Vor HSV-Kneipe: Junger Mann bei „Straßenschlacht“ erschossen
Es war eine Lappalie, die den damals 22-jährigen Jens K.* vor einer Bar in Glinde Anfang der 1970er-Jahre das Leben kostete. Auch sein Bruder Wolfgang (24) wurde beinahe durch Schüsse getötet. Der Verdächtige: Ein Mitglied einer bekannten Hamburger Roma-Familie, das sich der Justiz entzog und stattdessen innerhalb der Familie bestraft werden sollte.
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Es war eine Lappalie, die dem damals 22-jährigen Jens K.* vor einer Bar in Glinde Anfang der 1970er-Jahre das Leben kostete. Auch sein Bruder Wolfgang (24) wurde beinahe durch Schüsse getötet. Der Verdächtige: Ein Mitglied einer bekannten Hamburger Roma-Familie, das sich der Justiz entzog und stattdessen innerhalb der Familie bestraft werden sollte.
Jens und Wolfgang K. hielten sich am Abend des 11. Juni 1972 vor der Kneipe des ehemaligen HSV-Angreifers Klaus Stürmer, einem engen Freund von Uwe Seeler, in der Mühlenstraße auf. Die Brüder waren der Polizei als gewalttätig bekannt. Jens K. war in Begleitung seiner Freundin Jasmin.
Polizei löst „Straßenschlacht“ auf
Hans L., ein Landfahrer und Angehöriger besagter Roma-Familie aus Hamburg-Billstedt, soll mit seinen Brüdern und Freunden dazugekommen sein. Vermutlich, so spekulierten die Beamten damals, waren sie auf dem Weg in die Bar, als L. die Freundin von Jens K. anrempelte. Möglicherweise soll er sie sogar angesprochen und mit ihr geflirtet haben.
Es kam zu einer Schlägerei, an der auch Freunde der Glinder Brüder beteiligt waren. Die „Straßenschlacht” wurde erst von der Polizei aufgelöst, die eine große Anzahl von Beamten verschiedener Wachen hinzuziehen musste. Bevor die Landfahrer flüchteten, sollen sie laut Zeugenaussagen gedroht haben: „Wir kommen wieder.”
Um 21.16 Uhr hielten zwei Wagen vor dem Lokal, die mit hoher Geschwindigkeit angefahren kamen. Aus einem Auto soll der 26-jährige Hans L. gestiegen sein und eine Pistole gezogen haben. Drei Schüsse wurden auf die Brüder abgefeuert; Jens K. wurde in Lunge und Bauch getroffen, sein Bruder nur im Bauch. Beide brachen zusammen. Der Schütze und seine Begleiter flüchteten.
Auf dem Weg ins Krankenhaus verstarb Jens K.; ein Notarzt konnte nur noch seinen Tod feststellen. Wolfgang K. schwebte in Lebensgefahr, überlebte aber.
Eines der Autos, das am Tatort gesehen wurde, wurde kurz nach der Tat in Oststeinbek angehalten. Die Polizei nahm drei Männer fest, darunter auch einen Bruder des mutmaßlichen Schützen. Später wurde ein weiterer Bruder, Andreas L., festgenommen.
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Auch das zweite Fluchtfahrzeug – ein Mercedes – wurde von der Polizei gestoppt. Hans L. blieb jedoch verschwunden. In seinem Auto an der Merkenstraße (Billstedt) fanden die Beamten Messer, Schlagrohre und einen Totschläger mit Morgensternen, aber keine Schusswaffe.
Eine landesweite Fahndung nach L. wurde eingeleitet, jedoch fehlte von ihm jede Spur. Nur seine Familie, die auch in den Jahrzehnten darauf immer wieder für (Negativ-)Schlagzeilen in der Stadt sorgen sollte, wusste anscheinend, wo er sich versteckt hielt.
Ein Familienmitglied sagte damals der MOPO: „Wir rücken den Todesschützen nicht heraus. Wir wollen erst einen Altenrat einberufen. Da soll beschlossen werden, ob wir den Mann selbst aburteilen oder der Polizei ausliefern.“ Wenn sich Bekannte und Freunde der Brüder K. rächen wollten, dann kämen „alle Zigeuner aus ganz Deutschland“ hierher: „Dann gibt es einen Sippenkrieg!“
Familienältester bei der Mordkommission
Es kam nicht dazu. Obwohl der älteste Familienangehörige zu einem Verhör bei der Mordkommission in Lübeck vorgeladen wurde, verriet er den Aufenthaltsort des Gesuchten nicht. Zu Racheakten kam es nicht.
Wie die Ermittlungen in dem Verfahren endeten, ist Angaben der Lübecker Staatsanwaltschaft zufolge heute nicht mehr nachvollziehbar. Die Akten seien höchstwahrscheinlich fristgerecht vernichtet worden.
*alle Namen geändert