Mysteriöser Mord in Hamburg: Zwei Schüsse – dann fiel der Taxifahrer aus seinem Auto
Im September 1974 fuhren Hamburgs Taxifahrer mit Trauerflor: Einer der ihren, Paul J., war erschossen worden. Der Täter entkam mit ein paar Hundert Mark – und konnte nie ermittelt werden. Die MOPO rekonstruiert den mysteriösen Fall.
Paul J. fuhr seit seinem 40. Lebensjahr Taxi, immer nachts. Funk hatte er in seinem Mercedes-Taxi nicht. Am 5. September 1974 gegen 18 Uhr verlässt Paul J. seine Wohnung an der Otzenstraße (St. Pauli) und fährt seine Touren. Dabei steuert er Taxistände auf dem Kiez und in der City an. Zum Abendessen kehrt er gegen 22 Uhr zu seiner Frau nach Hause zurück. Um 22.45 Uhr sitzt er schon wieder in seiner Taxe. Wenig später steigt sein Mörder als Fahrgast zu ihm ins Auto.
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Im September 1974 fuhren Hamburgs Taxifahrer mit Trauerflor: Einer der ihren, Paul J., war erschossen worden. Der Täter entkam mit ein paar Hundert Mark – und konnte nie ermittelt werden. Die MOPO rekonstruiert den mysteriösen Fall.
Paul J. fuhr seit seinem 40. Lebensjahr Taxi, immer nachts. Funk hatte er in seinem Mercedes-Taxi nicht. Am 5. September 1974 gegen 18 Uhr verlässt Paul J. seine Wohnung an der Otzenstraße (St. Pauli) und fährt seine Touren. Dabei steuert er Taxistände auf dem Kiez und in der City an. Zum Abendessen kehrt er gegen 22 Uhr zu seiner Frau nach Hause zurück. Um 22.45 Uhr sitzt er schon wieder in seiner Taxe. Wenig später steigt sein Mörder als Fahrgast zu ihm ins Auto.
Paul J. hat ihn vermutlich am Taxistand Nobistor oder Neuer Pferdemarkt aufgelesen.
Die Fahrt geht ins Industrie- und Gewerbegebiet an der Werner-Siemens-Straße in Billbrook. Um 23.35 Uhr fallen hier zwei Schüsse.
Ein Anwohner sieht, wie der leblose Körper des Taxifahrers aus dem Auto gestoßen wird
Tödlich getroffen kann Paul J. noch die Alarmanlage im Taxi betätigen, ein lang gezogener Hupton ist zu hören. Doch dem Mörder gelingt es, schnell die Anlage abzuschalten. Ein Anwohner hat das Signal jedoch bemerkt und beobachtet, wie der leblose Körper des Taxifahrers aus dem Wagen gestoßen wird. Dann setzt sich das Taxi in Bewegung und fährt davon. Der Zeuge alarmiert die Polizei.
Die eintreffenden Beamten entdecken das Auto kaum 100 Meter weiter in einer Sackgasse. Der Täter ist zu Fuß weiter. Seine Beute: zwei Geldbörsen mit wenigen Hundert Mark.
Der Autor
Thomas Hirschbiegel (hier am Tatort Werner-Siemens-Straße) ist seit 1977 bei der MOPO. Der 63-Jährige war fast 40 Jahre Polizeireporter, berichtet heute als Chefreporter auch über Stadtentwicklung, Autos oder „Lost Places“.
Über den Mord vor 48 Jahren schreibt er: „Ich war damals noch Schüler, hatte als jüngster Freier Mitarbeiter der MOPO aber schon einige Fotos im Blatt gehabt. Doch die großen Fälle, wie diesen Mord, bearbeiteten natürlich damals die festen MOPO-Polizeireporter wie Christian Gottwaldt oder Jürgen Selonke.“
Die Polizei ermittelt, dass der Mörder eine belgische Pistole vom Typ „FN“ verwendete, doch weiter kam die Mordkommission nicht. Der Täter entkommt unerkannt.
Am 13. September 1974 erweisen 450 Hamburger Taxifahrer ihrem ermordeten Kollegen auf dem Friedhof Ohlsdorf die letzte Ehre, versuchen, seine Witwe Irmgard zu trösten. Das Ehepaar hatte sich so auf eine Traumreise nach Italien gefreut, die wenige Tage später eigentlich beginnen sollte. Paul J. hatte das ganze Jahr darauf gespart, um mit seiner Frau im sonnigen Süden die Silberhochzeit feiern zu können.