuert und trifft den Kaufmann tödlich in den Oberkörper. Ein zweiter Schuss fällt. Der Chauffeur lässt sich geistesgegenwärtig fallen und bleibt unverletzt. Die beiden Verbrecher entkommen über den rückwärtigen Garten der Villa am Rondeelteich.
Der schwer verletzte Joachim Scharlach wird mit einem Rettungswagen in eine Klinik gebracht. Doch dort kann nur noch der Tod des Mannes festgestellt werden. Seine Mörder entkommen trotz Großfahndung. Während der Fahndung wird auch ein am Rondeel-Kanal gelegenes „Kommune-Haus“ (Zitat in der MOPO-Ausgabe vom 20. August 1971) durchsucht. Ohne Ergebnis. Aber ein „Hippie“-Bewohner sagt dem Reporter damals: „So ein Mist. Wir haben all unseren Stoff schnell ins Klo geworfen, als die Polizei klingelte.“
Polizei hat den Mörder bis heute nicht gefunden
Die Mordkommission rätselt. War es ein gezielter Mordanschlag? Oder wollten die Täter den Millionär entführen und Lösegeld erpressen? Auch ein Raubüberfall war natürlich denkbar.
Die Ermittler durchleuchten das Privatleben Scharlachs. Der hatte 1959 eine Tochter des Verlegers Axel Springer geheiratet. Die Ehe wurde aber nach vier Jahren geschieden. Danach zog der Junggeselle gern „um die Ecken“. Man sah ihn in Bars in Kampen auf Sylt oder beim Derby in Horn. Dort war der Geschäftsführer der Handelsfirma Michahelles & Co. Gastgeber der „Derby-Frühstücke“. Die Firma Michahelles am Ballindamm 18 war unter anderem am VW-Geschäft mit Brasilien beteiligt.
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Am 20. August wird Joachim Scharlach auf dem Nienstedtener Friedhof beerdigt. Die Mordkommission fotografiert die Trauergäste. Doch auch danach ergeben sich keine neuen Erkenntnisse bei dem Mordfall. Selbst die Auslobung einer Rekord-Belohnung in Höhe von 115.000 Mark (57.500 Euro) kann nicht zur Aufklärung des Verbrechens in besten hanseatischen Kreisen beitragen. Die hohe Belohnung soll übrigens von Axel Springer, dem ehemaligen Schwiegervater des Opfers, bereitgestellt worden sein.