Terror in Hamburg: Blutige Rache für Che Guevaras abgehackte Hände
Diese Geschichte handelt von Hitlers Lieblings-Regisseurin Leni Riefenstahl, Generalfeldmarschall Erwin Rommel, südamerikanischen Geheimdienstlern, bolivianischen Terroristen und den abgehackten Händen Che Guevaras. Klingt verwirrend? Okay, fangen wir erst mal mit den Fakten an: Am 1. April 1971 wird der bolivianische Generalkonsul Roberto Quintanilla an der Heilwigstraße in Eppendorf erschossen...
Diese Geschichte handelt von Hitlers Lieblings-Regisseurin Leni Riefenstahl, Generalfeldmarschall Erwin Rommel, südamerikanischen Geheimdienstlern, bolivianischen Terroristen und den abgehackten Händen Che Guevaras. Klingt verwirrend? Okay, fangen wir erst mal mit den Fakten an: Am 1. April 1971 wird der bolivianische Generalkonsul Roberto Quintanilla an der Heilwigstraße in Eppendorf erschossen…
Die junge attraktive Dame, die kurz vor zehn Uhr das Haus Heilwigstraße 125 betritt, hat einen Termin im dortigen „Consulado General de Bolivia“. Sie hatte sich am Telefon als Australierin ausgegeben, die Visa-Fragen für eine Reisegruppe klären müsse. Konsul Quintanilla empfängt die Besucherin persönlich und bietet ihr in seinem Büro einen Stuhl an.

Dann fallen drei Schüsse. Die junge Frau hat einen Colt-Revolver des Typs „Cobra“ gezogen und den Diplomaten niedergeschossen. Nun will die Täterin flüchten, doch ihr stellt sich die Frau des Konsuls in den Weg. Es kommt zu einer Rangelei und die Attentäterin lässt die Tatwaffe, eine blonde Perücke, eine Brille und eine Handtasche zurück. In der blauen Tasche entdecken Beamte der Hamburger Kripo später einen Zettel mit dem Text: „Victoria o Muerte“ – „Sieg oder Tod“.
Die Täterin kann entkommen. Ihr Opfer wird ins UKE gebracht und stirbt dort kurz nach der Einlieferung.
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Die Kripo geht in den kommenden Tagen mehr als 150 Hinweisen nach. Es verhärtet sich der Verdacht, dass es sich bei der Mörderin um die 1937 in München geborene Monika Ertl handelt. Die Tatwaffe stammt aus dem Besitz des italienischen Verlegers Giangiacomo Feltrinelli. Der Kommunist war 1969 in den Untergrund gegangen und starb 1972 unter nie genau geklärten Umständen beim Versuch, in der Nähe von Mailand einen Hochspannungsmast zu sprengen. Auch Monika Ertl starb wenig später eines gewaltsamen Todes.
Das filmreife Leben des Vaters der mutmaßlichen Attentäterin
Hans Ertl, geboren im Jahr 1908, können wir uns als einen frühen Reinhold Messner vorstellen, nur noch etwas umtriebiger. Der Abenteurer war Bergsteiger, Stuntman, Kameramann und Kriegsberichterstatter. Als solcher war er der „Leibfotograf“ von „Wüstenfuchs“ Feldmarschall Erwin Rommel. Vorher war Ertl Kameramann und wohl auch kurzzeitig Liebhaber von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl.
Liebhaber von Leni Riefenstahl, Fotograf von Erwin Rommel
Wegen seiner Nähe zu den Nazis erhielt Ertl nach dem Krieg Berufsverbot. Er schlug sich als Pressefotograf durch und ging 1953 nach Bolivien. Monika Ertl, von ihrem Vater zärtlich „Mockel“ gerufen, wuchs in dem südamerikanischen Land auf und agierte bei verschiedenen Filmprojekten in der Wildnis als Assistentin ihres Vaters. Hans Ertl sagte einmal über seine Tochter: „Sie ist ein halber Junge, schießt wie ein Kerl.“

Monika Ertl engagiert sich für die Armen und war entsetzt über das Elend der Landbevölkerung in dem von einem rechten Militärdiktator regierten Land. In den späten 1960er Jahren schloss die Frau sich der Terrororganisation ELN an. Diese war 1966 von keinem Geringeren als dem 1967 von bolivianischen Soldaten erschossenen „Comandante“ Che Guevara gegründet worden.
Zunächst versorgte Monika Ertl die Terroristen nur und gewährte ihnen Unterschlupf. Doch dann beteiligte sie sich an Gewaltaktionen, bekam den Kampfnamen „La Gringa“ und wurde seit 1970 wegen eines Banküberfalls in ganz Bolivien gesucht. „Sie hat niemals Angst“, sagte ein bolivianischer Mitkämpfer später über die Deutsche.
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In diesen Jahren spielte der spätere Hamburger Konsul Roberto Quintanilla in seinem Land eine wichtige Rolle beim Geheimdienst. Als Oberst soll er sogar der Chef der Truppe gewesen sein. Quintanilla wurde für den Tod etlicher Kämpfer der ELN verantwortlich gemacht.
Hamburger Konsul Quintanilla war Geheimdienstler
Der brutale Geheimdienstler soll auch für den Tod des ELN-Führers Inti Peredo verantwortlich gewesen sein. Der war angeblich Monika Ertls Geliebter. Sie schrieb nach Peredos Tod folgende an Oberst Quintanilla gerichtete Zeilen: „Quintanilla, Quintanilla, du wirst in deinen Nächten keinen Frieden finden. Du raubtest Inti das Leben und du meintest das ganze Volk.“
Außerdem soll Quintanilla der Offizier gewesen sein, der angeordnet hatte, dass dem toten Che Guevara die Hände abgehackt wurden. So wollte der Oberst über die Fingerabdrücke beweisen, dass es sich bei der Leiche eindeutig um den legendären „Comandante“ handelt.

Monika Ertl hatte also ein starkes Motiv, den seit 1970 in Hamburg als Konsul wirkenden Geheimdienst-Oberst zu töten. Auf alle Fälle machte die ELN-Anhängerin nach dem Mord an dem Konsul in Hamburg weiter Schlagzeilen. 1972 plante sie zusammen mit Beate und Serge Klarsfeld den ehemaligen SS-Hauptsturmführer Klaus Barbie zu entführen. Der Nazi-Offizier war während des Zweiten Weltkriegs in Lyon für Morde und Folterungen verantwortlich.
Versuch, den „Schlächter von Lyon“ zu entführen scheitert
Der „Schlächter von Lyon“ konnte nach Kriegsende nach Bolivien entkommen. Monika Ertls Vater hatte dem Nazi-Schergen dort einen Job in einem Sägewerk verschafft. Beide sollen Nachbarn gewesen sein. Die Entführung des SS-Offiziers scheiterte schließlich.
Monika Ertl hielt sich dann in Chile und Kuba auf, aus unbekannten Gründen kehrte sie nach Bolivien zurück und wurde hier am 12. Mai 1973 in La Paz bei einem Feuergefecht von Militärs erschossen. Der Verbleib ihrer Leiche ist bis heute unbekannt.
War Monika Ertl nun die Attentäterin von Eppendorf? Ihre Täterschaft gilt als sehr wahrscheinlich, doch bewiesen wurde sie nie.