Warum dieser Name aus Hamburgs Stadtbild verschwinden soll
Er war Monarchist durch und durch, er hasste die Demokratie – insbesondere die Sozialdemokratie. Vor allem aber hat er Adolf Hitler zum Reichskanzler gemacht. Die Rede ist von Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847-1934). Nun soll dessen Name endgültig aus dem Hamburger Stadtbild verschwinden. Für die Grünen hat eine Umbenennung derzeit aber keine Priorität.
Er war Monarchist durch und durch, er hasste die Demokratie – insbesondere die Sozialdemokratie. Vor allem aber hat er Adolf Hitler zum Reichskanzler gemacht. Die Rede ist von Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847-1934). Nun soll dessen Name endgültig aus dem Hamburger Stadtbild verschwinden. Für die Grünen hat eine Umbenennung derzeit aber keine Priorität.
Hindenburg sei der Totengräber der Weimarer Republik, findet René Senenko, Vorstandsmitglied des „Vereins für Kultur und Erinnerungsarbeit zwischen Ohlsdorf und Ochsenzoll“, kurz: Olmo. Genau 90 Jahre nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler sei es deshalb höchste Zeit, die Hindenburgstraße umzubenennen. Vertreter der Linksfraktion in der Bezirksversammlung Nord gehen sogar noch weiter, stellen auch den Hindenburgpark, die Hindenburgbrücke und die Ehrenbürgerschaft Hindenburgs in Frage.

Hindenburg war der „Totengräber der Weimarer Republik“
Senenko erinnerte daran, dass der damalige Reichspräsident nicht nur für die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler verantwortlich war. Ein gutes halbes Jahr davor, nach dem „Altonaer Blutsonntag“ mit 18 Toten, sei es im Juli 1932 Hindenburg gewesen, der zum sogenannten „Preußenschlag“ ausholte: Die blutigen Straßenkämpfe zwischen Nazis und Kommunisten waren für den Reichspräsidenten willkommener Anlass, die demokratisch gewählte preußische Regierung zu entmachten – das war der Anfang vom Ende der Weimarer Republik. Hindenburg, so Senenko, sei deshalb mitverantwortlich dafür, dass die NS-Diktatur Deutschland und die Welt in die Katastrophe führte.
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Die Hindenburgstraße umbenennen – schon vor zehn Jahren, zum 80. Jahrestag von Hitlers Amtsantritt, war das ein heiß diskutiertes Thema in der Stadt. Am Ende der Debatte stand 2013 ein Kompromiss, der wohl vor allem auf den damaligen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zurückging. Statt die komplette Hindenburgstraße umzubenennen, erhielt damals nur ein kleiner Abschnitt einen neuen Namen: der südliche Teil, der durch den Stadtpark führt. Er heißt seitdem Otto-Wels-Straße – nach einem berühmten sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten.

„Was da vor 2013 gemacht wurde, war ein fauler Kompromiss“, findet Senenko, „eine Farce“. Und weiter: „Damit geben wir uns nicht zufrieden damit. Jetzt muss auch der Rest der Hindenburgstraße einen neuen Namen bekommen!“ Senenko, der die Geschichte der Hamburger Arbeiterbewegung und der NS-Zeit erforscht, betont, dass ihm das Thema sehr am Herzen liege.

Unterstützung bekommt Senenko vom ehemaligen Hamburger Polizeipräsidenten Wolfgang Kopitzsch, der auch mal Bezirksamtsleiter Nord war und in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Arbeitskreises ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten (AvS) seit Jahren dafür eintritt, Hindenburgstraßen und -plätze umzubenennen, und zwar bundesweit. 2001, als die Polizei das neue Präsidium bezog, habe er dafür gesorgt, dass der Vorplatz den Namen des ehemaligen Hamburger Polizeipräsidenten Bruno Georges erhielt – in erster Linie um zu verhindern, dass im Briefkopf des LKA die Hindenburgstraße auftaucht. „Solch einen Mann zu ehren, ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Kopitzsch.
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Vor zehn Jahren waren die Grünen im Bezirk Nord die treibende Kraft bei der Umbenennungsdiskussion. Heute äußern sie sich eher verhalten: „Wir finden es gut, dass über Hindenburgs Erbe gesprochen und diskutiert wird“, so der grüne Fraktionschef Timo Kranz zur MOPO. „Eine Umbenennung steht aber nicht in unserem Koalitionsvertrag und deshalb hat sie in dieser Legislaturperiode keine Priorität.“
Ganz ähnlich der Koalitionspartner SPD, der erst durch die MOPO von der neuerlichen Hindenburg-Diskussion erfuhr. „Eine Umbenennung steht zur Zeit nicht auf der Tagesordnung, was aber nicht heißt, dass man die Debatte nicht neu führen könnte“, so SPD-Fraktionschefin Angelika Bester. „Ich werde das Thema mit in die Fraktion nehmen.“
Heißt die Straße künftig nach Wolfgang Borchert?
Auf große Zustimmung stößt das Ansinnen bei der Links-Fraktion in der Bezirksversammlung Nord. Rachid Messaoudi von der Linksfraktion kritisiert die SPD scharf, weil sie vor zehn Jahren die Umbenennung der kompletten Hindenburgstraße verhindert habe. „Die Linke sagt ohne Wenn und Aber: Die Hindenburgstraße muss umbenannt werden“, so Messaoudi. Das Gleiche gelte für die Hindenburgbrücke und den Hindenburgpark in Othmarschen. „Außerdem muss Hamburg Hindenburg endlich aus der Liste der Ehrenbürger streichen.“

Messaoudi kündigte an, er werde seiner Fraktion vorschlagen, einen entsprechenden Antrag in die Bezirksversammlung Nord einzubringen. Einen Vorschlag, nach wem die Hindenburgstraße künftig benannt werden sollte, machte der Bezirkspolitiker auch schon: nach Wolfgang Borchert (1921-1947), Autor des Nachkriegsdramas „Draußen vor der Tür“.