110 Jahre: Die unglaubliche Geschichte von Hamburgs schönstem Kaufhaus
Unter dem Namen „Alsterhaus“ kennt es heute jeder: Als es vor 110 Jahren am 24. April 1912 eröffnet wird, trägt es noch den Namen „Warenhaus Hermann Tietz“. Die Besucher, die an diesem Tag hineinströmen, trauen ihren Augen nicht. Nicht nur dass das Gebäude mit einer Grundfläche von 5200 Quadratmetern gigantische Ausmaße hat – da hält eigentlich nur noch das Rathaus mit! Darüber hinaus gibt es im Inneren etliche architektonische Meisterleistungen zu bewundern.
„Beim Betreten unseres neuen Hauses“, so schwärmt Oscar Tietz, der Besitzer der Tietz-Warenhauskette, „fällt dem Besucher sogleich der imposante, gewaltige Lichthof ins Auge, der erste in dieser Art in Hamburg.“ Das neue fünfstöckige Kaufhaus hat für damalige Verhältnisse ein schier unglaublich breites Sortiment. Das „Warenhaus Hermann Tietz“ setzt 1912 Maßstäbe. Es ist eins der schönsten und modernsten Kaufhäuser Deutschlands. Es folgt eine bewegende Geschichte durch Wirtschaftskrisen, Nazizeit, erzwungene Verkäufe und neuen Glanz.
Unter dem Namen „Alsterhaus“ kennt es heute jeder: Als es vor 110 Jahren am 24. April 1912 eröffnet wird, trägt es noch den Namen „Warenhaus Hermann Tietz“. Die Besucher, die an diesem Tag hineinströmen, trauen ihren Augen nicht. Nicht nur dass das Gebäude mit einer Grundfläche von 5200 Quadratmetern gigantische Ausmaße hat – da hält eigentlich nur noch das Rathaus mit! Darüber hinaus gibt es im Inneren etliche architektonische Meisterleistungen zu bewundern.
„Beim Betreten unseres neuen Hauses“, so schwärmt Oscar Tietz, der Besitzer der Tietz-Warenhauskette, „fällt dem Besucher sogleich der imposante, gewaltige Lichthof ins Auge, der erste in dieser Art in Hamburg.“ Oscar Tietz selbst ist ganz entzückt vom „wundervoll milden Licht“, das durch die Glaskuppel in das Gebäude fällt. Es gibt wertvolle Säulen aus grün schimmerndem Pavonazzo-Marmor, herrliche Glasmosaiken, großzügige Bronzearbeiten sowie blank polierte Messinggeländer, in denen sich sechzehnarmige Kronleuchter spiegeln.
Das „Warenhaus Hermann Tietz“ setzt bei der Eröffnung 1912 Maßstäbe

Das neue fünfstöckige Kaufhaus hat für damalige Verhältnisse ein schier unglaublich breites Sortiment: Neben einem Teppichsaal, der mit aufwendigen Kunstverglasungen gestaltet ist, beeindruckt die Kunden vor allem die Lebensmittelabteilung, denn eine solche Vielfalt an Lebensmitteln ist neu: Frischfleisch, Fluss- und Seefisch, Früchte und Delikatessen aus der ganzen Welt – das alles präsentiert in modernen Glasvitrinen – machen das Haus zu einem beliebten Anlaufpunkt für Gourmets.
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Das „Warenhaus Hermann Tietz“ setzt 1912 Maßstäbe. Es ist eins der schönsten und modernsten Kaufhäuser Deutschlands.

Gegründet wird es von Oscar Tietz, einem deutsch-jüdischen Kaufmann, der am 18. April 1858 in Birnbaum an der Warthe (Provinz Posen) zur Welt gekommen ist. Nach einer kaufmännischen Lehre legt er in Gera den Grundstein für sein Warenhaus-Imperium: Dort eröffnet er am 1. März 1882 ein Garn-, Knopf-, Posamentier-, Weißwaren- und Wollwarengeschäft, das er nach seinem Onkel „Hermann Tietz“ nennt – aus Dankbarkeit, denn der hat ihm das Startkapital für seine Unternehmung gegeben.
Oscar Tietz ist der Gründer des gigantischen Warenhauskonzerns
Ab 1886 eröffnet Oscar Tietz weitere Warenhäuser in vielen deutschen Städten. 1897 besucht er Hamburg, weil der Hafen damals die Hochburg des Kaffeehandels ist und er für seine Lebensmittelabteilungen Kaffee ordern will. Er ist schwer beeindruckt von der Lebhaftigkeit und Eleganz der Stadt und sieht sich sofort nach einer geeigneten Immobilie um. An der Seite eines ortskundigen Maklers entdeckt er auf seinen Erkundungsstreifzügen dann auch einen schönen Laden: und zwar in einem alten Fleethaus am Großen Burstah, damals – die Mönckebergstraße gab es ja noch nicht – die wichtigste Verkehrs- und Einkaufsstraße der Stadt.

Tietz erwirbt das Gebäude, und es ist für Hamburg ein epochales Ereignis, als dort am 1. März 1897 das „Waarenhaus (ja, damals noch mit zwei „a“!) Hermann Tietz“ seine Pforten öffnet. Es handelt sich um das erste moderne Kaufhaus in der Geschichte der Stadt. Erlesene Möbel, echte Orientteppiche, Hutkreationen aus Paris und Sonnenschirme aus reiner Seide. All das gibt es dort kaufen. So etwas haben die Hamburger bis dahin nicht gesehen.
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Die erste Hamburger Niederlassung befindet sich ab 1897 am Großen Burstah

Das Problem ist allerdings: Die Bedeutung des Großen Burstah schwindet mit der Zeit. Es ist stattdessen der Jungfernstieg, der sich eineinhalb Jahrzehnte später zur beliebtesten Shoppingmeile der Stadt gemausert hat. Und weil Oscar Tietz mit seinen Filialen immer da sein will, wo das Leben pulsiert, entscheidet er sich, umzuziehen.
Dazu erwirbt er zwischen Jungfernstieg und Poststraße zwei komplette Häuserreihen sowie das Hotel „Zum Kronprinzen“ und lässt das neue Warenhaus erbauen – das sich jetzt nur noch mit einem „a“ schreibt.
Im Inflationsjahr 1923 stirbt der Konzerngründer. Oscar Tietz‘ Söhne Georg und Martin treten an die Spitze des Familienunternehmens und bauen es zum größten Warenhauskonzern Europas aus. Sie übernehmen das „KaDeWe“ in Berlin, einige Filialen des Kaufmanns Adolf Jandorf und sämtliche Warenhäuser des Konkurrenten Alexander Conitzer. Der Siegeszug scheint nicht mehr aufzuhalten. Beim 50-jährigen Firmenjubiläum 1932 arbeiten im Hermann-Tietz-Konzern mehr als 20.000 Beschäftigte in 19 Filialen. Ein wahres Imperium.

Aber dann geht’s mit einem Mal bergab. Wirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre sorgen dafür, dass die Umsätze schrumpfen. Der Konzern ist auf Kredite angewiesen. Und das wird den Besitzern zum Verhängnis.
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Als 1933 die Nazis die Macht ergreifen, verweigern nämlich Dresdner, Deutsche und Commerzbank jede weitere Unterstützung. Einem Juden Geld zu leihen, ist nicht mehr opportun, seit Adolf Hitler Reichskanzler ist. Ganz gezielt wird das Unternehmen in die Pleite getrieben. So bietet sich den Banken die Chance, den wertvollen Konzern für ‘nen Appel und ‘n Ei selbst zu übernehmen.

Dann kommt der 1. April 1933, der Tag des Judenboykotts. SA-Schläger stehen vor den Schaufenstern und halten Schilder hoch, auf denen es heißt: „Deutsche wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!“ Nun erkennt die Familie Tietz, dass sie keine Zukunft mehr in Deutschland hat. Sie gibt dem Druck nach und verkauft ihre Anteile zu einem Schleuderpreis von 1,5 Millionen Reichsmark an das Bankenkonsortium.
Die Nazis benennen das Warenhaus um: Ab 1935 heißt es „Alsterhaus“
Während die Familie Tietz ins Ausland flieht, werden zwei arische Geschäftsführer bestellt: Einer der beiden ist Georg Karg, der schon seit Längerem den Textileinkauf der Tietz-Häuser leitet. Der Warenhaus-Konzern wird von „Hermann Tietz“ in „Hertie“ umbenannt. Ab 1936 heißt die Filiale am Jungfernstieg „Alsterhaus“.

Nach dem Krieg verlangen die Tietz-Erben ihr Eigentum zurück. Hertie-Chef Georg Karg wehrt sich und behauptet, die Familie sei keineswegs zum Verkauf gezwungen worden, sondern seinerzeit aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Unternehmen ausgeschieden. Aber niemand glaubt ihm. Am Ende kommt es zu einem Vergleich: Die Familie erhält wenigstens die Filialen in München, Stuttgart und Karlsruhe zurück.
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Das Alsterhaus, das bis 1965 übrigens Hauptsitz des Hertie-Konzerns ist, profitiert vom Wirtschaftswunder der 50er Jahre und gewinnt sehr bald seine führende Position als gehobenes Warenhaus zurück. In den 60er Jahren vergrößert sich die Verkaufsfläche auf 19.000 Quadratmeter. 1983 wird der Bau mit einem Aufwand von rund 50 Millionen Mark im Inneren komplett neu gestaltet.

Die Feierlichkeiten zum 75-jährigen Jubiläum im Jahr 1987 sind gekrönt von königlichem Besuch: Prinz Charles und Lady Diana sind zu Gast. Das Prinzenpaar eröffnet dort die „Britische Woche“ und rührt die Werbetrommel für Produkte von der Insel. Tausende Menschen kommen zum Jungfernstieg, um einen Blick auf die Royals zu erhaschen.
Ab 1994 wechselt das Alsterhaus häufig den Besitzer
1994 wird Hertie – und damit auch das Alsterhaus – vom alten Konkurrenten Karstadt übernommen. Kurz nach der Jahrtausendwende beginnt ein erneuter Umbau. Im November 2004 wird die neue Fassade enthüllt, deren siebeneinhalb Meter hohe Fensterfront eine der höchsten in Deutschland ist. Auch das Innere wird umstrukturiert: Department-Stores mit vielen Anbietern und Marken charakterisieren jetzt das Sortiment. Dazu ein Feinschmecker-Boulevard und exquisite Abteilungen für Kosmetik und Accessoires.

Ab 2010 ändern sich rasant die Besitzverhältnisse: Zunächst übernimmt Nicolas Berggruen den Karstadt-Konzern. 2014 erwirbt die Signa Holding GmbH rund um den österreichischen Milliardär René Benko die Karstadt Premium GmbH. Inzwischen hält die italienische Warenhausgruppe La Rinascente die Mehrheitsanteile an der KaDeWe Group, zu der außer dem KaDeWe selbst auch das Alsterhaus und das Oberpollinger gehören.
Und ein neues Facelifting gibt’s für das Alsterhaus auch: Ab 2016 erhält es durch Umbauten eine grundlegend neue Struktur. Auf 24.000 Quadratmetern präsentiert sich Hamburgs nobelstes Kaufhaus heute in einem exklusiven Ambiente aus historischer Bausubstanz und junger Innenarchitektur.

Das „Alsterhaus“ ist ein Stück Hamburg – seit 110 Jahren
„Wie eh und je wird Gästen aus nah und fern die bewährte Mischung aus hochwertigen Produkten und zuvorkommendem Service geboten“, heißt es auf der Unternehmens-Homepage. „Das Alsterhaus ist ein Stück Hamburg“ – und das seit 110 Jahren.