• Die Bewohner des Künstler-Hinterhofes in der Sillemstraße kämpfen für ihre Gemeinschaft. Allen voran Timo Schwarz (l.), Nadine Faulhaber und Till Haupt.
  • Foto: Patrick Sun

Hinterhof in Hamburg: Künstler kämpfen für Erhalt ihrer Eimsbüttler Oase

Eimsbüttel –

Der Künstlerhinterhof an der Sillemstraße, eine kleine Oase im Eimsbütteler Trubel, soll einem Neubau mit Eigentumswohnungen weichen. Kreativität, Kultur und eine lebendige Nachbarschaft würden dann den Verdichtungsmaßnahmen des Senats und einem tückischen Geschäftsmann zum Opfer fallen. Ist der Preis für neuen Wohnraum der Verlust der Stadtkultur?

Hintergrund: Seit Anfang 2018 setzt sich die Künstlergemeinschaft, allen voran Till Haupt (49) und Nadine Faulhaber (43), dafür ein, dass der Hinterhof erhalten bleibt. Durch einen Vergleich mit dem derzeitigen Besitzer konnten sie Zeit raus schlagen – doch auch die ist jetzt abgelaufen: Ende März ist Schluss im Atelier von Haupt. Nadine Faulhaber hat etwas mehr Glück im Unglück. Ihr Vertrag läuft noch bis 2026, doch wie lange sie tatsächlich alleine mit ihrer Familie auf dem Gelände bleiben kann ist unklar.

Hamburg: Hinterhof-Bebauung seit 2018 möglich

Mit den im Mai 2018 in Kraft getretenen Änderungen der Hamburgischen Bauordnung wurde die vorher nicht mögliche Bebauung des Sillemstraßen-Hinterhofes plötzlich doch eine Option. Für Bauriesen eine kleine Goldgrube. Die Verdichtungsmaßnahmen in Hamburg sollen für mehr und vor allem bezahlbaren Wohnraum sorgen. 

Die eigentlich positiven Maßnahmen des Senats haben auch ihre Schattenseiten. „Ich musste etwas schmunzeln, als ich die Wahlplakate des Bürgermeisters gesehen habe: Eine lebendige Stadt braucht Gründer und Szene, stand da. Wir sind Szene und Gründer“, sagte Nadine Faulhaber. Die Gespräche mit der Bürgerschaft in Eimsbüttel würden noch andauern, die beste Lösung sei immer noch ein Kauf durch die Stadt. „Wir hoffen, dass sich die Stadt zu ihren Künstlern und der Kunst bekennt. Dass ein Ort ist für den Hamburg einsteht“, sagt Faulhaber weiter.

Künstlerhof Sillemstraße: Nachbarn gegen Neubau

Doch nicht nur die Bewohner des Hinterhofes wehren sich gegen die Einstampfung der kulturellen Stätte, auch die Nachbarn der umliegenden Häuser sehen den geplanten Neubau mehr als kritisch. „Mit diesem Künstlerhof ‚Sillemsalabim‘ verschwindet nun schließlich auch noch das letzte Stück Eimsbüttler-Hinterhofkultur und ein wichtiger sozialer Mittelpunkt“, sagt Nachbarin Gisela Wiechern (75).

Eine grüne Oase mitten im Trubel von Eimsbüttel.

Eine grüne Oase mitten im Trubel von Eimsbüttel.

Foto:

Patrick Sun

„Uns geht die grüne Lunge der Nachbarschaft verloren“, sagte sie weiter. Bei einem Abstand von höchsten 16 Metern, können die Anwohner ihren neuen Nachbarn bald auf die Teller schauen. Das wichtigste sei die Abwendung des vorliegenden Bauvorbescheides, erst dann könne sich um den Erhalt des Hinterhofes in der jetzigen Form gekümmert werden.

Kulturbehörde: Strategien zum Erhalt des Künstlerhofes

Der Fall liegt mittlerweile auch bei der Hamburger Kulturbehörde: „Zum Künstlerhof Sillemstraße stehen wir schon länger in engem Austausch mit den betroffenen Künstlern. Aktuell wird an einer Strategie für den Erhalt des Künstlerhofes gearbeitet“, sagte ein Sprecher. Zwischen der Kulturbehörde und dem für die Bauvorhaben relevanten Bezirksamt Eimsbüttel herrsche ein reger Austausch, bestätigte ein Sprecher des Bezirksamtes.

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Der Eindruck entsteht, dass die Bewohner des Künstlerhofes sowie die Hamburger Kulturbehörde, der Bezirk Eimsbüttel und die Nachbarn alle das gleiche Ziel verfolgen: Den Erhalt der kleinen Oase des nachbarschaftlichen Zusammentreffens. Auf MOPO-Nachfrage beim derzeitigen Eigentümer, was genau mit dem Hinterhof der Sillemstraße nach Auszug der Künstler Ende März geschehen wird, reagierte die Verwaltung bislang nicht.

Hamburg: Schaffung von neuem Wohnraum nicht zu jedem Preis 

Der Künstlerhof „Sillemsalabim“ freut sich auch weiterhin über jede Unterstützung. Zusammen mit dem Filmprojekt „Flexibles Flimmern“ veranstalten sie vier aufeinanderfolgende Kinoabende. „Die Karten sind bereits alle weg“, sagte Nadine Faulhaber, „wir werden unseren Hof aber trotzdem für alle öffnen die Interesse haben.“ Ab heutigem Dienstag (18. Februar) bis Freitag gibt es jeden Abend ab 19 Uhr einen Film in bunter Gesellschaft.

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