Vor 25 Jahren in Hamburg: Als James Bonds BMW das Fliegen lernte
Er trinkt den Wodka Martini geschüttelt, nicht gerührt: James Bond, seines Zeichens Doppelnull-Agent Ihrer Majestät. Der mit der Lizenz zum Töten. 25 Jahre sind vergangen, seit „Tomorrow Never Dies“, zu Deutsch: „Der Morgen stirbt nie“, mit Pierce Brosnan in die Kinos kam. Darin gibt es eine Szene, so sensationell, dass sie in die Geschichte des internationalen Films eingegangen ist: Ein BMW 750iL durchstößt eine Mauer und fliegt vom Parkdeck quer über die Mönckebergstraße, lässt eine Schaufensterscheibe splittern und landet passgenau in einer Avis-Filiale.
- Deutsch (Deutschland)
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Er trinkt den Wodka Martini geschüttelt, nicht gerührt: James Bond, seines Zeichens Doppelnull-Agent Ihrer Majestät. Der mit der Lizenz zum Töten. 25 Jahre sind vergangen, seit „Tomorrow Never Dies“, zu Deutsch: „Der Morgen stirbt nie“, mit Pierce Brosnan in die Kinos kam. Darin gibt es eine Szene, so sensationell, dass sie in die Geschichte des internationalen Films eingegangen ist: Ein BMW 750iL durchstößt eine Mauer und fliegt vom Parkdeck quer über die Mönckebergstraße, lässt eine Schaufensterscheibe splittern und landet passgenau in einer Avis-Filiale.
Der Gag am Ende der Szene: Der Bordcomputer des schrottreifen Fahrzeugs bedankt sich für die „angenehme Fahrt“. Das Ganze gedreht am 20. Juli 1997 in Hamburg.
Der Flug des BMW über die Mönckebergstraße wurde am 20. Juli 1997 gedreht
„Der Morgen stirbt nie“ ist der zweite 007-Film mit Pierce Brosnan. Ein wahres Hightech-Spektakel. Bösewicht ist der größenwahnsinnige Medienmogul Elliot Carver (gespielt von Jonathan Pryce), der rund um den Globus Zeitungen und TV-Sender besitzt und nicht davor zurückschreckt, einen Dritten Weltkrieg anzuzetteln, wenn es der Auflage und den Einschaltquoten dient. „Worte sind die neuen Waffen, Satelliten die neue Artillerie.“ Das ist Carvers Motto.
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Als es Carver tatsächlich gelingt, China und Großbritannien aufeinanderzuhetzen, kann nur noch einer helfen. James Bond. Der ist allerdings, als er telefonisch den Auftrag bekommt, doch bitte die Erde zu retten, schwer beschäftigt: Er vergnügt sich mit einer blonden Sprachlehrerin im Bett und bittet um etwas Zeit: „In einer halben Stunde. Ich lerne gerade noch ein wenig Dänisch.“
Als er sich endlich losreißt, bricht er auf nach Hamburg, wo sich die Zentrale von Carvers Medienimperium befindet. Bond nimmt an der feierlichen Einweihung eines neuen Nachrichtensatelliten teil, begegnet dabei zum ersten Mal Elliot Carver und läuft außerdem noch dessen Ehefrau Paris über den Weg, mit der er mal – Zufälle gibt’s! – eine innige Affäre hatte. Die beiden frischen ihre Beziehung noch mal auf. Kurz darauf ist Paris Carver tot und Bond liefert sich jene berühmte Verfolgungsjagd durchs Parkhaus.
So weit der Teil der Geschichte, der in Hamburg spielt.
Das Auto hat jede Menge „Extras“: Maschinengewehr, Raketenwerfer, GPS-Navigationssystem
Die ersten Dreharbeiten in der Hansestadt finden am 25. März 1997 statt. Schauplatz: der Flughafen Fuhlsbüttel. Elf Stunden ist das Filmteam beschäftigt – im fertigen Streifen werden daraus 30 Sekunden: James Bond schreitet durch den Terminal 2 und wirft an einem Zeitungskiosk einen Blick auf die Schlagzeilen, die allesamt vom drohenden Krieg handeln – die MOPO ist auch dabei. Am Leihwagenschalter wartet schon der als Avis-Mitarbeiter getarnte Geheimdienst-Cheftüftler Q, der dem Agenten sein neues Auto übergibt – einen BMW 750iL mit allerlei Extras, die Bond auch alle nutzen wird: Maschinengewehr, Raketenwerfer, GPS-Navigationssystem …
Übrigens: Während der Dreharbeiten wird der Flughafenterminal von Hunderten Fans und der gesamten Hamburger Medienszene belagert. Alle wollen einen Blick auf die Stars, ein Autogramm oder ein Interview erhaschen. So viel Wirbel hat der Airport nie zuvor und nie danach erlebt.
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Im Sommer 1997 schlägt das 250-köpfige 007-Filmteam erneut in der Hansestadt auf. Diesmal für vier Tage. Gedreht wird unter anderem auf der Mönckebergstraße. Sie ist vom Glockengießerwall bis zur C&A-Filiale total abgesperrt. Bauzäune, Bodyguards. Es gibt kein Durchkommen. Nicht mal für Taxis oder Busse.
Am 20. Juli 1997 – ein Sonntag – ist das Filmteam sehr nervös, denn die Schlüsselszene steht an – das fliegende Auto.
Der BMW hätte tatsächlich vom Haus fliegen sollen – aber Hamburgs Behörden lehnten ab
Im Film findet die Verfolgungsjagd im „Atlantic“-Parkhaus statt. Doch da das „Atlantic“ gar kein Parkhaus hat, werden die Aufnahmen auf dem Parkdeck des Horten-(heute Saturn-)Parkhauses gemacht, wo der BMW schließlich eine Mauer(-attrappe) durchbricht. Stunt-Koordinator Ronnie Paul hätte es gerne gesehen, wenn der Wagen tatsächlich in die Tiefe gestürzt wäre. Aber das haben Hamburgs Behörden abgelehnt. Leider.
Der Stunt-Experte hat sich eine Alternative überlegt: Ein drei Meter hohes Katapult hat er aufgebaut– eine sogenannte „Truck Ramp“, auf der der silberfarbene BMW eingespannt ist. 400 Schaulustige schrecken fürchterlich zusammen, als Ronnie Paul per Knopfdruck den Mechanismus auslöst. Dank Pressluft fliegt das Fahrzeug – übrigens ohne Fahrer – fünf Meter quer über die Mönckebergstraße, kracht in eine Avis-Filiale, die extra für den Film im Kaufhof-Gebäude aufgebaut wurde.
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Klappe. Szene im Kasten. Großer Jubel. Alles hat funktioniert. Der „richtige“ Sturz wird dann später an Modellen nachgestellt und alles mittels Schnitt-Technik zusammengebastelt.
Während der BMW auf der Mö das Fliegen lernt, dreht Pierce Brosnan im Hotel „Atlantic“. Er scherzt in Drehpausen mit Schaulustigen, gibt Autogramme, beantwortet Fragen der Presse. Er erzählt gut gelaunt, dass er um 5 Uhr aufgestanden sei, weil er um 6 schon fertig geschminkt vor dem Hotel habe stehen müssen. Aber das mache ihm nichts aus. Seit sein Sohn Dylan Thomas auf der Welt sei – er ist gerade sechs Monate alt – , sei an Ausschlafen ja sowieso nicht mehr zu denken, sagt der Schauspieler und lacht. Was er da eigentlich für eine Wunde im Gesicht hat, wollen die Reporter wissen. Er antwortet bereitwillig: „Vor zwei Tagen in London habe ich mir bei einer Actionszene ein Gewehr in die Wange gerammt. Wurde mit 18 Stichen genäht.“
Am Abend nach dem Dreh auf der Mö feiert das komplette Filmteam im „Zwick“
Schluss mit Smalltalk. Die nächste Einstellung wird gedreht: Brosnan läuft den Holzdamm hinunter, sieht sich immer wieder sorgfältig nach seinen Verfolgern um und betritt schließlich schwungvoll das „Atlantic“-Hauptportal. Im Film wird er gleich darauf Paris Carver tot in seiner Suite vorfinden und muss einen Auftragskiller namens Dr. Kaufmann ausschalten, der auch ihm nach dem Leben trachtet.
Anschließend findet die spektakuläre Flucht über das Dach des „Atlantic“ statt. Vor laufenden Kameras klettert Brosnan aus dem Fenster und dann die – eigens dafür angebrachte – Feuerleiter hoch. Auf dem Dach übernimmt ein Double: Aus Sicherheitsgründen läuft Brosnan nur das letzte ungefährliche Stück selbst. Im Hintergrund: die in der Sonne glitzernde Außenalster. Klappe.
Bevor das Filmteam zusammenpackt und zum nächsten Drehort abreist, wird am Abend noch tüchtig gefeiert: in der Rock-Kneipe „Zwick“. Brosnan (im hellen Anzug) und seine Lebensgefährtin Keely Shaye Smith (im tief-dekolletierten Kleid) sind mit dabei. Er steht draußen, raucht Zigarre, trinkt entspannt Wasser und Wein – und dann kommt zufällig Otto Waalkes vorbei. Es wird eine lange Nacht.
„Der Morgen stirbt nie“ hat am 9. Dezember 1997 im Odeon Leicester Square in London Weltpremiere. Drei Tage später, am Freitag, 12. Dezember, steht die Deutschland-Premiere an. Natürlich in Hamburg, wo denn sonst?
Mittags schweben Pierce Brosnan und seine Kollegen Jonathan Pryce, Michelle Yeoh und Götz Otto mit einem Privatjet aus Paris ein. Erst geben sie eine Pressekonferenz in der Handelskammer, danach werden sie von Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) empfangen und tragen sich ins Goldene Buch der Stadt ein.
Premierenfeier im Hotel Atlantic mit 1000 geladenen Gästen
Nach der Vorführung am Abend im Cinemaxx am Dammtor gibt es im „Atlantic“ eine Premierenfeier mit 1000 geladenen Gästen.
Wie der Film endet, ist klar: Das Gute in Gestalt von James Bond bleibt Sieger. Wie immer. Das Schlechte ist dem Untergang geweiht: Der fiese Medienmogul Carver landet im Fegefeuer.
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Außer in Hamburg ist der 90 Millionen Euro teure Film auch in Mexiko, Florida und Bangkok gedreht worden. In der thailändischen Hauptstadt entstand die berühmte Szene, in der Bond und eine an ihn gekettete chinesische Agentin mit einem Motorrad über die Dächer der Stadt rasen und schließlich sogar über einen Hubschrauber hinwegspringen. Atemberaubend. Fast so spektakulär wie der fliegende BMW.
Übrigens: Für die Dreharbeiten hat der bayerische Autoproduzent 17 Luxuskarossen gestellt. Acht davon hatten hinterher nur noch Schrottwert.
Der Filmtitel „Tomorrow Never Dies“ geht auf einen Irrtum zurück
Zum Schluss ein Detail, das schmunzeln lässt: Haben Sie sich schon mal gefragt, wieso der Film eigentlich „Tomorrow Never Dies“ heißt? Vorgesehen war laut Regisseur Roger Spottiswoode tatsächlich ein anderer Titel: „Tomorrow Never Lies“, und zwar in Anlehnung an den Beatles-Song „Tomorrow Never Knows“. Der Vorschlag wurde so auch per Fax an die MGM-Filmstudios übermittelt. Dort hat sich dann aber jemand verlesen. Den Produzenten gefiel „Tomorrow Never Dies“ so gut, dass es dabei blieb.