Hamburg: Skelette lagen 70 Jahre unbemerkt im Museumskeller
Die menschlichen Überreste lagen 70 Jahre lang unbemerkt im Depot des Museums am Rothenbaum (MARKK). Rein zufällig wurden sie jetzt entdeckt. Es handelt sich um Schädel und andere Skelettteile, die von „Forschern“ während der Deutschen Kolonialzeit in Tansania und Ostafrika „gesammelt“ worden waren.
Die menschlichen Überreste lagen 70 Jahre lang unbemerkt im Depot des Museums am Rothenbaum (MARKK). Rein zufällig wurden sie jetzt entdeckt. Es handelt sich um Schädel und andere Skelettteile, die von „Forschern“ während der Deutschen Kolonialzeit in Tansania und Ostafrika „gesammelt“ worden waren.
Europaweit wird zurzeit über geraubte Kunst aus Afrika diskutiert und Deutschland ist vorn dabei, wenn es um die Rückgabe von Kunstgegenständen wie den „Benin-Bronzen“ an Nigeria geht. Doch europäische Kolonialisten, Abenteurer und sogenannte Wissenschaftler haben um das Jahr 1900 auch in großem Stil menschliche Skelette für fragwürdige ethnologische Forschungen aus Afrika mitgenommen. Allein die Stiftung Preußischer Kulturbesitz lagert mehr als 5000 vom Körper abgetrennte Schädel von Afrikanern. Und der Verlust dieser Körperteile Verstorbener ist nach dem Verständnis vieler Afrikaner noch schwerwiegender als der Verlust von Kunstgegenständen. Eine würdige Bestattung aller Körperteile ihrer Ahnen ist für viele afrikanische Stämme von existenzieller Bedeutung – bis heute.
Es ist also Zeit, dass sich westliche Museen mit der Rückgabe solcher Skelettteile beschäftigen.
Direktor war stolz auf seine „Schädelsammlung”
Doch daran hapert es – auch in Hamburg. Georg Christian Thilenius (1868–1937) war ab 1904 Direktor des damaligen Völkerkundemuseums. In seiner Amtszeit bis 1935 machte er das Hamburger Haus zu einem der größten ethnografischen Museen Europas. Er ließ Hunderttausende Objekte in den eindrucksvollen Bau an der Rothenbaumchaussee schaffen.

So entstand dort auch eine „Rassekundliche Schausammlung“. Fein aufgereiht konnten die Hamburger hier Schädel von Menschen aus Afrika, Asien oder Australien bewundern und sich vielleicht auch ein klein wenig gruseln. Eitel vermerkte Direktor Thilenius 1928, dass seine Sammlung die erste ihrer Art in Deutschland sei, und schickte eine Pressemeldung an fünf Hamburger Tageszeitungen.
1953 übernahm die Universität Göttingen diese Hamburger „Schädel-Kollektion“. Bis heute verweist die Göttinger Georg-August-Universität stolz auf diese Ansammlung menschlicher Schädel
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Doch mindestens 100 Skelettteile blieben 1953 in Hamburg und wurden im Völkerkundemuseum „vergessen“. Sie sollen in geschlossenen Behältnissen verwahrt und deswegen all die Jahrzehnte so nicht einsehbar gewesen sein. Auf MOPO-Nachfrage erklärte das Museum nach mehreren Wochen, man habe die menschlichen Überreste im Rahmen eines „aktuellen Inventurprozesses“ eher zufällig entdeckt. Zusammen mit der Uni Göttingen solle nun im Rahmen eines Provenienzforschungsprojekts die genaue Herkunft der Objekte geklärt werden.