Dieser Hamburger schrieb den ersten globalen Pophit der Musikgeschichte
Der spätere US-Präsident Dwight D. Eisenhower nannte Hans Leip „den einzigen Deutschen, der der ganzen Welt im Krieg Freude gemacht hat“ und ließ sich von ihm ein Autogramm auf einer Dollarnote geben. Hans Leip hätte eigentlich einen Ehrenplatz im kollektiven Gedächtnis unserer Stadt verdient. Doch der Mann, der am 22. September 1893 in Hamburg geboren wurde, ist in Vergessenheit geraten. Das gilt auch für sein Werk – allerdings mit einer großen Ausnahme: Ein Lied aus Leips Feder brachte es zum Welthit, wurde zum ersten globalen Popsong der Musikgeschichte. Ob in Hamburg, London, Paris, Moskau oder Washington – überall können es die Leute mitsingen oder doch wenigstens mitsummen. Bis heute.
Der spätere US-Präsident Dwight D. Eisenhower nannte Hans Leip „den einzigen Deutschen, der der ganzen Welt im Krieg Freude gemacht hat“ und ließ sich von ihm ein Autogramm auf einer Dollarnote geben. Hans Leip hätte eigentlich einen Ehrenplatz im kollektiven Gedächtnis unserer Stadt verdient. Doch der Mann, der am 22. September 1893 in Hamburg geboren wurde, ist in Vergessenheit geraten. Das gilt auch für sein Werk – allerdings mit einer großen Ausnahme: Ein Lied aus Leips Feder brachte es zum Welthit, wurde zum ersten globalen Popsong der Musikgeschichte. Ob in Hamburg, London, Paris, Moskau oder Washington – überall können es die Leute mitsingen oder doch wenigstens mitsummen. Bis heute.
Die Rede ist von „Lili Marleen“, einem Lied, das von Abschied, Sehnsucht und Todesfurcht handelt, im Zweiten Weltkrieg an allen Fronten gehört und von Freund und Feind gleichermaßen geliebt wurde. Der Schriftsteller John Steinbeck nannte es „das schönste Liebeslied aller Zeiten“ und Diktator Adolf Hitler war der Überzeugung, es werde „möglicherweise uns alle überdauern“.
„Lili Marleen“: Hans Leip schreibt das Lied, als er 1915 vor einer Kaserne Wache schiebt
Leip, der das Lied 1915 als 22-Jähriger auf einen Zettel kritzelte, während er in Berlin vor einer Kaserne Wache schob, ist in St. Georg aufgewachsen. Am Haus Lange Reihe 91 stößt der aufmerksame Spaziergänger auf ein Hinweisschild, denn dort verbrachte der Sohn eines Seemanns und Hafenarbeiters seine Jugend.
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Leips Sehnsucht galt von klein auf dem Wasser. Als Junge träumte er davon, es seinem Vater gleich zu tun und ebenfalls zur See zu fahren. Wenigstens für drei Wochen ging dieser Traum in Erfüllung, denn als 17-Jähriger fuhr Leip während der Schulferien als Gehilfe des Schiffkochs auf einem Fischdampfer mit.
Doch die Mutter, die unbedingt wollte, dass ihr begabter Sohn den Lehrerberuf ergreift, setzte sich durch: Leip studierte und erwarb 1914 die Lehrbefugnis für die Fächer Sport und Religion. Im Frühjahr desselben Jahres trat er seine erste Stelle an: an einer Schule in Rothenburgsort.

Kurz darauf wurde er zu den Waffen gerufen und gleich zu Beginn des Ersten Weltkriegs an die Front geschickt. Am Tag, nachdem er „Lili Marleen“ geschrieben hatte, wurde seine Einheit von Berlin an die Ostfront verlegt. Eine Erfahrung, die sein Leben nachhaltig prägte. Er wurde zum überzeugten Pazifisten. „Mordbrenner-Verbrechen“, so nannte er ab da Kriege.
Nach dem Ersten Weltkrieg versucht sich Leip als Grafiker und Zeichner
1917 verletzte sich Leip bei einem Sturz so schwer, dass er für dienstuntauglich erklärt und aus dem Militärdienst entlassen wurde. Nach Kriegsende beendete Leip seine Lehrtätigkeit und widmete sich zunächst dem Malen und Zeichnen: Rund 3600 Bilder, Grafiken, Zeichnungen, Holzschnitte, Linoldrucke und Lithografien schuf er. Nebenher schrieb er Kurzgeschichten und Kunstkritiken für Hamburger Zeitungen.

1925 hatte Leip dann als Autor seinen großen Durchbruch: Bei einem Wettbewerb der „Kölnischen Zeitung“ erhielt er für seinen historischen Abenteurerroman „Godekes Knecht“ den ersten Preis. In der Jury saß kein Geringerer als Thomas Mann, der große Nobelpreisträger aus Lübeck, der Leips Werk in höchsten Tönen lobte. Das war der Ritterschlag für den jungen Schriftsteller.
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In „Godekes Knecht“ erzählte Leip das Schicksal der Seeräuber um Godeke Michel und Klaus Störtebeker. Am Thema Seefahrt hielt Leip auch in seinen späteren Werken fest: Immer wieder standen Menschen von der Küste und auf hoher See im Mittelpunkt seiner Arbeiten. Der Roman „Jan Himp und die kleine Brise“ wurde zu seinem erfolgreichsten Buch.
1925 schafft er den Durchbruch als Schriftsteller: Thomas Mann lobt ihn in höchsten Tönen
Ganz entscheidend fürs Leips Karriere wurde die 1937 in Hamburg verlegte Anthologie „Die kleine Hafenorgel“. Darin publizierte Leip erstmals sein Gedicht „Lili Marleen“. Noch im selben Jahr stieß der erfolgreiche Komponist Norbert Schultze – versiert als Autor martialischer Propagandamusik – auf die traurigen Verse vom Abschied vor dem Kasernentor und unterlegte sie mit genau den Marschtakten, die ins militaristische Klima der NS-Zeit passten.

1939 wurde der von der Sängerin Lale Andersen interpretierte Song von Electrola auf Schallplatte veröffentlicht, allerdings floppte die Scheibe. Gerade mal 700 Exemplare wurden verkauft. Das änderte sich, als 1941 die Wehrmacht Belgrad einnahm und damit begann, von dort Radio für die deutschen Soldaten an der Front zu machen.
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Weil es außer serbischer Marschmusik kaum brauchbares Material gab, wurde eine Kiste Schallplatten aus Wien geholt – darunter das „Lied eines jungen Wachtpostens“, das als „Lili Marleen“ berühmt wurde. Der Soldatensender Belgrad, der von Nordafrika bis ins norwegische Narvik empfangen werden konnte, spielte es ab dem 18. August 1941 jeden Tag zum Abschluss des Programms um 21.57 Uhr – übrigens zum Ärger von Propagandaminister Joseph Goebbels, der das Lied zwischenzeitlich verbieten ließ, weil es ihm zu defätistisch, zu sentimental war.
„Lili Marleen“ – ab 1941 ein Lied, das an allen Fronten gesungen wird, von Freund und Feind
Nicht nur die deutschen, auch die alliierten Soldaten waren verrückt nach „Lili Marleen“. Es wird berichtet, dass die Briten in Nordafrika oft „Louder please, comrades!“ hinüberriefen, wenn die Deutschen in ihren Stellungen das Lied im Radio hörten. Die Waffen schwiegen dann für einige Minuten. „Überall in der Wüste“, so hielt ein britischer Kriegsberichterstatter fest, „pfiffen englische Soldaten das Lied“. Ab 1943 sang Marlene Dietrich eine englische Version vor US-Soldaten und machte es schließlich bei den alliierten Truppen populär.

Reich wurde Hans Leip durch den Welterfolg seines Liedes übrigens nicht. „Die Soldatensender zahlten leider keine Tantiemen“, sagte er einmal schmunzelnd.
Umstritten und zwielichtig ist Leips Rolle im Nationalsozialismus. Leip, der von sich später sagte, er habe von Politik nichts verstanden, versuchte sich, durchzulavieren. Er publizierte in Goebbels‘ Zeitschrift „Das Reich“, schrieb Drehbücher für die UFA und ließ sich von der NS-Propagandaführung als Biograph des zum arischen Kämpfertypus stilisierten Boxstars Max Schmeling gewinnen.
Leip nahm 1940 und 1941 an den sogenannten Weimarer Dichtertreffen teil, die von Goebbels als Schaulauf für die nationalsozialistische Literaturelite organisiert wurden. Am 1. September 1942 zeichnete Adolf Hitler ihn und rund 50 weitere Schriftsteller und Drehbuchautoren mit dem Kriegsverdienstkreuz II. Klasse aus.
Leips Rolle im Nationalsozialismus ist zwielichtig: Er wird geehrt und hofiert
Leip war der klassische Mitläufer, versuchte nicht anzuecken. Manchmal bewies er aber auch Mut: Etwa, als er sich für die Freilassung seines jüdischen Förderers Oscar Isey aus dem KZ einsetzte. Außerdem ging er 1938 zur Beerdigung des als „entartet“ erklärten Bildhauers Ernst Barlach – das hätte ernste Konsequenzen für ihn haben können. Nachdem Hamburg im Sommer 1943 während der alliierten „Operation Gomorrha“ in weiten Teilen in Schutt und Asche gelegt worden war – er erlebte die Angriffe hautnah mit –, thematisierte Leip die Zerstörung seiner Heimatstadt in seinem „Lied im Schutt“, was ihn unter Umständen ins KZ hätte bringen können.

Leip, der ab 1940 vorwiegend am Bodensee und in Tirol gelebt hatte, zog 1948 in die Schweiz. Er veröffentlichte noch viele weitere Bücher, aber von seinen zahlreichen Romanen, Erzählungen, Gedichten, Theaterstücken, Hörspielen und Filmdrehbüchern hat nichts für so viel Furore gesorgt und eine solch große Bekanntheit erlangt wie „Lili Marleen“, das Liebeslied vom traurigen Abschied eines Frontsoldaten.
1961 wurde Leip vom Hamburger Senat mit der Medaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet. 1973 verlieh ihm der Senat eine Ehrenprofessur sowie 1978 die Biermann-Ratjen-Medaille.
Am 6. Juni 1983 starb Hans Leip in seinem Haus in Fruthwilen im Kanton Thurgau. In Altona ist das Hans-Leip-Ufer nach ihm benannt.
Johannes Kirchberg will Hans Leip ins Bewusstsein der Hamburger zurückholen
Hans Leip zurückzuholen ins Bewusstsein der Hamburger, das ist das Ziel, das sich der Chansonnier, Liedermacher und Interpret Johannes Kirchberg gesetzt hat. Der gebürtige Leipziger, der seit vielen Jahren in Hamburg lebt, hat soeben eine neue CD herausgebracht: „Wie einst Lili Marleen“ heißt sie.

Auf einer Konzerttournee stellt er sie jetzt der Öffentlichkeit vor. Termine: 11. Oktober (19 Uhr) im Gosslerhaus in Blankenese, am 22. Oktober (18 Uhr) auf dem Theaterschiff Hamburg am Nikolaifleet, am 4. November (20 Uhr) im Tschaikowsky-Saal auf St. Pauli und am 11. November (19.30 Uhr) im Tonali-Saal im Grindelviertel.
Während der Corona-Jahre hatte sich Kirchberg intensiv mit Leip beschäftigt – und ist ein Riesen-Fan geworden. „Die Geschichten vom Hafen, vom Segeln auf der Elbe, von Blankenese und St. Pauli – all das ist herzerfrischend“, findet Kirchberg und sagt zur MOPO: „Auch in Anbetracht der Bilder aus der Ukraine sind seine Beschreibungen von der Heimkehr in ein kriegszerstörtes Hamburg bedrückend, eindringlich und aktuell.“
Kirchbergs CD „Wie einst Lili Marleen“ ist ab sofort im Handel erhältlich
Johannes Kirchberg hat die Genehmigung von Leips Nachfahren, dessen Gedichte neu zu vertonen und bietet in seinem Programm „Wie einst Lili Marleen“ eine Begegnung mit dem Künstler und Menschen Hans Leip. Kirchberg begibt sich in ein Zwiegespräch mit Leip, stellt ihm Fragen und beantwortet diese mit Auszügen aus seinem Werk.

Dann schlüpft Kirchberg auch selbst in die Rolle des Hans Leip. Er lässt ihn von seinen ersten Erfahrungen als Jugendlicher auf der Reeperbahn staunen, erzählen, wie er mit dem Zug ins kriegszerstörte Hamburg fährt oder wie er die spannende Entstehungsgeschichte seines Welterfolges „Lili Marleen“ rekapituliert.
Kirchbergs CD kann übrigens ab sofort gekauft werden: überall im Handel oder auf dermenschistgut.de.